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USA belasten Aktienmärkte - Kongress: Fortgesetztes Debakel - IMK zu EZB - Villeroy

06.01.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0530 (05:48 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0516 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 133,85. In der Folge notiert EUR-JPY bei 140,96. EUR-CHF oszilliert bei 0,9856.


Finanzmarkt: USA belasten Aktienmärkte

Sowohl die US-Politik als auch US-Wirtschaftsdaten wirken der Risikobereitschaft an Finanzmärkten zuwider.

Das Polit-Debakel bei der Besetzung des Sprechers des Repräsentantenhauses belegt die kompromisslose Heterogenität sowohl der US-Gesellschaft als auch mittlerweile des politischen Körpers der USA. Die innere Stabilität der USA nimmt ab. Das wird auch außenpolitische Konsequenzen haben.

Aber auch der US-Eskalationsmodus im Ukraine-Konflikt, dem nun auch Paris und Berlin mit Panzerlieferungen folgen, wirkt negativ. Erinnert sei daran, dass man uns Bürger noch vor 10 Monaten beruhigte, dass nur defensive Waffen geliefert würden. Menschen, die nicht geschichtsvergessen sind (davon gibt es derzeit zu wenige), erinnern sich an den Vietnam-Krieg. Die Analogie dazu ist bemerkenswert, denn auch seinerzeit glaubte man, dass durch mehr Eskalation Ziele erreicht werden könnten. Das Gegenteil war der Fall.

Gute US-Wirtschaftsdaten, insbesondere gute US-Arbeitsmarktdaten (gestern ADP-Report), sind „Gift“ für Risikofreude an Märkten., weil sie sofort Zinsängste schüren.

Dieser Kontext erklärt, warum US-Aktienmärkte in den letzten Wochen gegenüber Europa und Asien an Boden verloren.

An den Kapitalmärkten war anders als an Aktienmärkten Seitwärtsbewegung nach den Renditerückgängen der Vortage angesagt. Ergo sieht man hier die US-Arbeitsmarktentwicklung als weniger belastend an. 10 jährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,29% (Vortag 2,28%) und 10 jährige US-Staatstitel bringen 3,71% (Vortag 3,71%).

Der USD konnte bezüglich der US-Arbeitsmarktdaten, aber auch wegen eines deutlich entspannten Handelsbilanzdefizits (siehe Datenpotpourri) an Boden gewinnen. Die Stärke des USD hinterließ gegenüber den edlen Metallen Spuren. Sowohl Gold als auch Silber gaben gegenüber dem USD ab.


Wahl des „Speakers“ fortgesetztes Debakel

Das US-Repräsentantenhaus hat die Wahl für einen neuen Vorsitzenden für die Kongress-Kammer auf Freitag verschoben. Der bisherige Fraktionschef McCarthy erhielt im elftenAnlauf keine Mehrheit. McCarthy sieht sich mit Widerstand aus der eigenen Partei konfrontiert. Sollte es McCarthy nicht gelingen, die Republikaner zu vereinen, müssten sie sich nach einer Alternative umsehen.

Kommentar: Grundsätzlich kann man dieses Debakel als Ausdruck der Spaltung in der US-Gesellschaft interpretieren. Zum Verständnis (danke für den Input von A.D.) ist es Ziel führend, zu berücksichtigen, dass die USA ein Zweiparteiensystem haben. Es wäre vergleichbar mit einem Block CDU/CSU/FDP/AFD auf der einen Seite und SPD/Grüne Linken auf der anderen Seite. Die aus einer derartigen Konstellation entstehenden Streitigkeiten werden bei uns durch Koalitionsverträge der Regierungsparteien beigelegt. In den USA sind es jedoch innerparteiliche Auseinandersetzungen, die dann auf Bundesstaatenebene (Nominierungen) oder in Washington ausgetragen werden. Genau das erleben wir unter den Republikanern. Das erklärt die Situation, die aber fraglos innen- als auch außenpolitisch prekär ist und bleibt.


Institut hält EZB-Kurs für überzogen - "Zinspolitischer Aktionismus"

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) kritisiert die Zinspolitik der EZB deutlich. Deren zügige Zinserhöhungen seien überzogen. Eine Fortsetzung dieses Kurses berge erhebliche Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, ohne die Ursache des starken Inflationsschubs entscheidend bekämpfen zu können. Eine Geldpolitik, die die Zügel zu straff anziehe, könnte die Erfolge des bisherigen Krisenmanagements infrage stellen, ohne ihr Ziel zu erreichen, denn gegen den Hauptgrund der hohen Inflation, stark erhöhte Energiepreise, sei die Notenbank mit Zinserhöhungen machtlos.

