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Gedemütigte Sparer

06.12.2020  |  Manfred Gburek
Die Corona-Pandemie treibt Heerscharen von Bundesbürgern in die Privatinsolvenz. Dabei spielt der Staat eine unrühmliche Rolle. Denn er hat sich einst der Bank-, Versicherungs- und sonstigen Finanzlobby gebeugt. Herausgekommen sind beispielsweise Fehlkonstruktionen wie die Kapitallebensversicherung und die Riester-Rente. Da gibt es kein Zurück mehr, und der Staat als letztmögliche Rettungsinstanz drückt sich vor den Konsequenzen, wo er nur kann.

Ein besonders markantes Beispiel ist jene Lebensversicherung. Sie umfasst im Durchschnitt nicht weniger als ein Drittel des liquiden Vermögens der deutschen Sparer, überwiegend investiert in Anleihen aller Art, so auch in Bundesanleihen und sonstigen Geldpapieren - wodurch sich der Kreis zum Staat schließt: Der nimmt mittels Anleihen Kredite auf und schiebt so einen immer größeren Schuldenberg vor sich her.

Solche Kredite werden entgegen der landläufigen Meinung nicht zurückgezahlt, sondern einfach umgeschuldet. Insofern stimmt es auch nicht, dass unsere Nachkommen aus der nächsten Generation und darüber hinaus für die heutigen Staatsschulden aufkommen müssen. Vielmehr wird der Staat in Zusammenarbeit mit der EZB eine viel wahrscheinlichere Problemlösung durchsetzen: Geldentwertung durch schleichende Inflation. Das heißt, Staatsschulden werden nicht mit einem besonderen Akt beglichen, sondern nach der Methode: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Somit bliebe nur noch zu klären, wie man eine entsprechende Inflation in Gang setzt. Bislang sind alle diesbezüglichen Versuche fehlgeschlagen. Die Notenbanken in Europa und Amerika haben sich jedenfalls mit ihrem oft herbeigeschworenen 2-Prozent-Ziel blamiert. Immerhin sind ihnen im Bestreben, die Inflationsrate aus der Deckung zu holen, Null- und Minuszinsen eingefallen, um die Realzinsen, also Nominalzinsen abzüglich Inflationsrate, in Gang zu setzen.

Die ganze darauf ausgerichtete Geldpolitik wirkt sich für alle Sparer fatal aus, seien sie auf kurz-, mittel- oder langfristige Konten mit Minizinsen fixiert, seien sie in Kapitallebensversicherungen gefangen. Letztere Sparer sind besonders arm dran, weil sie - anders als die Kontensparer - erst mal für Provisionen und Verwaltungskosten der Versicherer aufkommen sollen, bevor ihre Verträge Gewinne abwerfen. Da fragt man sich im Ernst, ob so etwas überhaupt als Kapitalanlage bezeichnet werden darf.

Es kommt sogar noch dicker: Wie die Deutsche Aktuarvereinigung, Verband der Versicherungsmathematiker, zuletzt verkündet hat, sollen Lebensversicherer den Garantiezins für Neuverträge ab 2022 von aktuell 0,9 Prozent auf nur noch maximal 0,25 Prozent senken. Der Garantiezins ist Teil der Gesamtverzinsung. Er hängt unter anderem vom Zinsniveau ab, und das ist derzeit bekanntlich extrem niedrig.

Wofür eine darauf basierende Anlage taugen soll, steht in den Sternen - zumal die Corona-Pandemie auch bei Versicherern und deren Kunden ihre Spuren hinterlassen wird: Indem immer mehr Versicherte von nun an, bedingt durch den wiederholten Lockdown, in Liquiditätsnöte geraten werden. Eine Vorlage für diese These ergibt sich aus den vergangenen Jahren, und zwar wie folgt:

Nachdem die Terroranschläge in New York vom 11. September 2001 und deren negative Folgen für die globale Konjunktur viele Sparer in finanzielle Not gebracht hatten, griffen besonders betroffene Sparer notgedrungen auf ihre Reserven zurück. Dazu gehörten Kapitallebensversicherungen. Daraufhin zeigten sich so manche Versicherer ein Mal mehr von ihrer weniger freundlichen Seite: Zwar halfen sie den Sparern aus der schlimmsten Not, verlangten dafür aber zusätzlich Geld. Das alles wiederholte sich im Zuge der Finanzkrise von 2008/09. Übrigens sei noch angemerkt, dass Versicherte mehrere Möglichkeiten haben, sich halbwegs schadlos zu halten. Unter ihnen ist die vorübergehende Beitragsfreistellung eine interessante Variante.

Wer nun meint, schlimmer als mit der Kapitallebensversicherung könne es nicht kommen, irrt sich leider. Denn es gibt ja noch die Riester-Rente. Hierbei handelt es sich um eine ebenso langfristige Anlage wie die Kapitallebensversicherung, nur halt mit mehr staatlichem Einfluss. Hier zeigt sich ein Mal mehr, wie miserabel der Staat mit dem Geld seiner Bürger umgeht. Oder um die "Bürgerbewegung Finanzwende" zu zitieren, einen eingetragenen Verein unter der Leitung des ehemaligen Bundestags-Abgeordneten der Grünen, Gerhard Schick: "zu intransparent, zu bürokratisch, zu teuer".

Dieses vernichtende Urteil basiert auf der Analyse von 65 Riester-Rentenversicherungen eines 37-jährigen Musterkunden ohne Kinder, berechnet einschließlich staatlicher Zulagen, das alles verteilt über 30 Jahre, pro Jahr mit 1200 Euro. Demnach gehen 30 Prozent von jedem eingezahlten Euro an den Versicherer und den Vermittler. Indes ist zu bedenken, dass dieses ohnehin schon vernichtende Urteil sogar zulasten der Steuerzahler geschönt ist, denn es enthält staatliche Zuschüsse. Die auf diese Weise entfesselten Schulden des Staats vereinigen sich laufend mit dessen anderen Ausgaben im riesigen Schuldentopf.

Und die Alternativen? Es gibt welche, vorrangig solche, die auf der individuellen Vorsorge fürs Alter beruhen, zum Beispiel Aktien, Immobilien und Edelmetalle, möglichst unter besonderer Beachtung des Timings. Doch dazu braucht es viel Zeit. Ansonsten bleibt die Hoffnung, dass in der nächsten Legislaturperiode eine private Rentenreform zustande kommt, die diesen Namen verdient. Zuvor heißt es: Abwarten, bis etwas Gescheiteres herauskommt als die Kapitallebensversicherung oder die Riester-Rente, und das dafür vorgesehene Geld auf verschiedenen Konten mit positiven Zinsen liegen lassen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu



Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

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