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Habeck: Meinung versus Zahlen - US-Sondersteuern? - Fed Atlanta: GDP Now

03.06.2022  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0754 (05:47 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0651 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 129,76. In der Folge notiert EUR-JPY bei 139,54. EUR-CHF oszilliert bei 1,0297.

Die Finanzmärkte zeigten in den letzten Tagen Widerstandsfähigkeit. Der DAX markierte im späten Handel mit 14.604 Punkten das höchste Niveau seit Ende März 2022. Die Kapitalmarktzinsen zogen in Europa an. So legte die Rendite der 10 jährigen Bundesanleihe vom 30. Mai bis heute früh von circa 1,00% auf 1,23% zu, während in den USA Stabilität auf erhöhtem Niveau gegeben ist (10 Year US Treasury 2,92%). Gold und Silber konnten zuletzt an Boden gewinnen. Auch der EUR zeigt sich gegenüber dem USD widerstandsfähig. Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt die Ukraine-Krise, aus der sich die Verwerfungen in der globalen Wirtschaft speisen.


Habeck - Putin kann Wirtschaftsdruck nicht mehr lange durchhalten

Gestern meldete sich unser Wirtschaftsminister Habeck zu Wort. Russland würde wegen der Sanktionen wirtschaftlich bald am Ende sein. Zwar könne Präsident Putin die Armee möglicherweise über heimische Produkte wie Öl oder Weizen versorgen, die Wirtschaft des Landes bräche aber dramatisch ein. Putin könne das nicht mehr langedurchhalten.

Machen wir einen Faktencheck. Gestern wurden die Prognosen des Rückgang des russischen BIP von zuvor -9,2% auf -7,5% revidiert. Laut Analysten von Morgan Stanley droht der Ukraine im laufenden Jahr ein massiverer Konjunktureinbruch als bisher erwartet. Im Falle eines länger andauernden Konflikts könne die Wirtschaftsleistung um bis zu 60% kollabieren. Bisher liegt der Konsensus der Analysten bei einem Minus des BIP in Höhe von 39%.

Habeck führte aus, Russland könne sich von den Öl- oder Gas-Einnahmen wegen der Sanktionen faktisch nichts mehr kaufen. Auch der Handel mit neutralen oder gar prorussischen Ländern gehe deutlich zurück. Die Zeit arbeite nicht für Russland, sie arbeite gegen Russland. Das IW in Köln kam jüngst in einer Studie bezüglich des Handelszwischen China und Russland zu einem anderen Ergebnis. Ebenso stehen die Verlautbarungen aus Indien in einem diametralen Widerspruch zu den Äußerungen Habecks. Per März 2022 rückten die Energieimporte der USA aus Russland vom neunten auf den sechsten Platz vor.

Kommentar: Zahlen lügen zumeist nicht. "Food for thought!"


SA prüfen Sondersteuer für Öl–Konzerne

Wegen der hohen Energiepreise prüft die US-Regierung die Einführung einer Sondersteuer für Öl- und Gaskonzerne. Man will damit ärmere Bürger in den USA subventionieren.

Bharat Ramamurti, Vize-Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates, sagte, es gäbe eine Reihe von interessanten Vorschlägen und Gestaltungsmöglichkeiten für eine "Übergewinnsteuer". Man prüfe alles sorgfältig und führe Gespräche mit dem Kongress über die mögliche Ausgestaltung.

Großbritannien kündigte eine zusätzliche Gewinnsteuer von 25% auf die Profite von Öl- und Erdgasproduzenten an. Italien hatte im März eine Sondersteuer für Energiekonzerne eingeführt. Zunächst ist das aktuelle Preisniveau keine historische Anomalie. 2008 war der Preis noch deutlich höher und 2011 und 2012 oszillierte der Preis auf dem aktuellen Niveau. Seinerzeit gab es die aktuellen Begehrlichkeiten nicht.

Kommentar: Die Politik ist bezüglich Geopolitik für aktuelle Verwerfungen verantwortlich. Die finanziellen Konsequenzen der Politik sollen jetzt durch eine kleine Gruppe von Unternehmen und deren Anteilseigner getragen werden, obwohl das Preisniveau keine neuen historischen Marken durchbricht? Ist das regelbasiertes Verhalten oder opportunistische Politik, die die finanziellen Konsequenzen der Geopolitik verlagert?


