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Klimapolitik und Rohstoffe - ein paar Bemerkungen

08.01.2021  |  Markus Mezger
Warnung

In diesem Artikel wird das Wort Gold nicht einmal erwähnt werden. Und auch andere Metalle sind nicht Gegenstand dieses Beitrags. Stattdessen will dieser Artikel den derzeitigen Stand der Klimapolitik und ihre Implikationen für die Perspektiven der Energierohstoffe beleuchten. Falls Ihnen das zu öde werden sollte, sagen Sie bitte nicht, Sie seien vorher nicht gewarnt worden.


COVID oder Greta? COVID und Greta!

Friday’s for Future Fans müssen sich in diesem Frühjahr vorgekommen sein wie im falschen Film. Medien und Politik waren von einem Virus besessen und überboten sich gegenseitig in der Dramatisierung des Geschehens. In einigen Fällen hält der fiebrige Wahn bis heute an. Die zuvor hofierten Protagonisten der Klimaaktivisten versanken kurzfristig in der Versenkung. Doch es dauerte nicht lange bis sie sich einen Teil der Medien- und Politikaufmerksamkeit zurückerkämpften. Das fing bereits mit den Konjunkturhilfen an, die die deutsche Bundesregierung infolge des stärksten Wirtschaftseinbruchs seit dem Zweiten Weltkrieg Anfang Juni dieses Jahres beschlossen hatte.

Zusätzliche Autokaufprämien werden nur für Fahrzeuge mit Elektroantrieb gewährt. Ganz nach dem Motto als seien die Hersteller, die vorwiegend Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verkaufen, nicht durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus, sondern selbstverschuldet in Not geraten. Mitte September legte dann die EU-Kommission nach. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat eine Verschärfung der EU-Klimaziele vorgeschlagen und einen begehrlichen Blick auf die 750 Milliarden Euro geworfen, die von den EU-Staaten als Hilfspaket zur Abmilderung der Corona-Krise bereitgestellt wurden.

Die Verbindung von Krisenhilfen mit klimapolitischen Zielvorstellungen widerspricht der Tinbergen-Regel. Demnach kann die Politik nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, sondern benötigt für jedes wirtschaftspolitische Ziel ein eigenes Instrumentarium. Eine Verbindung von Konjunkturhilfen mit klimapolitischen Zielen ist daher nicht sinnvoll.

Beide Beispiele zeigen aber gut, woher der Wind wehen wird, wenn die Maßnahmen gegen das Corona-Virus - sei es durch die Entwicklung eines Impfstoffes oder durch eine größere Toleranz gegenüber der Verbreitung des Virus - einmal abgeklungen sind. Klimaaktivisten werden dann den Oberen der Politik wieder in weinerlich empörten Ton vorwerfen, dass die Politik durch zu zögerliches Handeln ihre Zukunft verspiele.

Dabei wird unterschwellig der Eindruck erweckt, es gäbe eine naheliegende Lösung der Klimaproblematik, die aber durch Lobbyinteressen und Politikversagen der Menschheit zynischerweise vorenthalten werde. Und diese Lösung sieht ganz einfach aus: Mit der Verbrennung von fossilen Brennstoffen, die für die Emission von Treibhausgasen verantwortlich sind, muß endlich Schluß sein. Stattdessen muß mehr elektrische Energie aus regenerativen Energiequellen genutzt werden.

Die Börsen scheinen das auf den ersten Blick auch so zu sehen. Die Metalle, die bei der Elektrifizierung eine Schlüsselrolle spielen (u. a. Kupfer und Nickel), zeigen gegenüber den restlichen Metallen schon seit mehreren Jahren relative Stärke, während Rohöl und Rohölaktien sich im Gegensatz zum allgemeinen Aktientrend in einer tiefen Baisse befinden. Die Corona-Krise ist da nur das Tüpfelchen auf das "i".

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Quelle: Refinitiv Datastream


Doch liegen die Dinge wirklich so einfach? Wie dringlich ist die klimapolitische Lage? Welche Klimaabkommen sind vereinbart und wie wahrscheinlich ist die Zielerreichung? Welche internationalen Konflikte ergeben sich aus den unterschiedlichen Klimastrategien? Kann der Verbrauch von fossilen Brennstoffen in einem Umfeld wachsender Energienachfrage überhaupt zurückgefahren werden? Was bedeutet dies schlußendlich für die Rohstoffmärkte?


Die Klimaerwärmung ist unstrittig und hochwahrscheinlich menschengemacht

Dass das Erdklima sich in letzten Jahrzehnten deutlich erwärmt hat, läßt sich nicht bestreiten. Klimadaten werden seit ca. 170 Jahren gemessen. Es gibt mehrere Institute, die die lokalen Meßpunkte zu einer globalen Oberflächentemperatur aggregieren, so z. B. das Hadley Centre oder die University of East Anglia. Dargestellt wird meistens die Temperaturabweichung im Vergleich zur Durchschnittstemperatur einer Referenzperiode (in der Regel 1961-1990). In den letzten Jahrzehnten war ein deutlicher Anstieg der mittleren Temperatur von ca. Null Grad Abweichung im Jahr 1985 auf ca. +0,75 Grad Abweichung im Jahr 2019 zu verzeichnen.

In Europa war speziell in den letzten 5 Jahren partiell ein noch stärkerer Temperaturanstieg zu beobachten, so dass zu befürchten steht, dass der bisherige lineare Aufwärtstrend in eine nicht lineare Beschleunigungsphase übergegangen ist.

