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Die Abhängigkeit von der Inflationsdroge wird immer größer

27.08.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Hohe Inflation für lange Zeit - Beispiel Türkei

Abb. (a) zeigt den engen und positiven Verbund zwischen Geldmenge und Konsumgüterpreisen in der Türkei von 2007 bis Juli 2021. Es ist eine hübsche Illustration der ökonomischen Theorie, dass die Ausweitung der Geldmenge die Höhe der (Konsum-)Güterpreise bestimmt. In der gesamten Zeit betrug das Jahreswachstum der Geldmenge durchschnittlich 18,9 Prozent pro Jahr, das Jahreswachstum Konsumgüterpreise 10,0 Prozent.

Abb. (b) zeigt die Jahresinflation der Konsumgüterpreise. Wie zu erkennen ist, lag die Inflation bis etwa 2017 zwischen 5 und 10 Prozent. Das zeigt, dass die Inflation durchaus eine geraume Zeit recht hoch ausfallen kann - und 5, geschweige denn 10 Prozent Inflation pro Jahr sind gewaltig, setzen die Kaufkraft des Geldes bereits in relativ kurzer Zeit massiv herab -, ohne dass die Währung dabei untergehen muss.


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Quelle: Refinitiv; Berechnung Degussa. *Mrd. Türkische Lira (TKY).


Das Beispiel Türkei illustriert folglich eine beunruhigende Wahrheit: Die Inflation kann recht weit in die Höhe getrieben werden, ohne dass die inflationierte Währung sofort und unmittelbar unbrauchbar wird. So gesehen ist zu befürchten, dass die Zentralbanken in der westlichen Welt noch viel Spielraum mit ihrer Inflationspolitik besitzen, um beispielsweise das Staats- und Bankenschuldenproblem "aus der Welt" zu schaffen, also das Geld und die darin ausgewiesenen Schulden durch Inflation zu entwerten.

Ein entscheidendes Element dabei ist natürlich die Leidensfähigkeit, die Duldsamkeit der Bevölkerung. Wenn sie "stillhält", sich die Inflation gefallen lässt, haben es die Zentralbank und die sie beeinflussenden Sonderinteressengruppen besonders leicht, die Inflation für ihre Zwecke einzusetzen - auf Kosten und zu Lasten der breiten Bevölkerung.

Die türkische Inflationspolitik hat vor allem auch ein Opfer: den Außenwert der türkischen Lira (Abb. (c)). Musste man Anfang 2006 noch 1,3 türkische Lira für 1 US-Dollar zahlen, waren es im August 2021 bereits 8,5 türkische Lira. Eine katastrophale Entwicklung für alle Türken, die auf den Import von Auslandsgütern angewiesen sind. Leidtragende der Lira-Abwertung sind ebenfalls ausländische Investoren, die Güter in der Türkei erworben haben, und deren Preise nicht Schritt gehalten haben mit der Abwertung der Lira.

Abb. (d) zeigt die überaus dramatische Verteuerung des Goldes, ausgedrückt in türkischer Lira. Sie zeigt, dass das Gold sich für die Türken nicht nur als ein "sicherer Hafen" erwiesen hat, sondern dass auch seine Besitzer mehr als entschädigt wurden für die Entwertung der eigenen Währung nach innen und nach außen.

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Quelle: Refinitiv; Berechnung Degussa. *Januar 2006 = 1. Steigt (fällt) die Linie, wertet sich die Türkische Lira gegenüber dem US-Dollar auf (ab). **Januar 2006 = 1. Steigt (fällt) die Linie, verteuert (verbilligt) sich das Gold gemessen in Türkischer Lira.


Das falsche Spiel

Es gibt allerdings Grenzen für die Preisinflation. Dazu muss man zunächst wissen, dass die Inflation (also die Geldmengenvermehrung) politisch eingesetzt wird, weil sie im Kern so etwas wie eine Steuer darstellt: Derjenige, der neues Geld ausgibt beziehungsweise der es als erster in die Hände bekommt, ist der Begünstigte. Diejenigen, die das neue Geld erst zu einem späteren Zeitpunkt bekommen oder gar nichts von ihm abbekommen, sind die Geschädigten.

Allen voran der Staat und die von ihm begünstigten Sonderinteressensgruppen profitieren von der Ausgabe des neuen Geldes und auch von der Preisinflation (man denke an dieser Stelle nur einmal an die "kalte Progression", zu der die Inflation führt, wenn eine progressive Einkommenssteuer erhoben wird).


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