Kommentar: Auch wir haben darauf hingewiesen, dass die EZB nicht die exogenen Inflationstreiber neutralisieren kann. Es greift aber zu kurz, nur auf exogene Einflussfaktoren abzustellen. Der Inflationsdruck begann vor dem Beginn der Zinserhöhungsphase. Fakt ist und bleibt, dass die EZB hinter der Kurve war. Das erforderte zunächst "sportliche" Aktion.

Für eine Verfestigung der Inflation durch Preis-Lohn-Spiralen gebe es in der Eurozone keine überzeugenden Indizien.

Kommentar: Das ist in Ansätzen sowohl richtig als auch falsch, denn partiell sind Lohnforderungen im Dunstfeld von circa 10% als auch Lohnabschlüsse jenseits der Marke von 5% Ausdruck dieses Risikos. Die Nähe des IMK zu Gewerkschaften ist hier erkennbar.

Niemand hätte etwas davon, wenn durch zinspolitischen Aktionismus die Konjunktur noch stärker ausgebremst würde und die Stabilität auf dem Arbeitsmarkt verloren ginge.

Kommentar: Das ist richtig. Wenn neben dem Verarmungseffekt durch Inflation (Kaufkraft und Vermögen) auch noch nennenswerte Einschläge am Arbeitsmarkt folgen würden, wäre die Situation noch kritischer. Das gilt auch für die Grundlagen der Existenz der Eurozone.


EZB: Frankreichs Notenbankchef sieht Ende des Zinserhöhungszyklus

Notenbankchef Villeroy erwartet, dass die Leitzinsen im Sommer ihren Höchststand erreichen würden. Bei der Höhe wolle er sich nicht festlegen. Es gelte, pragmatisch zu sein und datenbasiert zu handeln. Er lehne einen „Fetischismus“ für mechanische Zinserhöhungen ab.

Kommentar: Villeroys Ansicht deckt sich mit meiner Einschätzung hinsichtlich des Zeitpunkts. "Ja" zu Pragmatismus - "Nein" zu Fetischismus! Die Zielgröße liegt voraussichtlich zwischen 3,00% - 3,50%


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Erzeugerpreise schwächer als erwartet, ansonsten nicht überzeugend Die Erzeugerpreise sanken per November im Monatsvergleich um 0,9% (Prognose -0,9%) nach zuvor -3,0% (revidiert von -2,9%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 27,1% (Prognose 27,5%) nach zuvor 30,5% (revidiert von 30,8%). Das war der geringste Anstieg seit Dezember 2021.

Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone für den Konsumsektor ging per Dezember von zuvor 43,6 auf 42,6 Zähler zurück und markierte den tiefsten Indexwert seit März 2020.

Deutschland: Die Handelsbilanz wies per November einen Überschuss in Höhe von 10,8 Mrd. EUR (Prognose 7,5 Mrd. EUR) nach zuvor 6,9 Mrd. EUR aus. Exporte sanken im Monatsvergleich um 0,3% (Prognose +0,2%) nach +0,8% (revidiert von -0,6%), während Importe um 3,3% fielen (Prognose -0,5%) nach zuvor -2,4% (revidiert von -3,7%).


USA: Gute Arbeitsmarktdaten, geringeres Handelsbilanzdefizit

Laut Challenger Report wurden per Dezember Entlassungen angekündigt, die 43.615 Jobs (Vorjahr 19.052) nach zuvor 76.835 (Vorjahr 14.875) betrafen.

Gemäß ADP-Beschäftigungsreport wurden per Dezember 235.000 Jobs in der Privatwirtschaft generiert (Prognose 150.000). Der Vormonatswert wurde von 127.000 auf 182.000 revidiert. Die Handelsbilanz wies per Berichtsmonat November ein Defizit in Höhe von 61,5 Mrd. USD (Prognose -73,0 Mrd. USD) nach zuvor -77,8 Mrd. USD (revidiert von -78,2 Mrd. USD) auf.

Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich per Berichtswoche 31. Dezember 2022 auf 204.000 (Prognose 225.000) nach zuvor 223.000 (revidiert von 225.000).

Der S&P PMI für den Dienstleistungssektor stellte sich gemäß finaler Berechnung per Dezember auf 44,7 Punkte (vorläufiger Wert 44,4). In der Folge ergab sich für den Composite Index ein Wert von 45,0 Punkten (vorläufiger Wert 44,6).


Japan: PMIs schwächer

Der von der Jibun Bank ermittelte Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors sank per Dezember von 51,7 auf 51,1 Zähler. In der Folge gab der Composite Index von 50,0 auf 49,7 Punkte nach.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das bei dem Währungspaar EUR/USD eine neutrale Haltung favorisiert.

Viel Erfolg


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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