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Archegos & Credit Suisse - die Spitze des Eisbergs

19.04.2021  |  Egon von Greyerz
- Seite 3 -
Credit Suisse und eine wilde Horde Prime Broker

Erst im Rahmen engster Kooperation mit und Unterstützung durch Großbanken können die Hedgefonds ihre Finanzhebel spielen lassen. Archegos hatte Beziehungen zu verschiedenen Prime Brokern - Goldman Sachs, Morgan Stanley, Nomura und Crédit Suisse.

Die verwegenen Banken gewähren Kreditlinien in Milliardenhöhe, damit die Hedgefonds Finanzhebel nutzen können, die nicht nur die Hedgefonds selbst in Gefahr bringen, sondern auch die betreffenden Banken und letztlich das Finanzsystem.

Schweizer Banken waren einst die Bastion der Vorsicht und des Konservativen. Doch heute zählen sie zu den Banken mit der höchsten Risikoneigung, worüber ich an anderer Stelle geschrieben hatte. Die Schweiz hat ein großes Problem mit der Größe des nationalen Bankensystems, das fünfmal so groß ist wie die Wirtschaftsleistung des Landes. Im Fall massiver finanzieller Verwerfungen und deren Ausbreitung wäre das Schweizer Finanzsystem zu groß, um noch gerettet zu werden (too big to save).


Schweizer Zentralbank - der weltgrößte Hedgefonds

Ein weiteres Problem ist natürlich die SNB, die Schweizer Zentralbank, die auch der größte Hedgefonds der Welt ist - mit Assets im Gegenwert von 1 Billion CHF (1,1 Bill. $). Das sind 145% der Schweizer Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der Federal Reserve liegt bei 27% des BIP der USA. Der Großteil der Bilanz besteht aus Fremdwährungsspekulation und wird in Dollar und Euro gehalten. Die SNB hält zudem umfangreiche Aktienposition großer US-Technologiewerte - 8,5 Mrd.$ in Apple, 6 Mrd. $ in Microsoft, 5,2 Mrd. $ in Amazon und noch viele mehr.

Also: Das Schweizer Bankensystem ist nicht nur zu groß für das Land, die Schweizer Nationalbank ist darüber hinaus auch noch extrem anfällig für Kursverluste bei Dollar, Euro und US-Technologiewerten.

Als ich Ende der 1960er und in den 1970ern im Schweizer Bankenwesen arbeitete, hätte so etwas überhaupt nicht passieren können. Wenn jetzt aber die Zentralbank und die Geschäftsbanken der Schweiz ihre Positionen mittels Derivate- und Währungsspekulation bis zum Anschlag hebeln, dann ist das gesamte Finanzsystem der Schweiz in Gefahr.

Niemand sollte größere Anlagen in einem nationalen Bankensystem halten, das Marktverwerfungen derart stark ausgesetzt ist wie das schweizerische.


Credit Suisse - Inkompetenz oder einfach nur Pech?

Open in new windowGut, schauen wir uns jetzt an, wie es Credit Suisse (CS), der zweitgrößten Schweizer Bank, in letzter Zeit so ergangen ist. CS ist - hinsichtlich Risikomanagement und Verluste - vom Regen in die Traufe gekommen. Im 4. Quartal 2015 verlor die Bank 6 Mrd. CHF durch Abschreibungen und Handelsverluste. Gegen Ende 2016 erklärt sich die CS bereit zur Zahlung von 5,3 Mrd. $, um Untersuchungen des US-Justizministeriums wegen missbräuchlicher Hypothekenverkäufe beizulegen.

2020 geht es um weitere 680 Mill. $ in Verbindung mit US-Hypothekenpapieren. Im Jahr 2021 hat die Bank bislang 450 Mill. $ abgeschrieben für Investitionen in den Hedgefonds York Capital. In Verbindung mit den Zusammenbruch des Hedgefonds Greenshill Capital werden Verluste von 3 Mrd. $! erwartet. Diese Summe entspricht den Netto-Einnahmen der Bank in 2020.

