Grüner Kapitalismus made in USA
07.02.2021 | Manfred Gburek
Typisch Wall Street: Kaum ist die Affäre um Machenschaften einiger Hedgefonds beim Milliardenhandel mit GameStop-Aktien in den Hintergrund gerückt, da stürzt sich das "große Geld" auf neue Spekulationen. Zum Beispiel auf den Handel mit Hochzinsanleihen, wie die amerikanische Großbank JP Morgan, in ihrer Branche die Nummer eins, anhand einer aktuellen Studie feststellt. Schuldner solcher Anleihen sind überwiegend Unternehmen und Länder mit Zahlungsproblemen.
Ebenfalls sehr viele Milliarden Dollar kann das „große Geld“ verdienen, wenn es von Beginn an auf einen anderen neuen Trend setzt, auf einen, der ebenfalls besonders hohe Gewinne verspricht: Handel mit sogenannten grünen Aktien und Anleihen, gepuscht insbesondere von BackRock, weltweit Vermögensverwalter Nummer eins.
Dass dahinter nicht etwa nur eine Neuauflage der "Fridays for Future"-Bewegung vonseiten der Klimaaktivistin Greta Thunberg steckt, sondern eine Art kapitalistisches Manifest, zeigt der aktuelle Brief, den BlackRock-Chef Larry Fink jüngst an seine Topmanager geschrieben hat. Zitat: "Wir wissen, dass Klimarisiken Investmentrisiken sind. Aber wir sind auch überzeugt, dass die klimabedingten Veränderungsprozesse historische Anlagechancen mit sich bringen. Immer mehr Anleger geben nun Unternehmen, die Nachhaltigkeit in den Fokus stellen, den Vorzug. Damit nimmt die massive Kapitalumschichtung, die wir derzeit beobachten, weiter Fahrt auf."
Diese Sätze vermitteln geradezu Euphorie. Und sonst? Wer nun meint, das sei's gewesen, dürfte bereits jetzt eines Besseren belehrt sein. Denn BlackRock hat die Macht und vor allem auch das nötige Kapital, um sich gegen jeglichen Widerstand durchsetzen zu können: Annähernd 9 Billionen Dollar stehen zur Verfügung, und der Clou hinter dieser Zahl ist nicht zu verachten: BlackRock hält beachtliche Anteile (Quelle: comdirect) an vielen Konzernen, in Deutschland zum Beispiel an SAP (5,08%), BASF (5,46%), Allianz (6,69%). Insgesamt geht es sind es um 57 Beteiligungen an deutschen Aktiengesellschaften.
Vermitteln allein schon diese Daten einen gewissen Eindruck von der Macht der Amerikaner, so tun es die folgenden erst recht, weil sie sich bis ins hiesige soziale Gefüge erstrecken. Beispielsweise hält BlackRock 7,65% am deutschen Wohnungskonzern Vonovia und sogar 10,58 Prozent an dessen Rivalen Deutsche Wohnen. Letzterer stand zeitweise schon am Pranger von Wohnungsbesetzern in Berlin - sozialer Sprengstoff, der sich jederzeit von Neuem entladen kann.
So nimmt es denn auch nicht wunder, dass gemäß einer Pressemitteilung des Deutschen Bundestags vom 27. April 2020 "seit Ende 2018 sieben Gespräche von Vertretern der Bundesregierung mit Vertretern von BlackRock stattgefunden haben". Welche Rolle dabei der Rocker Friedrich Merz als Statthalter der Amerikaner gespielt hat, ist nicht überliefert.
Kommen wir nochmals auf den bereits erwähnten Fink-Brief zurück, weil er Hinweise darauf enthält, wer was zu sagen hat und wer nicht. Dieser Brief enthält nämlich unmissverständliche Hinweise darauf, dass man sich nicht gefallen lasse, von Konzernen, an denen BlackRock beteiligt ist, nur mit Absichtserklärungen abgespeist zu werden. Das ergibt sich etwa aus der folgenden Aufforderung:
"Für die Wachstumsaussichten eines jeden Unternehmens wird die Energiewende von zentraler Bedeutung sein. Wir rufen Unternehmen daher dazu auf, einen Plan vorzulegen, aus dem hervorgeht, wie sie ihr Geschäftsmodell an eine klimaneutrale Wirtschaft anpassen wollen - also an eine Wirtschaft, in der die Erderwärmung auf deutlich unter 2°Celsius gebremst wird und die mit dem globalen Ziel von Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 vereinbar ist. Wir fordern Sie dazu auf darzulegen, wie Sie diesen Plan in Ihre langfristige Geschäftsstrategie einbinden und wie Ihr Aufsichtsrat die Einhaltung überprüfen wird."
Wer Billionen an Dollar im Rücken hat, kann sich solche Drohungen leisten. Was hier geschieht, mündet wahrscheinlich in einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen, die den Forderungen von BlackRock nachgeben - zumal die Amerikaner sich passenderweise gleich Rückendeckung durch Organisationen wie FCFD und SASB besorgt haben. Diese sind zwar nicht allein auf der Welt, denn es gibt unzählige weitere, die dem grünen Kapitalismus frönen. Aber keine verfügt im Hintergrund über ein solches Finanzbollwerk wie BlackRock.
Das gesteckte Ziel einer "klimaneutralen Wirtschaft", um die globale Erderwärmung bis 2050 "deutlich unter 2°Celsius" zu drücken, entspricht einfach dem Wunsch, ein konkretes Ziel abzustecken, und sei es - wie in diesem Fall - noch so weit entfernt und schwer zu begründen. Oder um den aus amerikanischer Sicht wichtigsten Aspekt auf den Punkt zu bringen: Während die umständlichen Europäer sich noch an ihrer sogenannten grünen Liste mitsamt einer fragwürdigen Taxonomie-Verordnung erfreuen, preschen die Amerikaner nicht nur mit klimatischen, sonder auch - und zwar in erster Linie - mit knallharten finanziellen Drohungen vor. Das braucht man zwar nicht gut zu finden, aber es entspricht nun mal den Tatsachen.
Da der vielfach verwendete Begriff Taxonomie nun mal gefallen ist, sei hier abschließend nur kurz erwähnt, dass er in Kreisen der Finanzaufseher in der Eurozone zwar heiß diskutiert wird, aber in der Praxis wahrscheinlich bedeutungslos sein wird. Wikipedia definiert Taxonomie so: "Einheitliches Verfahren oder Modell, mit dem Objekte nach bestimmten Kriterien klassifiziert, das heißt in Kategorien oder Klassen eingeordnet werden." Kein Wunder, dass da nicht weniger als 123 Wissenschaftlern aus 27 Ländern die Hutschnur geplatzt ist - mit der Folge, dass alles erneut durch die juristischen Mühlen gedreht werden soll. Derweil lachen sich die Amerikaner mit ihren Billionen Dollar ins Fäustchen.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
Neu bei www.gburek.eu: Was steckt hinter der Inflation?
Ebenfalls sehr viele Milliarden Dollar kann das „große Geld“ verdienen, wenn es von Beginn an auf einen anderen neuen Trend setzt, auf einen, der ebenfalls besonders hohe Gewinne verspricht: Handel mit sogenannten grünen Aktien und Anleihen, gepuscht insbesondere von BackRock, weltweit Vermögensverwalter Nummer eins.
Dass dahinter nicht etwa nur eine Neuauflage der "Fridays for Future"-Bewegung vonseiten der Klimaaktivistin Greta Thunberg steckt, sondern eine Art kapitalistisches Manifest, zeigt der aktuelle Brief, den BlackRock-Chef Larry Fink jüngst an seine Topmanager geschrieben hat. Zitat: "Wir wissen, dass Klimarisiken Investmentrisiken sind. Aber wir sind auch überzeugt, dass die klimabedingten Veränderungsprozesse historische Anlagechancen mit sich bringen. Immer mehr Anleger geben nun Unternehmen, die Nachhaltigkeit in den Fokus stellen, den Vorzug. Damit nimmt die massive Kapitalumschichtung, die wir derzeit beobachten, weiter Fahrt auf."
Diese Sätze vermitteln geradezu Euphorie. Und sonst? Wer nun meint, das sei's gewesen, dürfte bereits jetzt eines Besseren belehrt sein. Denn BlackRock hat die Macht und vor allem auch das nötige Kapital, um sich gegen jeglichen Widerstand durchsetzen zu können: Annähernd 9 Billionen Dollar stehen zur Verfügung, und der Clou hinter dieser Zahl ist nicht zu verachten: BlackRock hält beachtliche Anteile (Quelle: comdirect) an vielen Konzernen, in Deutschland zum Beispiel an SAP (5,08%), BASF (5,46%), Allianz (6,69%). Insgesamt geht es sind es um 57 Beteiligungen an deutschen Aktiengesellschaften.
Vermitteln allein schon diese Daten einen gewissen Eindruck von der Macht der Amerikaner, so tun es die folgenden erst recht, weil sie sich bis ins hiesige soziale Gefüge erstrecken. Beispielsweise hält BlackRock 7,65% am deutschen Wohnungskonzern Vonovia und sogar 10,58 Prozent an dessen Rivalen Deutsche Wohnen. Letzterer stand zeitweise schon am Pranger von Wohnungsbesetzern in Berlin - sozialer Sprengstoff, der sich jederzeit von Neuem entladen kann.
So nimmt es denn auch nicht wunder, dass gemäß einer Pressemitteilung des Deutschen Bundestags vom 27. April 2020 "seit Ende 2018 sieben Gespräche von Vertretern der Bundesregierung mit Vertretern von BlackRock stattgefunden haben". Welche Rolle dabei der Rocker Friedrich Merz als Statthalter der Amerikaner gespielt hat, ist nicht überliefert.
Kommen wir nochmals auf den bereits erwähnten Fink-Brief zurück, weil er Hinweise darauf enthält, wer was zu sagen hat und wer nicht. Dieser Brief enthält nämlich unmissverständliche Hinweise darauf, dass man sich nicht gefallen lasse, von Konzernen, an denen BlackRock beteiligt ist, nur mit Absichtserklärungen abgespeist zu werden. Das ergibt sich etwa aus der folgenden Aufforderung:
"Für die Wachstumsaussichten eines jeden Unternehmens wird die Energiewende von zentraler Bedeutung sein. Wir rufen Unternehmen daher dazu auf, einen Plan vorzulegen, aus dem hervorgeht, wie sie ihr Geschäftsmodell an eine klimaneutrale Wirtschaft anpassen wollen - also an eine Wirtschaft, in der die Erderwärmung auf deutlich unter 2°Celsius gebremst wird und die mit dem globalen Ziel von Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 vereinbar ist. Wir fordern Sie dazu auf darzulegen, wie Sie diesen Plan in Ihre langfristige Geschäftsstrategie einbinden und wie Ihr Aufsichtsrat die Einhaltung überprüfen wird."
Wer Billionen an Dollar im Rücken hat, kann sich solche Drohungen leisten. Was hier geschieht, mündet wahrscheinlich in einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen, die den Forderungen von BlackRock nachgeben - zumal die Amerikaner sich passenderweise gleich Rückendeckung durch Organisationen wie FCFD und SASB besorgt haben. Diese sind zwar nicht allein auf der Welt, denn es gibt unzählige weitere, die dem grünen Kapitalismus frönen. Aber keine verfügt im Hintergrund über ein solches Finanzbollwerk wie BlackRock.
Das gesteckte Ziel einer "klimaneutralen Wirtschaft", um die globale Erderwärmung bis 2050 "deutlich unter 2°Celsius" zu drücken, entspricht einfach dem Wunsch, ein konkretes Ziel abzustecken, und sei es - wie in diesem Fall - noch so weit entfernt und schwer zu begründen. Oder um den aus amerikanischer Sicht wichtigsten Aspekt auf den Punkt zu bringen: Während die umständlichen Europäer sich noch an ihrer sogenannten grünen Liste mitsamt einer fragwürdigen Taxonomie-Verordnung erfreuen, preschen die Amerikaner nicht nur mit klimatischen, sonder auch - und zwar in erster Linie - mit knallharten finanziellen Drohungen vor. Das braucht man zwar nicht gut zu finden, aber es entspricht nun mal den Tatsachen.
Da der vielfach verwendete Begriff Taxonomie nun mal gefallen ist, sei hier abschließend nur kurz erwähnt, dass er in Kreisen der Finanzaufseher in der Eurozone zwar heiß diskutiert wird, aber in der Praxis wahrscheinlich bedeutungslos sein wird. Wikipedia definiert Taxonomie so: "Einheitliches Verfahren oder Modell, mit dem Objekte nach bestimmten Kriterien klassifiziert, das heißt in Kategorien oder Klassen eingeordnet werden." Kein Wunder, dass da nicht weniger als 123 Wissenschaftlern aus 27 Ländern die Hutschnur geplatzt ist - mit der Folge, dass alles erneut durch die juristischen Mühlen gedreht werden soll. Derweil lachen sich die Amerikaner mit ihren Billionen Dollar ins Fäustchen.
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
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