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Die 1970er Jahre gingen nie zu Ende

01.04.2021  |  John Mauldin
Große, wirtschaftliche Stürme sind selten und enden üblicherweise recht schnell, haben jedoch tendenziell langfristige Effekte. Heute möchte ich über einen Sturm sprechen, der vor 50 Jahren auftrat, jedoch noch heute Auswirkungen auf uns hat. Wichtige Dinge passierten in den 1970er Jahren.

Ich persönlich erinnere mich noch gut an dieses Jahrzehnt. Ich war in meinen Zwanzigern und es waren prägende Jahre. Ich traf Leute und lernte Dinge, die mich zu dem machten, was ich heute bin. Lustig ist, dass größere Ereignisse - die sich im Nachhinein als wichtig herausstellten - damals nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit erhielten. Diese Ereignisse kamen mir nicht als wichtig vor. Wir hatten damals noch keine sozialen Medien oder 24-Stunden-Nachrichtendienste. Die "gut informierten" Leute lasen lokale Zeitungen. Geschäftsleute und Banker lasen das Wall Street Journal, während politische Junkies The New Republic oder National Review lasen.

Doch keiner von uns wusste wirklich, was passierte - mit Ausnahme des Vietnam-Krieges. Ausgewählte Ausschnitte wurden damals abends in unseren Fernsehgeräten gezeigt und in Zeitungen abgedruckt. Die meisten Geschäfts- und Nationalmedien wurden damals ebenfalls nur mit wenigen Details konsumiert. Selbst damals gab es zu viele Dinge, die innerhalb 30 Minuten darzustellen waren oder in einer kurzen Kolumne festgehalten werden mussten. In jedem Fall schlagen wir uns noch immer mit dem Erbe dieser Zeit herum. Doch wie ich letztlich zeigen werde, scheinen wir nun zumindest einige Fehler zu erkennen. Das ist der erste Schritt zur Besserung.


Erinnerungen an 1971

Ein halbes Jahrhundert später ertragen wir noch immer die Auswirkungen von 1971, als Nixon "das Goldfenster schloss." Doch um zu verstehen, warum das so ist, müssen wir den Ursprung des Fensters bedenken.

Währungsabwertungen, die zu Inflation, Depression und schlimmeren Dingen führten, waren schon vor dem Zweiten Weltkrieg an der Tagesordnung. Die Bretton-Woods-Konferenz von 1944 entwickelte ein neues System, das in den 1950er Jahren in Kraft trat. Die USA würden den Großteil des weltweiten Goldes halten und garantieren, dass andere Nationen ihre Goldreserven zu einem festgelegten Preis von 35 Dollar je Unze umtauschen könnten. Dies band die anderen Länder essentiell an den USD.

Bretton Woods "funktionierte" fast 20 Jahre, doch nicht ohne Nebeneffekte, die nicht unähnlich den heutigen Euro-Problemen sind. Man kann unabhängige Länder, die ihre eigenen Fiskalpolitik besitzen, nicht an dieselbe Währung binden. Das garantiert Zahlungsbilanzprobleme.

Mitte der 1960er Jahre begannen verschiedene europäische Länder, Zahlungen für ihre Dollar in Gold zu verlangen. Sie wollten, dass die USA ihren Haushalt ausgleichen würden, der aufgrund des Vietnam-Krieges ins Defizit gerutscht war. Die USA verwendeten praktisch die Flugzeuge der Air Force, um Gold von Fort Knox nach New York und ins Ausland zu schaffen. Wir denken tendenziell, dass Krisen über sehr kurze Zeitspannen stattfinden. Diese hier braute sich über Jahre zusammen.

Westdeutschland, das die Abwertung der Deutschen Mark erlebte, gab das Bretton-Woods-System stattdessen im Mai 1971 auf. Der Dollar verlor deutlich an Stärke, zeitgleich mit steigender Arbeitslosigkeit und Inflation. Nixon stellte Anfang 1971 den ehemaligen Gouverneur von Texas, den Demokraten John Connally, als Finanzminister ein. In einem internationalen Treffen hieß es von Connally bekannterweise: "Der Dollar ist unsere Währung, doch euer Problem."

Während sich die Situation verschlimmerte, rief Nixon zu einem Notfalltreffen bei Camp David auf, an dem auch Vorsitzender der Federal Reserve, Arthur Burns, und ein junger Paul Volcker teilnahmen. Nach ausreichender Debatte hörte Nixon dem stets selbstbewussten Connally zu. Am 15. August 1971 beendete Präsident Nixon das Bretton-Woods-System und führte außerdem Gehalts- und Preiskontrollen in den USA ein.

Er fügte außerdem Importzölle hinzu. Er tat praktisch das Gegenteil von dem, was die meisten Volkswirtschaftlicher empfehlen würden. Der Dollar brach noch stärker ein und wir mussten das Wort "Stagflation" erfinden, um das weitreichende Elend zu beschreiben. All das wurde später als "Nixon-Schock" bezeichnet.

Wir können Nixon jedoch nicht alles vorwerfen. Andere Dinge fanden zeitgleich statt: Soziale Unruhen inmitten des Vietnam-Krieges, die Bürgerrechtsbewegung, mehr Frauen, die sich der Arbeiterschaft anschlossen, technologische Veränderungen, etc. Ein Großteil stellte sich als gut und notwendig heraus, erwies sich jedoch als disruptiv.

Die Zeitspanne erwies sich jedoch als eine Art wirtschaftlicher Dreh- und Wendepunkt. Und ich bin auch nicht der Erste, dem dies bewusst wird. Heute möchte ich mich auf Veränderungen bezüglich Einkommen und Jobs fokussieren. Ich denke, dass sie am relevantesten für die heutigen Herausforderungen sind. Doch werfen wir zuerst einen Blick auf einige Charts. Die stündliche Vergütung stieg von 1948 bis Anfang der 1970er Jahre grob mit der Produktivität. Dann stieg die Produktivität deutlich schneller als das Einkommen.

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Ähnlich stiegen Gehälter gemeinsam mit dem BIP pro Kopf, bevor in den 1970er Jahren eine Abspaltung stattfand.

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