Die dunklen Jahre & die vierte Wendezeit
06.10.2020 | Egon von Greyerz
In einer vergänglichen Welt werden nur wenige Dinge überleben. Ich meine damit nicht bestimmte Spezies oder den Menschen, deren Existenz auf der Erde ebenfalls vorübergehend ist. Ich beziehe mich hier viel mehr auf die Sozial- und Finanzsysteme, die jetzt zu Ende gehen.
Im Juli 2009 schrieb ich einen Artikel mit dem Titel Die Dunklen Jahre sind da. Er wurde erneut im September 2018 veröffentlicht.
Es folgt ein Auszug aus dem Originalartikel:
"Für die meisten Länder werden die Dunklen Jahre extrem hart sein. In vielen Ländern der westlichen Welt wird es schwere Wirtschaftsdepressionen geben, die das Ende des Sozialstaats markieren. Auch die meisten privaten und staatlichen Systeme zur Altersvorsorge dürften zusammenbrechen. Es wird sich dabei um eine weltweite Depression handeln, obgleich einige Länder vielleicht nur eine schwere Rezession erleben könnten. Es wird Hungersnöte, Obdachlosigkeit und Elend geben, die zu sozialen und politischen Unruhen führen. All das dürfte wahrscheinlich auch andere Typen von Staatsführern und Regimen hervorbringen.
Wie lange werden die Dunklen Jahre dauern? Neil Howe hat ein Buch mit dem Titel “The Fourth Turning” geschrieben. Darin identifizierte er ein Muster, das sich alle 80 Jahre wiederholt. In der anglophilen Welt traf das Muster extrem genau zu. Vor Kurzem sind wir in die vierte Wende eingetreten, die die letzten zwanzig Jahre des Zyklus markiert. Howe zufolge stehen wir am Beginn einer 20-jährigen Phase wirtschaftlicher und institutioneller Umbrüche.
Es ist eine Zeit der Krisen, in der sich das gesellschaftliche Gefüge dramatisch verändern wird. Vorhergehende “Vierte Wenden” umfassten auch die Zeit der Amerikanischen Revolution sowie der Großen Depression und des Zweiten Weltkriegs. Laut Howe wird diese Krise erst noch wesentlich schlimmer werden - und sie wird ca. 20 Jahre andauern.
Gute Nachrichten sind das nicht, und wir hoffen, dass wir (und Howe) uns in Bezug auf Ausmaß und Dauer dieser Krise irren. Allerdings fürchten wir, dass wir Recht behalten werden. Folgendes müssen wir noch einmal betonen: Nie zuvor ist die Welt in einem derart anfälligen Zustand - finanziell wie ökonomisch - simultan in eine Krise gerutscht. Aus diesem Grund werden die Dunklen Jahre wahrscheinlich auch so zerstörerisch und langwierig sein."
Der unausweichliche Zerfall der Gesellschaft
Neil Howes Buch The Fourth Turning (auf Deutsch ungefähr: Die Vierte Wendezeit) war gerade veröffentlicht worden, als ich den Artikel schrieb. Seither hat es große Berühmtheit erlangt. Wir befinden uns jetzt in den finalen 8 Jahren seines 20-Jahre-Zyklus, und die dramatischste Phase des Zyklus - the Fourth Turning - hat gerade begonnen.
In meinem Artikel von 2009 war ich davon ausgegangen, dass der Abschwung viel früher drohen würde. Doch auch wenn ich beim Timing etwas daneben lag, so ändert das nichts am unvermeidlichen Fall der gesamtgesellschaftlichen Strukturen im Verlauf der kommenden Jahre - wirtschaftlich, finanziell als auch sozial.
Seit 2009 hat sich die globale Verschuldung auf 280 Billionen $ verdoppelt und die Risiken sind exponentiell gestiegen. Die finale Phase des Einbruchs begann im August 2019 mit Panik bei den Zentralbanken und der Entscheidung für eine massive Geldschöpfungsorgie aufgrund großer Probleme im Finanzsystem.
Corona-Virus - ein Impulsgeber
Wie ich schon zuvor erwähnt hatte, war das Corona-Virus (ab Anfang 2020) nicht die Ursache des aktuellen Abschwungs der Weltwirtschaft. Es war nur der Impulsgeber. Aus bestimmten Gründen scheinen die Auslöser während steil abwärts gerichteter zyklischer Phasen immer vom schlimmsten Typ zu sein. Obgleich ich häufig Krankheiten als potentielle Auslöser erwähnt hatte, erwartete ich nicht, dass eine solche kommen würde und in so vielen Ländern für das komplette Herunterfahren von Wirtschaft und Gesellschaft sorgen würde.
