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Euro gegenüber USD weiter in Rekordlaune - Reflektionen über die Finanzkrise

21.09.2007  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.4090, nachdem im Handel in den USA Höchstkurse bei 1.4099 erreicht wurden. Der USD notiert aktuell gegenüber dem JPY bei 114.70. Zwischenzeitlich wurden Tiefstkurse bei 113.99 markiert.

Die gestrigen Veröffentlichungen aus den USA lieferten ein ambivalentes Bild. Schlussendlich konnten sie dem USD keine Unterstützung bieten.
  • Die Arbeitslosenerstanträge sind unerwartet von zuvor 320.000 auf 311.000 per 15. September 2007 gesunken. Analysten hatten einen Rückgang auf 319.000 unterstellt. Wir ordnen diese Entwicklung als übliche Wochenvolatilität ohne wesentliche Marktsignifikanz ein.

  • Die Frühindikatoren nach Berechnung des "Conference Board" sanken im August deutlich stärker um 0,6% als in der Konsensusprognose (-0,2%) erwartet. Gleichzeitig wurde der Vormonatswert von +0,4% auf +0,7% revidiert, so dass das aggregierte Ergebnis der Zweimonatsperiode Juli-August weitgehend im Einklang mit der Markterwartung stand.

  • Der "Philadelphia Fed Survey" legte per September von 0 auf 10,9 Punkte zu. Erwartet war ein Anstieg auf 2,3 Zähler. Die Subindices spiegelten diesen starken Anstieg nicht in entsprechendem Maße. So sank der Beschäftigungsindex von 21,2 auf 7,5 Punkte. Der Index, der Auskunft über die Wochenarbeitszeit gibt verlor von 13,1 auf 11,9 Punkte. Der Auftragsindex legte dagegen nachhaltig von 7,1 auf 15,1 Punkte zu, während der Auslieferungsindex sich von 12,4 auf 16,9 punkte verbesserte.

Derzeit ergeben sich erfreuliche Anzeichen einer Beruhigung in der globalen Finanzkrise. Die Inanspruchnahme des Diskontfensters ist in den USA seit letzter Woche von in der Spitze 7,15 Mrd. USD auf zuletzt 1,1 Mrd. USD per Mittwoch rückläufig und kann als Ausdruck einer leichten Normalisierung der Marktbedingungen interpretiert werden.

Wir freuen uns über die Atempause, die die Marktteilnehmer damit erhalten. Fraglos ist hier auch eine Kausalität zu der jüngsten US-Zinsentscheidung des Offenmarktausschuss zu sehen. Die Finanzmarktteilnehmer erkennen, dass die Zentralbankgemeinde auf G-7 Ebene bereit ist, subventionierend einzugreifen. Gleichwohl ist insbesondere die Zinssenkung eine finanzmarkttechnische Arznei, die der Psychologie auf die Sprünge helfen kann, sie kann aber nicht die gegebenen Qualitäts- und Mengenprobleme ganzer Assetklassen lösen.

Darüber hinaus übersehen manche Marktteilnehmer in der momentanen Entspannungsphase, dass die aktuelle Stabilität einer massiven ordnungspolitischen Intervention geschuldet ist. So hat insbesondere die Zentralbank in den USA die Rahmenbedingungen für die Refinanzierung in bisher ungekannter Weise gelockert. So weit mir bekannt ist, hat es massivere ordnungspolitische Eingriffe länderübergreifend in den letzten 30 Jahren nicht gegeben. Auf die üppigste Liquiditätszufuhr durch Zentralbanken im Rahmen von Repos außerhalb der Reihe auf globaler Ebene verzichte ich tief greifend einzugehen.

Mithin ist die aktuelle Marktverfassung interventionistischen Extremoperationen der Zentralbankszene geschuldet und unverändert weit von einer realen und nachhaltigen Normalisierung entfernt.

Fakt ist, dass die veränderte Risikowahrnehmung auf Vorstandsebene bei Banken und Finanzkonzernen nicht kurzfristig zur Disposition steht! Der "De-Leveraging" Prozess ist gerade erst eingeläutet. Das sollte in der aktuellen Marktverfassung nicht vernachlässigt werden.

Zentralbanken und Finanzministerien sollten darauf achten, dass eine kontinuierliche Vergabe von finanzmarkttechnischer Arznei unliebsame Abhängigkeiten mit sich bringen kann. Das "Moral Hazard" Thema ist aktueller denn je! Spekulativste und gierigste Marktteilnehmer (Return on equity von mehr als 20?) vor den Konsequenzen ihres Handelns zu bewahren, passt nicht in das ordnungspolitische Konzept freier Märkte. Wir hatten doch schon genug Greenspan, oder?

Heute steht lediglich die Veröffentlichung der Leistungsbilanzdaten der Eurozone per Juli auf der Agenda. Analysten unterstellen einen Aktivsaldo in Höhe von 3,5 Mrd. Euro nach zuvor 5,9 Mrd. Euro.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro weiter favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,3900-30 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank






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