Das nächste Desaster für Credit Suisse ist Archegos. Die Verluste übersteigen womöglich 6 Mrd. $.

Jedenfalls ist ein solches Ausmaß an Verlusten nicht nur auf eine Pechsträhne zurückzuführen. Im Grunde geht es hier um Inkompetenz gepaart mit einer Form von Gier, die Erfolg individuell belohnt aber gleichzeitig die Bank und das System in Gefahr bringt.

Obgleich Credit Suisse in den letzten Jahren schon mehr als 20 Mrd. $ verloren hat, könnten sich in dieser einst so ehrwürdigen Schweizer Bank noch deutlich höhere Verluste verstecken. Alle Aussagen des Bankenmanagements haben kaum Aussagekraft, da scheinbar auch sie nicht über die tatsächliche Risikolage der Bank im Bilde sind. Ist die Credit Suisse also eine vorprogrammierte Katastrophe? Das wird sich erst noch zeigen. Ziemlich sicher ist zumindest, dass das Archegos & Credit Suisse-Desaster nur die Spitze des Eisbergs ist.

CS ist nur eine der Banken, die inakzeptabel hohe Geldsummen verlieren … Nomura, Morgan Stanley, Goldman Sachs und noch einige andere Zocker. Credit Suisse ist jedenfalls nicht die einzige Bank, die sich auf derart schamlose Zockerei einlässt. Das gesamte Bankwesen befindet sich in dieser Zwickmühle. Und aufgrund aller Verflechtungen im Bankensystem und der totalen gegenseitigen Abhängigkeit werden selbst gesunde Banken nicht überleben.


Banken konfrontiert mit Verlust-Schockwellen

Alle diese Kasinos, auch bekannt unter der Bezeichnung "Banken", bringen sich mit ihren tagtäglichen Wettaktivitäten selbst in Gefahr. In einem geordneten und kontrollierten Markt streichen sie enorme Geldsummen für sich ein. Wenn die Trendwende aber einsetzt, werden sie nicht mehr in der Lage sein, die Märkte zu ihrem Vorteil zu manipulieren. Dann werden schockwellenartige Verluste einsetzen.

Wenn Aktien- und Anleihemärkte gleichzeitig fallen, werden die Sicherheiten der Banken nicht einmal mehr Schnäppchenpreisniveau haben. Und auf diesem Weg werden die Derivatemärkte für immer verschwinden - oder zumindest für viele, viele Jahre.

Wer noch glaubt, dass die eigenen Vermögenswerte in einer Bank sicher sind, der sollte sich vielleicht noch einmal Gedanken machen. Ich meine damit nicht allein Geld, sondern auch alle Wertpapiere, die treuhänderisch von der Bank verwahrt werden. Unter Druck werden die Banken diese Wertpapiere als Sicherheiten für eigene Kredite einsetzen. Das ist schon häufig passiert - z.B. 2007-08.

Seine Vermögenswerte im Finanzsystem unterzubringen, ist in etwa so, als würde man sie auf eine Zeitbombe legen, die scharf ist und tickt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alles explodiert. Anschließend wird es sehr schwer fallen, noch irgendwas Wertvolles im Schutt zu finden.


Risiko jetzt höher als jemals zuvor in der Geschichte

Ich habe es schon so häufig gesagt und geschrieben: Ich bin kein Pessimist und auch kein Untergangsprophet. Ich analysiere lediglich Risiken und betrachte anschließend die potentiellen Folgen, wenn etwas schief geht. Meiner Einschätzung nach ist die aktuelle Risikolage verschärfter als jemals! zuvor. Und bitte glauben Sie nicht, dass das Problem durch noch mehr wertlose Schulden in Form von MMT, QE etc. gelöst werden kann. Allein die Explosion wird dadurch größer.

Wie in jeder Krise zuvor sind physisches Gold und Silber die besten Absicherungsformen. Glauben Sie nicht, dass es diesmal anders sein wird.


© Egon von Greyerz
Matterhorn Asset Management AG



Dieser Artikel wurde am 08. April 2021 auf www.goldswitzerland.com veröffentlicht.


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