Wenn man sich dem Ende einer Finanzära oder eines Zyklus nähert, dann ist es extrem schwierig vorherzusagen, wie genau sich das Ende gestalten wird. Nur sehr wenige verstehen, dass wir aktuell von "geliehener Zeit" leben. Es besteht jedoch überhaupt kein Zweifel daran, dass wir jetzt am Ende eines großen Zyklus stehen - wobei es völlig irrelevant ist, ob es 8 Jahre dauert (wie Howe vorhersieht) oder ob alles viel viel schneller geht.
Die Unvorbereiteten könnten alles verlieren
Das Risiko besteht - jetzt und hier, und wenn man sich nicht darauf vorbereitet, wird man wahrscheinlich nicht nur sein gesamtes Vermögen verlieren, sondern - abhängig von den persönlichen Umständen - auch den eigenen Job, die Rente oder die sozialen Sicherungsleistungen. Und wer in einer Großstadt lebt, für den ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er von sozialen Unruhen, Kriminalität sowie einem Zusammenbruch von medizinischen Versorgungssystemen aber auch Recht und Ordnung etc. betroffen sein wird.
Viele Menschen versuchen heute, die Großstädte zu verlassen - in Folge des Corona-Virus, der Schließung von Büros und Geschäften sowie steigenden Kriminalitätsraten. Für die vermögende Minderheit ist das kein Riesenproblem, für Normalbürger, für die ein Wegzug nicht das Naheliegendste ist, schon. Klar ist, dass sich Heimarbeit auf breiterer Basis durchsetzen wird; viele Städte werden daher zu Geisterstädten.
Die Steuereinnahmen werden drastisch sinken und die Verwaltung wird nicht in der Lage sein, selbst so grundlegende Dienstleistungen wie Wasser, Abwasser oder Reinigung zu garantieren. Zudem werden viele Einzelhandelsgeschäfte, Restaurants aber auch Büros in den Innenstädten schließen - wegen fehlender Kundschaft, Kriminalität oder Kunden, die außerhalb der Städte oder online einkaufen. In vielen Städten hat dieser Trend schon eingesetzt. In der City of London (Finanzdistrikt) gibt es aktuell kaum arbeitende Menschen. Nur einige Geschäfte und Restaurants sind geöffnet, und die, die offen bleiben, machen schwere finanzielle Verluste.
Im Juli 2009 schrieb ich einen Artikel mit dem Titel Die Dunklen Jahre sind da. Er wurde erneut im September 2018 veröffentlicht.
Es folgt ein Auszug aus dem Originalartikel:
"Für die meisten Länder werden die Dunklen Jahre extrem hart sein. In vielen Ländern der westlichen Welt wird es schwere Wirtschaftsdepressionen geben, die das Ende des Sozialstaats markieren. Auch die meisten privaten und staatlichen Systeme zur Altersvorsorge dürften zusammenbrechen. Es wird sich dabei um eine weltweite Depression handeln, obgleich einige Länder vielleicht nur eine schwere Rezession erleben könnten. Es wird Hungersnöte, Obdachlosigkeit und Elend geben, die zu sozialen und politischen Unruhen führen. All das dürfte wahrscheinlich auch andere Typen von Staatsführern und Regimen hervorbringen.
Wie lange werden die Dunklen Jahre dauern? Neil Howe hat ein Buch mit dem Titel “The Fourth Turning” geschrieben. Darin identifizierte er ein Muster, das sich alle 80 Jahre wiederholt. In der anglophilen Welt traf das Muster extrem genau zu. Vor Kurzem sind wir in die vierte Wende eingetreten, die die letzten zwanzig Jahre des Zyklus markiert. Howe zufolge stehen wir am Beginn einer 20-jährigen Phase wirtschaftlicher und institutioneller Umbrüche.
Es ist eine Zeit der Krisen, in der sich das gesellschaftliche Gefüge dramatisch verändern wird. Vorhergehende “Vierte Wenden” umfassten auch die Zeit der Amerikanischen Revolution sowie der Großen Depression und des Zweiten Weltkriegs. Laut Howe wird diese Krise erst noch wesentlich schlimmer werden - und sie wird ca. 20 Jahre andauern.
