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This is the time to fight back

13.08.2015  |  Markus Mezger
Zu Studentenzeiten unternahmen drei Freunde und ich eine wundervolle Tour durch den Yellowstone Nationalpark in den USA. Nach einer mehrstündigen Wanderung hatten wir einen schönen Platz für die Nacht ausgemacht, mitten in der Wildnis, weit entfernt von menschlichen Siedlungen und anderen Tourengängern. In der Gegend waren kurz zuvor Bären gesehen worden. Nachdem die Zelte aufgestellt waren, zogen wir deswegen noch einmal unseren Reiseführer zu Rate, wie wir uns im Falle einer direkten Begegnung mit Bären verhalten sollten.

Unter dem Kapitel "Wenn der Bär zu ihrem Zeltplatz kommt“ fanden wir eine Reihe nützlicher Ratschläge, wo und wie z.B. Nahrungsmittel aufbewahrt werden sollten. Der letzte Abschnitt handelte davon, welche Verhaltensregeln anzuwenden seien, wenn der Bär ins Zelt kommt. Die Reiseführer riet hauptsächlich dazu, sich nicht zu bewegen und sich tot zu stellen. Schließlich lasen wir dann den letzten Satz dieses Abschnitts: "Wenn der Bär aber ihren Zeltnachbarn im Schlafsack angreift … this is the time to fight back".

Dieser letzte Ratschlag passt meiner Meinung recht gut zum Zustand der Metallmärkte und der Performance der Minenaktien, die in den letzten Monaten fest im Griff der Bären waren. Ich bin sicher, dass die Zeit sich zu wehren nun gekommen ist. Aber werfen wir zunächst einen Blick auf die Hauptargumente der Bären, bevor diese Entscheidung getroffen wird.


Die Hintergründe hinter dem jüngsten Bärenmarkt bei Metallen und Minenaktien

Argument #1: Überschussproduktion und verzögerte Angebotskürzungen

Zweifellos leiden eine ganze Reihe der Metallmärkte unter einem Marktüberschuss. In den letzten Jahren konnte man den Aufstieg Chinas als Metallkonsument und als Metallproduzent beobachten. Der Kampf um Marktanteile wurde von China aggressiv durch die Schaffung neuer Raffineriekapazitäten geführt. In der Folge fielen die Preise für raffiniertes Metall vielfach unter die Produktionskosten westlicher Anbieter (z.B. bei Aluminium, Nickel und bei den in der Stahlindustrie verwendeten Rohstoffen Kohle und Eisenerz).

Aber auch außerhalb Chinas sorgten neues Angebot (wie z.B. die Zinnproduktion in Myanmar) oder die Wiederaufnahme von Produktion, z.B. in der Platin-Industrie in Südafrika nach dem Ende des Streiks Mitte des Jahres 2014, für erheblichen Preisdruck. Für die meisten Metalle wird in den Jahren 2015/16 ein Marktüberschuss prognostiziert. Der hohe Wettbewerbsdruck in der Branche hat die notwendigen Angebotskürzungen bisher verhindert.

In der Tat haben stark gefallene Energiekosten und Währungsgewinne durch die Abwertung von Produzentenwährungen die Metallpreise, bei denen die Metallproduzenten gerade noch Gewinne machen, deutlich nach unten gedrückt. Nur bei drei Metallen - Zink, Nickel, Palladium - lautet die Konsensprognose bereits in 2015/16 auf ein Produktionsdefizit in, was schwer zu glauben ist, wenn man sich den jüngsten Preisrutsch dieser drei Metalle anschaut. Bleibt uns also der Bärenmarkt bei Industriemetallen und Metallproduzenten in den nächsten anderthalb Jahren erhalten?

Ich denke Nein. Das Überangebot ist relativ klein im Vergleich zur Marktgröße. Zumeist ist es nicht mehr als 1-2% des gesamten Angebots. Da bleibt wenig Spielraum für unvorhersehbare Angebotsschocks, die regelmäßig durch geopolitische Konflikte, Streiks oder Wetterkapriolen entstehen. Die überzeugten Bären preisen die beste alle Welten ohne Angebotsstörungen ein. Die Realität sieht oft anders aus.

Im Kupfermarkt zum Beispiel liegt das zu Jahresbeginn prognostizierte Jahresangebot fast immer deutlich oberhalb des im Jahresverlauf dann tatsächlich bereit gestellten Angebots. Bereits geringe Angebotsausfälle können zu einer Umstellung des Marktregimes führen. Statt Angebotskürzungen wird dann zusätzliche Produktion verlangt. Die Preise, um diese Produktion zu incentivieren, liegen aber oft deutlich höher, insbesondere in einer Zeit, in der neue Projekte aufgrund geringerer Investitionsbudgets auf Eis gelegt wurden.

