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Die Eine-Billionen US-Dollar-Platinmünze und die Inflationisten

05.03.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die öffentlichen Schulden in den Vereinigten Staaten von Amerika belaufen sich mittlerweile auf 31,4 Billionen US-Dollar. Sie entsprechen damit etwa 120 Prozent des US-Bruttoinlandsproduktes – sind so hoch wie seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Und es reicht immer noch nicht mit den Schulden.

Um nicht zahlungsunfähig zu werden, muss bis Anfang Juni dieses Jahres die Schuldengrenze ("Debt ceiling") erhöht werden. Sie wurde vor mehr als 100 Jahren geschaffen, und seither wurde sie um mehr als 100 mal geändert beziehungsweise angehoben. Durch eine Erhöhung der Schuldengrenze können nur bereits bestehende Zahlungsverpflichtungen des US-Staates mit neuen Krediten finanziert werden, aber keine neuen Ausgaben.

Jetzt geht die Sorge in den Finanzmärkten um, US-Senat und Kongress könnten diesmal vielleicht keine Einigung für eine Erhöhung der Schuldengrenze finden. Wenn die US-Administration dann nicht die Ausgaben in ausreichendem Maße kürzt, dann stünde Amerika ein Zahlungsausfall ("Default") ins Haus. Eine solche Pleite würde vermutlich das weltweite US-Dollar zentrische Fiatgeldsystem sprichwörtlich explodieren lassen und die internationale Produktion und Beschäftigung gleich mit.

Um dem möglichen politischen Impasse zu umgehen, ist ein bereits altbekannter Vorschlag auf den Tisch gekommen: Im Jahr 2001 hat es eine Gesetzesänderung gegeben, wonach der US-Finanzminister, auf Geheiß des US-Präsidenten, Platinmünzen ausprägen darf, deren Nennwert nicht ausdrücklich begrenzt ist. Daher meinen nun einige "Experten", die US-Administration könne doch eine Platinmünze mit einem Nennwert von 1 Billionen (oder auch mehr) US-Dollar erzeugen.

Die kostbarste Münze der Menschheitsgeschichte wäre sodann in die US-Zentralbank (Federal Reserve) einzuzahlen, und dem US-Schatzamt würde ein entsprechender US-Dollar-Betrag auf seinem Bankkonto gutgeschrieben, und mit ihm könnten die offenen Rechnungen problemlos bezahlt werden, der Zahlungsausfall wäre abgewehrt. Es ist unmittelbar klar, um was es sich hier handelt: Zum einen ist es ein despotischer Schritt, der das "Königsrecht" des Parlaments, die Hoheit über das Budget, einschränkt, die Kontrolle der Parlamentarier über die Regierung aus der Hand gibt.

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Zum anderen handelt es sich um eine Geldschaffung aus dem Nichts. Um eine Art "Hubschraubergeld" ("Helicopter money"), das die US-Administration zwar nicht über der Bevölkerung in Form von Banknoten abwirft, das sie jedoch per Überweisung auf die Konten der von ihr begünstigten Bürger und Unternehmer schickt. Nun könnte man sagen: Im Grunde ist diese Form der Geldmengenvermehrung gar nicht so anders als der Aufkauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank. Auch hier wird ja neues Geld aus dem Nichts erzeugt – und gleiches wäre der Fall, wenn die Zentralbank eine Platinmünze mit einem astronomischen Nennwert monetisiert. Doch es gibt einen wichtigen Unterschied.

Solange die Zwischenschaltung des Kreditmarktes erforderlich ist, damit der Staat an neues Geld gelangt, ist immer auch die Gefahr latent, dass die Investoren ihr Vertrauen in den Staatskredit verlieren. Um das zu verhindern, halten nicht nur in den USA, sondern in allen großen Währungsräumen die staatlichen Zentralbanken die Zinsen künstlich tief, damit den Staaten ihre Kreditkosten nicht davonlaufen. Dazu senken die Geldbehörden die Kurzfristzinsen und damit auch die Langfristzinsen im Zeitablauf immer weiter ab; und/oder sie kaufen Staatsanleihen auf, so dass deren Kurse steigen und Renditen fallen.