Gute Nachrichten sind das nicht, und wir hoffen, dass wir (und Howe) uns in Bezug auf Ausmaß und Dauer dieser Krise irren. Allerdings fürchten wir, dass wir Recht behalten werden. Folgendes müssen wir noch einmal betonen: Nie zuvor ist die Welt in einem derart anfälligen Zustand - finanziell wie ökonomisch - simultan in eine Krise gerutscht. Aus diesem Grund werden die Dunklen Jahre wahrscheinlich auch so zerstörerisch und langwierig sein."
Der unausweichliche Zerfall der Gesellschaft
Neil Howes Buch The Fourth Turning (auf Deutsch ungefähr: Die Vierte Wendezeit) war gerade veröffentlicht worden, als ich den Artikel schrieb. Seither hat es große Berühmtheit erlangt. Wir befinden uns jetzt in den finalen 8 Jahren seines 20-Jahre-Zyklus, und die dramatischste Phase des Zyklus - the Fourth Turning - hat gerade begonnen.
In meinem Artikel von 2009 war ich davon ausgegangen, dass der Abschwung viel früher drohen würde. Doch auch wenn ich beim Timing etwas daneben lag, so ändert das nichts am unvermeidlichen Fall der gesamtgesellschaftlichen Strukturen im Verlauf der kommenden Jahre - wirtschaftlich, finanziell als auch sozial.
Seit 2009 hat sich die globale Verschuldung auf 280 Billionen $ verdoppelt und die Risiken sind exponentiell gestiegen. Die finale Phase des Einbruchs begann im August 2019 mit Panik bei den Zentralbanken und der Entscheidung für eine massive Geldschöpfungsorgie aufgrund großer Probleme im Finanzsystem.
Corona-Virus - ein Impulsgeber
Wie ich schon zuvor erwähnt hatte, war das Corona-Virus (ab Anfang 2020) nicht die Ursache des aktuellen Abschwungs der Weltwirtschaft. Es war nur der Impulsgeber. Aus bestimmten Gründen scheinen die Auslöser während steil abwärts gerichteter zyklischer Phasen immer vom schlimmsten Typ zu sein. Obgleich ich häufig Krankheiten als potentielle Auslöser erwähnt hatte, erwartete ich nicht, dass eine solche kommen würde und in so vielen Ländern für das komplette Herunterfahren von Wirtschaft und Gesellschaft sorgen würde.
Wenn man sich dem Ende einer Finanzära oder eines Zyklus nähert, dann ist es extrem schwierig vorherzusagen, wie genau sich das Ende gestalten wird. Nur sehr wenige verstehen, dass wir aktuell von "geliehener Zeit" leben. Es besteht jedoch überhaupt kein Zweifel daran, dass wir jetzt am Ende eines großen Zyklus stehen - wobei es völlig irrelevant ist, ob es 8 Jahre dauert (wie Howe vorhersieht) oder ob alles viel viel schneller geht.
Die Unvorbereiteten könnten alles verlieren
Das Risiko besteht - jetzt und hier, und wenn man sich nicht darauf vorbereitet, wird man wahrscheinlich nicht nur sein gesamtes Vermögen verlieren, sondern - abhängig von den persönlichen Umständen - auch den eigenen Job, die Rente oder die sozialen Sicherungsleistungen. Und wer in einer Großstadt lebt, für den ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er von sozialen Unruhen, Kriminalität sowie einem Zusammenbruch von medizinischen Versorgungssystemen aber auch Recht und Ordnung etc. betroffen sein wird.
Viele Menschen versuchen heute, die Großstädte zu verlassen - in Folge des Corona-Virus, der Schließung von Büros und Geschäften sowie steigenden Kriminalitätsraten. Für die vermögende Minderheit ist das kein Riesenproblem, für Normalbürger, für die ein Wegzug nicht das Naheliegendste ist, schon. Klar ist, dass sich Heimarbeit auf breiterer Basis durchsetzen wird; viele Städte werden daher zu Geisterstädten.
Die Steuereinnahmen werden drastisch sinken und die Verwaltung wird nicht in der Lage sein, selbst so grundlegende Dienstleistungen wie Wasser, Abwasser oder Reinigung zu garantieren. Zudem werden viele Einzelhandelsgeschäfte, Restaurants aber auch Büros in den Innenstädten schließen - wegen fehlender Kundschaft, Kriminalität oder Kunden, die außerhalb der Städte oder online einkaufen. In vielen Städten hat dieser Trend schon eingesetzt. In der City of London (Finanzdistrikt) gibt es aktuell kaum arbeitende Menschen. Nur einige Geschäfte und Restaurants sind geöffnet, und die, die offen bleiben, machen schwere finanzielle Verluste.