Halten Sie dem Gold die Treue. Die Kaufkraft von US-Dollar, Euro & Co schwindet weiter
01.01.2023 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Was die Zukunft bringtGold hat einen langen, überzeugenden "Track Record": Das Gold ist seit je her auf das Engste mit der Menschheitsgeschichte verbunden. Insbesondere hat das Gold den Menschen immer wieder als Geld gedient. Das Wissen um die Geld- und Wertaufbewahrungsfunktion des Goldes ist in vielen Kulturkreisen der Welt nach wie vor tief verankert, manifestiert sich in einer trendmäßig steigenden Nachfrage vieler Menschen auf der Welt nach Gold zu Anlage- und Versicherungszwecken. Und genau dieses Motiv der Goldnachfrage wird jetzt sehr wahrscheinlich noch stärker als bisher in den Vordergrund rücken. Warum?
Es ist absehbar, dass das weltweite ungedeckte Geldsystem (ein Fiatgeldsystem) immer stärker in Schieflage gerät. Die gewaltige Verschuldung, für die es gesorgt hat - im dritten Quartal 2022 lag die globale Verschuldung bei 290 Billionen US-Dollar, das waren 343 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung -, lässt die politischen Anreize steigen, die (Hoch-)Inflation zur Staatsfinanzierung und Schuldenabbürdung immer stärker einzusetzen: Bei anhaltend niedrig gehaltenen Zinsen verharrt der Realzins (also Nominalzins abzüglich der Inflation) im Negativbereich und setzt die Kaufkraft des Geldes herab.
Doch damit nicht genug. Das Fiatgeldsystem sorgt auch für Krisen. Es verursacht Kapitalfehlallokation und Überkonsum. Das kann eine gewisse Zeit gut gehen, muss jedoch irgendwann in einer "Bereinigungskrise" enden. Und je länger die Korrektur der Fehlentwicklungen hinausgezögert wurde (durch eine "krisenbekämpfende" Geldpolitik oder durch staatliche Konjunkturstützung), desto größer und schwerer wird auch die Bereinigungskrise ausfallen. Spätestens dann gerät die Kaufkraft des Geldes besonders stark unter die Räder: Bei drohender Rezession in der Inflationspolitik üblicherweise die Politik des vergleichbar kleinsten Übels erblickt.
Auch wenn also die Goldnachfrage und damit der Goldpreis kurz- und mittelfristig sich meist nur schwer oder gar nicht prognostizieren lassen, so sollten die damit verbundenen Preisschwankungen des Goldes die Anleger nicht abschrecken. Vor allem nicht mit Blick auf die wachsenden Probleme im internationalen Fiatgeldsystems.
Das Halten von physischem Gold (und hier muss auch das Silber genannt werden) ist eine Möglichkeit für den Anleger und Investor, den drohenden Kaufkraftverlusten des Geldes und möglichen Zahlungsausfällen zu entgehen. Der Tauschwert von Gold und Silber lässt sich nicht durch geldpolitische Maßnahmen herabsetzen. Zudem tragen sie auch kein Zahlungsausfallrisiko - anders als Bank-einlagen oder Geldmarktfonds.
Rückgänge der Goldbestände bei ETFs/ETCs haben sich im Oktober fortgesetzt
Wie die untenstehende Graphik zeigt, sind die Goldbestände der ETFs/ETCs weltweit in den letzten Monaten weiter abgesunken. Am 31. Oktober 2022 beliefen sie sich auf 112,19 Millionen Feinunzen, das entsprach etwa 3.489,48 Tonnen. Damit lagen die Bestände um 10,3 Prozent unter dem jüngsten Höchststand von 125,03 Mio. Feinunzen (3.888,95 Tonnen) am 22. April 2022.
Quelle: WGC; Graphik Degussa.
Der Rückgang der ETF/-ETC-Goldbestände ist vermutlich vor allem durch die steigenden US-Zinsen zu erklären: Steigen die Zinsen, steigen die Opportunitätskosten der Goldhaltung. Investoren schränken ihre Goldnachfrage ein, und die Folge ist (ceteris paribus) ein Abwärtsdruck auf den Goldpreis. Die obige Graphik zeigt die enge, positive Verbindung zwischen dem Goldpreis und den Goldbeständen der ETFs/ETCs. Das wiederum führt zur Frage, ob die Zu- und Abflüsse der Gold-ETFs/-ETCs den Goldpreis bestimmen, oder ob es sich umgekehrt verhält (und ob diese Zusammenhänge zeitstabil sind)?
Das sind Fragen, die sich jedoch nicht einfach und zweifelsfrei beantworten lassen. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass Gold-ETFs/ETCs ganz offensichtlich von vielen Anlegern zusehends als Ersatz/Ergänzung der physischen Goldhaltung akzeptiert werden. Wir weisen allerdings darauf hin: Bei "Schönwetter" mag das so sein. Bei "Schlechtwetter" wird sich aber zeigen, dass Gold-ETFs/-ETCs und der unmittelbare Besitz von physischem Gold nicht das gleiche ist.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH