Toxische Beziehungen beenden, zurück zum Gold
25.02.2021 | Matt Piepenburg
Wenn die Trennung schwer fällt
Hier nehmen sich Märkte und Liebe nicht viel: Warum fällt es so schwer, Bekanntes hinter sich zu lassen, wenn es doch eindeutig nicht funktioniert? Am Ende wird sich jeder nüchterne Romantiker eingestehen müssen, dass toxische Beziehungen schmerzhaft sind. Denken wir an unsere toxischen aber häufig auch erstaunlich guten Ausflüge durch die Marktlandschaften nach 2008. Es fiel leicht, den oberflächlichen Verführungen zu erliegen. Dinge wie Niedrigzins, technologische Verheißungen der FAANG-Welt und jetzt auch ungebremste Geldschöpfung lassen ein ansonsten eher hässliches Finanzsystem recht attraktiv erscheinen.
Doch schlechte Liebe bleibt schlechte Liebe, und ein schlechter Markt wird kein guter, ganz gleich wie gestrafft und aufgedonnert die Wertpapiermärkte aus dem Schönheitssalon der Zentralbanken marschieren. Am allermeistens trifft das auf die globalen und die US-Kreditmärkte zu.
Mut zum Abschied?
Ähnlich wie unglücklich verliebte Paare sehen sich viele Investoren gezwungen, festzuhalten an Illusionen, Nostalgie und letztlich schlechten Vereinigungen (z.B. mit untreuen Anleihemärkten), trotz aller Gefahrenzeichen, die in den schuldengetränkten Bilanzen lauern und aufblitzen. Am Ende braucht es eben doch persönliche Courage, um Illusionen aufzugeben und sich kalter Mathematik zuzuwenden.
Allerdings sind wir, so mahnte schon Nietzsche, alle menschlich, allzu menschlich. Wir lieben unsere Illusionen. Und wir bleiben zu lange in toxischen Beziehungen. Das macht uns anfällig, der Fantasie einen höheren Stellenwert einzuräumen als der Wirklichkeit. So wie hoffnungslose Romantiker der faden und oberflächlichen Liebelei hinterherjagen, so jagen viele Investoren den leeren Versprechungen (und Renditen) eines ebenso leeren Anleihemarkts hinterher.
Goethes Mahnung?
In Die Leiden des jungen Werther erzählt von Goethe in den 1780er Jahren die Geschichte eines jungen Künstlers, der seine Liebe und sein blindes Vertrauen einer Frau zuteil werden lässt, die ihrerseits nicht über die Tiefe seiner edlen Seele verfügt. Am Ende verschwendet Werther sein Leben bei seiner stürmischen Jagd nach etwas, das man vielleicht mit einer leeren Tasse vergleichen könnte.
Wo ich gerade von leeren Tassen schreibe, muss ich sofort an den US-Anleihemarkt denken. Und daran, dass alle, die diesem Markt ihr Vertrauen schenken, dazu verdammt sind, Teil einer großen Gruppe aus "jungen" Werthern zu werden.
So hatte Bob Prince, Chief Investment Officer bei Ray Dalios Bridgewater-Fonds, im Sommer noch gewarnt, die Investoren seien fast blind verliebt in Anleihen und letztlich auch in Negativrenditen, trotz offensichtlicher Hinweise auf Täuschungen und toxische Liebe. Doch die COVID-Umstände und Marktrisiken trieben noch mehr Investoren in die „sicheren Arme“ des Anleihemarktes, den traditionellen Ort für "Vermögensspeicherung". Da die Fed aber Anleihen aufkauft und auch noch die Zinsen drückt, ist es tatsächlich so weit gekommen, dass Investoren unterm Strich dafür bezahlen, dass sie Geld verlieren anstatt eigene Vermögen aufzubewahren.
Inflationsbereinigt erbringen US-Staatsanleihen Negativrenditen. Anders formuliert: Viele Investoren sind ins falsche Mädchen verschossen…
Allerdings ist toxische Liebe kein amerikanisches Problem. Es ist global, wie der folgende Chart mit negativen globalen Anleiherenditen bestätigt:
Leute: Wenn es keinen Zinssatz gibt, gibt es auch keinen Diskontfaktor für Cashflow. Das heißt: Der Nutzen von Anleiheinvestitionen steht in einem krass asymmetrischen Verhältnis zum Risiko von Geldverlusten. Kurz: Investoren kaufen viele Blumen, kriegen aber keine Küsse.
Ach, Zeit sich zu trennen!
Hier nehmen sich Märkte und Liebe nicht viel: Warum fällt es so schwer, Bekanntes hinter sich zu lassen, wenn es doch eindeutig nicht funktioniert? Am Ende wird sich jeder nüchterne Romantiker eingestehen müssen, dass toxische Beziehungen schmerzhaft sind. Denken wir an unsere toxischen aber häufig auch erstaunlich guten Ausflüge durch die Marktlandschaften nach 2008. Es fiel leicht, den oberflächlichen Verführungen zu erliegen. Dinge wie Niedrigzins, technologische Verheißungen der FAANG-Welt und jetzt auch ungebremste Geldschöpfung lassen ein ansonsten eher hässliches Finanzsystem recht attraktiv erscheinen.
Doch schlechte Liebe bleibt schlechte Liebe, und ein schlechter Markt wird kein guter, ganz gleich wie gestrafft und aufgedonnert die Wertpapiermärkte aus dem Schönheitssalon der Zentralbanken marschieren. Am allermeistens trifft das auf die globalen und die US-Kreditmärkte zu.
Mut zum Abschied?
Ähnlich wie unglücklich verliebte Paare sehen sich viele Investoren gezwungen, festzuhalten an Illusionen, Nostalgie und letztlich schlechten Vereinigungen (z.B. mit untreuen Anleihemärkten), trotz aller Gefahrenzeichen, die in den schuldengetränkten Bilanzen lauern und aufblitzen. Am Ende braucht es eben doch persönliche Courage, um Illusionen aufzugeben und sich kalter Mathematik zuzuwenden.
Allerdings sind wir, so mahnte schon Nietzsche, alle menschlich, allzu menschlich. Wir lieben unsere Illusionen. Und wir bleiben zu lange in toxischen Beziehungen. Das macht uns anfällig, der Fantasie einen höheren Stellenwert einzuräumen als der Wirklichkeit. So wie hoffnungslose Romantiker der faden und oberflächlichen Liebelei hinterherjagen, so jagen viele Investoren den leeren Versprechungen (und Renditen) eines ebenso leeren Anleihemarkts hinterher.
Goethes Mahnung?
In Die Leiden des jungen Werther erzählt von Goethe in den 1780er Jahren die Geschichte eines jungen Künstlers, der seine Liebe und sein blindes Vertrauen einer Frau zuteil werden lässt, die ihrerseits nicht über die Tiefe seiner edlen Seele verfügt. Am Ende verschwendet Werther sein Leben bei seiner stürmischen Jagd nach etwas, das man vielleicht mit einer leeren Tasse vergleichen könnte.
Wo ich gerade von leeren Tassen schreibe, muss ich sofort an den US-Anleihemarkt denken. Und daran, dass alle, die diesem Markt ihr Vertrauen schenken, dazu verdammt sind, Teil einer großen Gruppe aus "jungen" Werthern zu werden.
So hatte Bob Prince, Chief Investment Officer bei Ray Dalios Bridgewater-Fonds, im Sommer noch gewarnt, die Investoren seien fast blind verliebt in Anleihen und letztlich auch in Negativrenditen, trotz offensichtlicher Hinweise auf Täuschungen und toxische Liebe. Doch die COVID-Umstände und Marktrisiken trieben noch mehr Investoren in die „sicheren Arme“ des Anleihemarktes, den traditionellen Ort für "Vermögensspeicherung". Da die Fed aber Anleihen aufkauft und auch noch die Zinsen drückt, ist es tatsächlich so weit gekommen, dass Investoren unterm Strich dafür bezahlen, dass sie Geld verlieren anstatt eigene Vermögen aufzubewahren.
Inflationsbereinigt erbringen US-Staatsanleihen Negativrenditen. Anders formuliert: Viele Investoren sind ins falsche Mädchen verschossen…
Allerdings ist toxische Liebe kein amerikanisches Problem. Es ist global, wie der folgende Chart mit negativen globalen Anleiherenditen bestätigt:
Leute: Wenn es keinen Zinssatz gibt, gibt es auch keinen Diskontfaktor für Cashflow. Das heißt: Der Nutzen von Anleiheinvestitionen steht in einem krass asymmetrischen Verhältnis zum Risiko von Geldverlusten. Kurz: Investoren kaufen viele Blumen, kriegen aber keine Küsse.
Ach, Zeit sich zu trennen!