(Auf diese Weise war es beispielsweise möglich, die durchschnittlichen Kreditkosten der US-Staatsschulden in den letzten Jahren auf nur noch 1,5 Prozent herunterzuschleusen.)

Gleichzeitig wird der Schein gewahrt, die Staaten unterstünden der Disziplin der Märkte, der rigorosen Kreditbeurteilung privater Anleger. Und das Banken- und Finanzsystem reibt sich die Hände: Man verdient prächtig daran, immer neue Staatsanleihen zu platzieren, sie zu handeln, sie an Investoren und Zentralbanken zu verkaufen.

Wenn die US-Zentralbank jedoch fortan neues Geld "einfach so" erzeugt, also etwa durch die Monetisierung einer Münze (zu einem Mondpreis), und zwar immer dann, wenn es aus tagespolitischer Sicht genehm ist, dann kann zwar der "lästige" Kreditmarkt umgangen werden (was "Wall Street" natürlich gar nicht gut finden würde).

Doch das folgende Problem entsteht dadurch: Die Zentralbank muss – solange nicht alle Staatsschulden getilgt sind beziehungsweise neue ausgegeben werden – weiter Staatsanleihen kaufen, um die Zinsen niedrig zu halten. Das führt zu einer Ausweitung der Geldmenge. Zusammen mit der Münzmonetisierung würde das Ganze hochgradig inflationär, würde absehbar die Kaufkraft des Geldes noch stärker absenken.

Ist es da tröstlich, dass US-Finanzministerium Janet Yellen verlauten ließ, die Ausgabe einer US-Dollar-Platinmünze mit einem Nennwert von einer Billion (englisch: Trillion) sei nur eine "lustige Zugabe" (ein "Gimmick"), eine Idee, die man nicht weiterverfolgen sollte?

Nein, denn das eigentliche Problem ist nicht die Frage, mit welchen besonderen Tricks sich die Geldmenge in der Volkswirtschaft ausweiten lässt, sondern die allgemeine Akzeptanz des ungedeckten Geldsystems. Mit seiner unablässigen Geldmengenvermehrung ist es in höchstem Maße "sozial" ungerecht, ebnet den Weg zum allmächtigen Staat, manövriert die Volkswirtschaften in eine Überschuldungssituation, in der irgendwann – weil die finanzielle Bedrängnis so groß geworden ist – das hemmungslose Ausweiten der Geldmenge von Regierenden und Regierten als die Politik des vergleichbar kleinsten Übels angesehen wird.

Die Idee, eine 1 Billionen US-Dollar-Platinmünze auszugeben, entspringt eben dieser Geisteshaltung, die sich als Inflationismus im fortgeschrittenen Stadium bezeichnen lässt. Es geht den Inflationisten nicht nur darum, die Geldmenge nach Belieben und vor allem immer weiter auszudehnen, um das Gewünschte, was es auch sei, zu finanzieren. Ihnen ist auch kein Vorschlag zu regellos, zu absurd, um das Ausweiten der Geldmenge zu (schein-)legitimieren.

In ihrem Windschatten segeln die radikalen Umstürzler, die wissen, dass die Geldwertzerstörung Kräfte erzeugt, die die freie Wirtschaft und Gesellschaft (beziehungsweise was von ihr noch übrig ist) hinwegfegen und – durch die wirtschaftliche und moralische Zerstörung, die die Inflation bewirkt – sehr wahrscheinlich so etwas wie eine sozialistische Tyrannei herbeiführen. Den Vorschlag, eine 1 Billionen US-Dollar-Platinmünze auszugeben, sollte man daher als Menetekel interpretieren.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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