Die Bären werden in diesem Fall argumentieren, dass überaus reichliche Lagerbestände einem nachhaltigen Preisanstieg bei vielen Metallen entgegenstehen. Und tatsächlich liegen die berichteten Lagerbestände teilweise weit über ihrem historischen Durchschnitt. Hinzu kommen noch die Lagerbestände, die nicht öffentlich berichtet werden. Auch hier gibt genügend Hinweise, dass die Lagerhäuser bis zur Oberkante gefüllt sind. Aber bedeutet dies auch, dass diese Lagerbestände einfach verfügbar sind, wenn Konsumenten darauf zugreifen oder Spekulanten ihre Short-Positionen eindecken wollen?

Das beste Beispiel für einen angeblich überversorgten Markt ist der Goldmarkt. Hier machen die marktgängigen überirdischen Lager mehr als das Dreißigfache einer Jahresproduktion aus. Gold ist aus dieser Perspektive also niemals knapp. Die Gretchenfrage lautet aber, zu welchem Marktpreis diejenigen, die diese Lagerbestände halten, verkaufen wollen. Das gegenwärtige Überschussangebot wird bei vielen Metallen von Investoren zu Preisen erworben, die sich vom Hochpunkt mehr als halbiert haben.

Die Annahme der Bären, dass diese Investoren zu noch tieferen Preisen verkaufen wollen oder dazu verleitet werden können, könnte sich im Nachhinein als Trugschluss erweisen. Ich habe den Eindruck, dass die Lagerbestände zuletzt umverteilt wurden. Von Investoren, die im letzten Rohstoffboom 2011-2013 zu teuer gekauft haben hin zu starken Händen, die über die gegenwärtige Preisschwäche und Disinflationsphase hinaussehen.


Argument #2: China’s Wirtschaft und Metallnachfrage kollabieren

Short-Wetten auf China erfreuten sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. In der Tat gibt es eine ganze Reihe schwerwiegender sozialer, ökonomischer und ökologischer Herausforderungen im Reich der Mitte. Die Achillesferse des chinesischen Wirtschafssystems ist die Finanzindustrie. Nach dem Vorbild Japans in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geben Staatsbeamte den staatseigenen Banken vor, welche Wirtschaftssektoren wieviel Kredit erhalten sollen.

Diese Praxis hat zwei unwillkommene Effekte hervorgebracht. Erstens kam es zu einer Fehlallokation von Kapital zu den großen und vielfach ineffizienten Staatsunternehmen, was mittelfristig in einem schwer zu managenden Portfolio fauler Kredite münden wird. Zweiten hat diese Art der Kreditwirtschaft ein Schattenbankensystem kreiert, das in den letzten Jahren ein enormes Wachstums vor allem bei so genannten "Asset Management Produkten" gesehen hat.

Diese Vermögensverwaltungsprodukte waren vielfach an Projekte im Immobilien- und Rohstoffbereich geknüpft. Die Bestrebungen der chinesischen Regierung das unkontrollierte Wachstum des Schattenbankensystems unter Kontrolle zu bekommen, mündeten letztlich in einem Einbruch der Immobilien- und Rohstoffpreise.

Der Mitte des Jahres 2014 einsetzende Abschwung im Industriebereich scheint jedoch tiefer zu gehen als in den Vorjahren. Die Immobilienpreise liegen durchschnittlich 5% unter ihren Vorjahreswerten und die Industrieproduktion fiel deutlich schwächer aus, als es uns die offiziellen Daten glauben machen wollen. Die Daten des chinesischen Statistikbüros sehen eher wie eine geglättete Linie um die Zielvorgaben aus, was für ein kommunistisches Land wenig verwunderlich ist.

Laut dem Nationalen Statistikbüro Chinas soll das BIP im zweiten Quartal 7% gewachsen sein. Die Industrieproduktion soll bis Juni 2015 um 6.8% über dem entsprechenden Vorjahreszeitraum gelegen haben. Die Realität in China ist derzeit vermutlich eher ein Nullwachstum. Das Research von Goldman Sachs hat sich die Mühe gemacht, aus den offiziellen Industrieproduktionszahlen die Zahlen zum Metallverbrauch herauszulesen. Der so konstruierte Metal Consumption Index (MCI) wies im zweiten Quartal 2015 sogar eine negative Wachstumsrate auf.

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