Bitcoin – Wechselbad der Gefühle an kritischer Unterstützung
04.09.2023 | Florian Grummes
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Der US-Arbeitsmarkt verlangsamt sich weiter. Laut dem neuesten US-Arbeitsmarktbericht ist die Arbeitslosenquote im August sprunghaft auf 3,8% angestiegen. Gleichzeitig legte die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft in den USA mit einem Plus von 187.000 etwas mehr als erwartet zu. Wie immer wurden die Stellenzuwächse für die vorhergehenden Monate Juni und Juli deutlich nach unten revidiert. Ein mittlerweile bekanntes und durchschaubares Spiel der Regierungsstatistiker, welches die Glaubwürdigkeit der Arbeitsmarktberichte zunehmend in Frage stellt.Insgesamt dürfte es für die FED jedenfalls schwer werden, die Zinsen weiter zu erhöhen. Obwohl die US-Notenbank mit ihren brutalen Zinserhöhungen einen gewissen Erfolg bei der Bekämpfung der hohen Inflation verbuchen kann, ist die offizielle Inflationsrate in den USA mit 3,2% immer noch zu hoch. Im Gegensatz zu China und Deutschland hat sich die amerikanische Wirtschaft bislang aber halbwegs robust gegenüber dem Entzug des billigen Geldes gezeigt. Typischerweise setzen die Folgen der restriktiven Geldpolitik jedoch erst mit einer deutlichen Verzögerung von ca. 12 bis 20 Monaten ein.
US-Gewerbeimmobilien in Notlage vom 30. April 2023. Quelle MSCI
Während der US-Immobilienmarkt aufgrund der hohen Zinsen ähnlich wie in Deutschland vielerorts mittlerweile in eine Art Schockstarre verfallen ist, nehmen die Verwerfungen bei den US-Gewerbeimmobilien weiter zu. So sind die Preise für amerikanische Büro- und Gewerbeimmobilien nach Angaben des Immobilienforschungsunternehmens Green Street seit ihrem Höchststand im März 2022 im Durchschnitt bereits um 16% gefallen. Anders als in der Finanzkrise 2008, als ein Mangel an Krediten den Wert aller Immobilien beeinträchtigte, hat der aktuell Abschwung einige Arten von Immobilien viel härter als andere getroffen.
Zwar sind Zwangsversteigerungen immer noch selten, der Gesamtwert in Not bzw. in Zahlungsverzug oder bereits unter Sonderverwaltung geratener US-Immobilien stieg bereits per Ende April auf fast 72 Mrd. USD und dürfte seitdem deutlich zugelegt haben. Einschließlich der gefährdeten Immobilien ist der Pool der potenziell gefährdeten Vermögenswerte mehr als doppelt so hoch.
KBW-Bankenindex vom 31. August 2023. Quelle: Holger Zschaepitz
Für die US-Regionalbanken stellen diese Gewerbeimmobilien ein hohes Risiko dar, denn ihr Engagement ist dramatisch höher als das der Großbanken von der Wallstreet. Fünf Monate nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank sowie der Signature Bank fiel der KBW-Bankenindex im August allerdings wieder deutlich. Schlechtester Performer unter den Bankaktien war die Citigroup mit -13,4%.
Eine Rezession bzw. eine harte Landung der Weltwirtschaft bleibt angesichts dieser Ausgangslage die logische Konsequenz. Wann genau der Offenbarungseid der Notenbanker kommen wird, lässt sich zeitlich allerdings nur schwer prognostizieren. Höchstwahrscheinlich aber innerhalb der kommenden sechs Monate. Die dann notwendig werdenden Liquiditätsmaßnahmen werden alles bisher dagewesen übersteigen und nicht nur die Edelmetallpreise in ganz neue Höhe katapultieren, sondern auch dem Bitcoin neues Leben einhauchen.
Solange allerdings nicht zumindest einer der beantragten Bitcoin-Spot-ETFs zugelassen wird, dürfte der Bitcoin vermutlich zunächst eher unter Druck bzw. schwach bleiben. Ein zweites Standbein im Bereich 15.000 bis 20.000 USD wäre denkbar, bevor das nächste Halving im April 2024 für einen Angebotsschock sorgen könnte.
7. Fazit: Bitcoin – Wechselbad der Gefühle an kritischer Unterstützung
Mit einem Anstieg von über 100% in rund sechs Monaten stellte der Bitcoin auch im Jahr 2023 mal wieder alle anderen Assetklassen in den Schatten. Seit dem Jahreshoch bei 31.818 USD hat sich die Lage in den letzten sechs Wochen allerdings deutlich eingetrübt, denn es haben sich zahlreiche Verkaufssignale eingeschlichen.
Damit fällt die Erholung seit dem Tiefpunkt im November angesichts der Abschläge vom Allzeithoch bei 69.000 USD doch sehr überschaubar aus. Das 38,2%-Retracement bei 35.924 USD konnte bislang nicht erreicht werden. Mit dem Bruch der Unterstützung um 29.000 USD sowie dem klaren Unterschreiten der 200-Tagelinie (27.542 USD) befindet sich der Bitcoin nun klar in der unteren Hälfte seines Aufwärtstrendkanals. Die kritische Unterstützung um 26.000 USD weicht zunehmend auf.
Angesichts der äußerst statistisch ungünstigen Septemberwochen müssen wir von einer Fortsetzung der Korrektur in Richtung 24.500 und 22.000 USD ausgehen. An der Unterkante des Aufwärtstrendkanals könnte es dann ab Mitte Oktober zu einer Bodenbildung und dem Beginn einer Erholung kommen.
© Florian Grummes
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