Die Frage nach den Ursachen des Klimawandels ist weniger eindeutig als der Klimawandel selbst. Klar nachgewiesen ist der Zusammenhang zwischen C02-Konzentration in der Atmosphäre und der globalen Erwärmung. Ebenso klar ist, dass die Menschheit infolge der Industrialisierung genügend CO2 freigesetzt hat, um ohne Zutun der Natur einen Klimawandel auszulösen. Das menschliche Handeln interferiert jedoch mit den natürlichen Temperaturzyklen, die unabhängig vom Menschen von statten gehen. Wissenschaftler können durch die Auswertung von Eisbohrkernen aus der Arktis den Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten annähernd 500.000 Jahre zurück abschätzen.

In dieser Zeit hat es wahrscheinlich fünf Warm- und Eiszeiten gegeben. Diese sogenannten Milankovitch-Zyklen dauern 70.000 bis 100.000 Jahre und werden vermutlich durch unterschiedliche Entfernungen der Umlaufbahnen der Erde um die Sonne verursacht. Gemäß den Milankowitch Zyklen befinden wir uns in einer Warmzeit, dem Holozän, das sich ohne menschlichen Einfluß allmählich dem Ende zuneigen sollte. Anstieg und Abbau des Kohlendioxids in der Atmosphäre geht bei den Milankovitch-Zyklen jedoch so langsam voran, dass ihr Einfluß auf den voraussichtlichen Klimawandel der nächsten Jahrzehnte zu vernachlässigen ist.

Das sieht bei den kürzeren natürlichen Klimaschwankungen schon etwas anders aus. Klimaforschern zufolge hat es in den letzten 50.000 Jahren in der dem Holozän vorausgehenden Würm Kaltzeit vor allem auf der Nordhalbkugel mehr als 10 kurze Temperaturzyklen von ca. 1.500 Jahren gegeben. Diese sogenannten Dansgaard-Oeschger-Ereignisse sind durch einen schnellen Temperaturanstieg - die Forschung spricht von 6-10 Grad innerhalb eines (!) oder weniger Jahrzehnte - und eine ebenso schnelle und starke Abkühlung gekennzeichnet. Die Gründe für diese Achterbahnfahrt sind noch nicht zweifelsfrei geklärt.

Man vermutet, dass die letzte schnelle Abkühlung, das sogenannte Dryas-Ereignis vor ca. 12.500 Jahren, durch das Abschmelzen von Eismassen während der vorangegangenen Wärmephase ausgelöst wurde. Infolge des Süßwassereinflußes und des geänderten Salzgehalts kamen wärmetransportierende Meeresströme zwischenzeitlich zum Erliegen. In jedem Fall zeigen die Dansgaard-Oeschger-Ereignisse, dass es natürliche Temperaturschwankungen gibt, die in Tempo und Ausmaß deutlich über den derzeitigen Klimawandel hinausgehen


Große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der internationalen Klimapolitik

Die internationale Politik hat sich unter dem Eindruck wachsender Proteste nolens volens dem Thema Klimawandel angenommen. Im Jahr 2015 wurde von 190 Staaten das Pariser Abkommen geschlossen, das das weniger verbindliche Kyoto-Protokoll von 1990 ersetzte. Die Vertragsparteien sind in Paris übereingekommen, den globalen Temperaturanstieg auf "deutlich unter zwei, idealerweise 1,5 Grad, gegenüber den vorindustriellen Werten" zu begrenzen. Dieses Ziel soll durch eine Absenkung der C02-Emissionen erreicht werden. Die teilnehmenden Länder haben zu diesem Zweck eigene Emissionsziele definiert, die im Rahmen sogenannter nationaler Selbstverpflichtungen eingereicht wurden.

Obwohl das Pariser Klimaabkommen einen wesentlichen Fortschritt in der internationalen Zusammenarbeit gegen die Erderwärmung bedeutet, bleiben viele Fragen offen. Aus den Ausführungen zu den natürlichen Klimaereignissen folgt, dass die angestrebte Begrenzung des Temperaturanstiegs auf der Basis von CO2-Emissionszielen nicht allein in menschlicher Hand liegt. Es ist durchaus möglich, dass die Temperaturziele verfehlt-, obwohl die Emissionsziele eingehalten werden. Und auch der umgekehrte Fall ist denkbar: die Temperaturziele werden aufgrund eines Dansgaard-Oeschger-Ereignisses erreicht, während das Emissionsziel verfehlt wurde.

Der größte Kritikpunkt ist jedoch, dass nicht geprüft wurde, ob die vereinbarten nationalen Emissionsziele mit dem globalen Temperaturziel überhaupt kompatibel sind. Die Internationale Energie Agentur wird nicht müde zu unterstreichen, dass selbst bei einer vollständigen Umsetzung der festgelegten Emissionsziele, das ausgegebene Temperaturziel weit verfehlt wird.

Eine Verschärfung der Emissionsziele dürfte sich jedoch als schwierig erweisen. Zu groß sind die Interessenkonflikte zwischen den einzelnen Parteien. Dies zeigen auch die offiziellen Emissionsziele der beiden größten CO2-Emittenten China und USA. China hat sich im Pariser Abkommen auf kein absolutes Emissionsziel festgelegt, um die Wachstumsperspektiven der chinesischen Volkswirtschaft nicht einzuengen.


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