Bundesbank - Regulierung der Digitalisierung

Die Bundesbank denkt wegen der zunehmenden Digitalisierung in der Finanzwirtschaft über die Schaffung einer neuen supranationalen Regulierungsinstanz nach. Laut Vorstandsmitglied Wuermeling kenne Digitalisierung keine Grenzen. Man müsse sich bei der Gestaltung der Regulierung über Ländergrenzen hinweg koordinieren. Er könne sich persönlich ein globales Forum ähnlich des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht vorstellen, das globale Spielregeln für digitale Innovationen festlegte.

Kommentar: Veränderungen in der Struktur der Finanzwirtschaft erfordern Veränderungen im Organigramm des hoheitlichen Managements der Finanzwirtschaft. Ein freier Wuchs der digitalen Finanzwirtschaft unterliefe die Ziele derer, die Aufsichtspflichten innehaben. Das ist eine Feststellung, keine Würdigung.


Fokus- US Wirtschaft: Es wird weniger rosig, vielleicht sogar dornig?

Die Federal Reserve Atlanta lieferte mit der neuesten Prognose ihrem GDP-Now Modell eine Portion Ernüchterung. Die Prognose wurde für das 2. Quartal 2022 von 1,9% auf 1,3% revidiert. Der Mainstream erwartet weiter eine Zunahme um knapp 3%

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Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Das Bild der Preisinflation ist bezüglich der Dynamik der Anstiege heterogen. Es lässt sich grundsätzlich feststellen, dass die Länder, die Russland sanktionieren, höhere Anstiege und damit Kaufkraft- als auch Wohlstandsverlust zu verzeichnen haben. Dabei gibt es Ausnahmen, beispielsweise die Schweiz (s.u.).


Eurozone: Erzeugerpreise mit einem neuen Rekord

Die Erzeugerpreise nahmen per Berichtsmonat April im Monatsvergleich um 1,2% (Prognose 2,3%) nach zuvor 5,3% zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein neuer Rekordanstieg um 37,2% (Prognose 38,5%) nach zuvor 36,9% (revidiert von 36,8%). In der Historie zurückgehend bis 1996 lag vor dem aktuellen Anstieg bedingt durch die Ukraine-Krise der Höchstwert bei 8,9% im Juli 2008.


Schweiz: Verbraucherpreise mild im Vergleich zur Eurozone

Die Verbraucherpreise legten in der Schweiz per Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich um 0,7% (Prognose 0,3%) nach zuvor 0,4% zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 2,9% (Prognose 2,6%) nach zuvor 2,5%.


USA: Überwiegend enttäuschend

Der ADP Beschäftigungsreport ernüchterte per Berichtsmonat Mai mit einem Anstieg von 128.000 Jobs. Die Prognose lag bei 300.000. Mehr noch wurde der Vormonatswert von 247.000 auf 202.000 neu geschaffene Stellen revidiert. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stellten sich in der Berichtswoche per 28. Mai auf 200.000 (Prognose 210.000) nach zuvor 211.000 (revidiert von 210.000). Die Produktivität sank per 1. Quartal gemäß Revision in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung um 7,3% (Prognose und vorläufiger Wert -7,5%). Die Lohnstückkosten stiegen im 1. Quartal in der annualisierten Fassung um 12,6% (Prognose und vorläufiger Wert 11,6%).

Der Auftragseingang der US-Industrie nahm per April im Monatsvergleich um 0,3% zu (Prognose 0,7%). Der Vormonatswert wurde von 2,2% auf 1,8% revidiert. Per Berichtsmonat Mai sank der Automobilabsatz (PKW und Trucks) in den USA (annualisierte Fassung) von zuvor 14,50 Mio. auf 12,68 Millionen Kraftfahrzeuge.


Ukraine: 15% Zinsanhebung

Die Zentralbank hat den Leitzins gestern von zuvor 10,0% auf 25,0% angehoben.


Russland: Devisenreserven legen zu

Die Devisenreserven legten in der Berichtswoche per 27. Mai von zuvor 583,4 auf 589,6 Mrd. USD zu.


Südkorea: CPI auf dem höchsten Niveau seit 2008, aber milde gegenüber USA und Eurozone

Die Verbraucherpreise nahmen im Jahresvergleich per Berichtsmonat Mai um 5,40% nach zuvor 4,80% zu. Das war der höchste Anstieg seit Juli 2008 (5,9%).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0870 - 1.0900 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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