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"Umweltsau": Rückblick und Ausblick

03.01.2021  |  Manfred Gburek
Erinnern Sie sich noch? 30. Dezember vor einem Jahr: Der WDR-Kinderchor trällert ein scheinbar harmloses Ständchen. "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, meine Oma fährt im SUV beim Arzt vor, meine Oma ist 'ne alte Umweltsau". Wirklich harmlos? Offenbar nicht. Denn als das Lied nach draußen gedrungen war, hagelte es abwechselnd Empörung, Beschwichtigung und sehr viel Heuchelei. Dabei hätte es bereits mit etwas analytischem Verstand - damals leider nicht vorhanden - weniger als Kinderstreich denn als unaufhaltsame politische Strömung interpretiert werden müssen.

Das lässt sich so erklären: Die Klimawandel-Bewegung zugunsten der Umwelt ist mittlerweile ein - nicht zuletzt von vielen Medien - auf den Weg gebrachter Selbstläufer. Ihr anzuhängen, gilt in weiten Kreisen als Tugend, wenn nicht sogar als Pflicht. Wehe, falls sich jemand erdreistet, ihre Ikone Greta Thunberg zu kritisieren. Dann setzt es harsche Kritik, von Fall zu Fall sogar Prügel.

Bei solchen Zuständen ist es kaum verwunderlich, dass die symbolische "Umweltsau"-Oma abwechselnd ein Motorrad mit offenkundig schädlichen Auspuffgasen oder ein SUV mit hohem Spritverbrauch fährt. Schließlich fühlte sich damals WDR-Intendant Tom Buhrow genötigt, für den Kinderkram eine Entschuldigung loszuwerden und nebenbei noch die ARD-Finanzierung zu verteidigen, um die es bis heute massiven Streit gibt.

Wohin sind wir da eigentlich gekommen? Lediglich zur Besinnung auf unsere Grundrechte, indem wir sogar extreme Meinungen mitsamt ihrer Fortsetzung "im Hühnerstall" tolerieren? Oder etwa schon bis zu einer Neuauflage der sogenannten 68er-Bewegung mit ihrer zerstörerischen Kraft, weil sie die Faulen und die Revoluzzer begünstigt, die Fleißigen dagegen bestraft? Die Grundrechte müssen heute für alles und jedes herhalten, die meisten von uns können mit ihnen ganz gut zurechtkommen. Aber die nicht mehr aufzuhaltende Kraft der Zerstörung ist ein Übel, das wir nicht mehr loswerden. Sie setzt zum Beispiel bei der unzureichenden Altersvorsorge an und wird unabdingbar mit der Armut breiter Bevölkerungskreise enden.

Dazu gibt es Warnungen von allen Seiten, angefangen beim nimmermüden Freiburger Professor Bernd Raffelhüschen bis zum Allianz-Chef Oliver Bäte. Der eine prangert die unzureichende gesetzliche Rente an, deren vernichtende soziale Wirkung darin besteht, dass die Alt-68er von ihr zulasten der jungen Generation profitieren. Der andere, dessen Konzern jahrzehntelang die problematische Kapitallebensversicherung forciert hat, gab jüngst in einem Handelsblatt-Interview zu bedenken: "Die Geldpolitik ist dabei, die Sparer zu enteignen." Offenbar nach dem Motto: Nicht die Versicherungswirtschaft sei schuld an der Armut im Alter, sondern die ach so böse Europäische Zentralbank.

Was für ein brisanter Cocktail, der uns da von verschiedenen Seiten eingeschenkt wird! Doch gemach, behaupten die Alt-68er, den Deutschen gehe es so gut, dass sie wie anno 2009 wieder aus der finanziellen Patsche herauskämen. Und falls wegen Corona doch nicht, gebe es ja mehrere Möglichkeiten, für Wirtschaftswachstum und sichere Arbeitsplätze zu sorgen, an erster Stelle durch einen Green Deal - was indes auf nichts anderes hinausliefe als auf ein zusätzliches Konjunkturprogramm.

Ein solches wird ohnehin notwendig werden, ganz egal, wie man es nennt. Dazu braucht man nur die Prognosen im Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank nachzulesen. Darin heißt es, dass in Deutschland während des ersten Quartals 2021 mit mehr als 6000 Pleiten zu rechnen ist. Das bedeutet: 35 Prozent mehr als vor Jahresfrist.
Greta Thunberg wird durch so etwas nicht aus der Ruhe zu bringen sein - und mit ihr die Schar all derer, die ihr folgen, weil sie die Garantin eines ökologisch geprägten Konjunkturprogramms zu werden verspricht.

Und sonst? Ach so, noch eine Kleinigkeit, die belegt, dass der WDR-Kinderchor es mit den Fakten nicht ganz so genau genommen hat: SUVs werden von älteren Menschen nicht deshalb gern gefahren, weil sie die Luft verpesten, sondern weil der Ein- und Ausstieg wegen der Sitzhöhe bequemer ist - was den einen oder anderen Politiker in einem Anfall von ideologischer Verblendung vorschlagen ließ, man solle doch eine SUV-Steuer einführen, sozusagen als Strafe dafür, dass es sich jemand mit der Sitzhöhe allzu bequem mache.

Dieser Gag wurde zuletzt von einem anderen übertroffen, Marke SPD-Saskia Esken: Mit dem Vorschlag, eine Corona-Abgabe für Reiche einzuführen. Ein solcher Populismus ist weder neu noch zielführend. Er entspricht in seinem Inhalt den Parolen von einst, als die zerstörerischen Kräfte für einige Jahre die Oberhand behielten und Teile der Republik lahmlegten.

Der bereits erwähnte WDR-Intendant Tom Buhrow trug neulich in aller Offenheit ein Argument vor, das zu denken gibt. Sinngemäß: Falls die weitere Finanzierung über die ARD nicht gelinge, müssten Fernsehzuschauer mit einem geringeren Angebot an Sendungen rechnen - als gäbe es weder konkurrierende Privatsender noch Streamingdienste. Und als hätte der von Insidern schon mal treffend als "Westdeutscher Rotfunk" kritisierte WDR nicht noch Altlasten aus einer Zeit zu tragen, während der so gut wie alles toleriert wurde.

Fazit: Die Affären um die größte ARD-Sendeanstalt sind kein Zufall. Sie entsprechen schlicht und einfach gewissen sozialen Strömungen, die von All zu Fall recht kräftig bis zerstörerisch wirken können. Gegenkräfte sind derzeit schon unterwegs. Die Konsequenz und gleichzeitig Prognose: Das Jahr 2021 wird wie ein Mäander sein: Es wird sich schlängeln, in der Wirtschaft, an der Börse und erst recht in der Politik, mit dem Höhepunkt der Bundestagswahl im Herbst.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu



Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

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