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Naher Osten Hypothek für Weltpolitik, Weltwirtschaft und Finanzmärkte?

09.10.2023  |  Folker Hellmeyer
Wahlen mit Implikation für Berlin: „Regierung ohne Volk“ - Deutschlands öffentliche Verschuldung nimmt zu

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0562 (03:59 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0484 im europäischen/US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 149,14. In der Folge notiert EUR-JPY bei 157,54. EUR-CHF oszilliert bei 0,9606.


Märkte: Freundlicher Wochenausklang, unfreundlicher Wochenstart?

Der Wochenausklang verlief freundlich, der Markt rang sich zu leichter Risikofreude durch. Der US-Arbeitsmarktbericht fiel auf ersten Blick bezüglich neu geschaffener Stellen quantitativ deutlich besser als erwartet aus (Thema Zinsängste), die Qualität ließ jedoch zu wünschen übrig (siehe Datenpotpourri). Der Wochenstart ist von Geopolitik bezüglich der Situation im Nahen Osten belastet (siehe unten).

Für die Weltwirtschaft und den Finanzmarkt ist es entscheidend, ob es ein lokaler Konflikt bleibt oder sich der Konflikt im Nahen Osten ausdehnt. Die Wahlen in Hessen und Bayern haben keine signifikanten Einfluss, jedoch innenpolitische Signifikanz. Die Aktienmärkte lieferten im Wochenvergleich (Freitagsschlusskurse) ein durchwachsenes Bild. Der DAX verlor circa 1%, der EUROSTOXX 50 war kaum verändert, gleiches gilt für den Dow Jones, während der S%P 500 circa 0,5% zulegen konnte.

An den Rentenmärkten zeigt sich weiter Zinsversteifung. Im Wochenverlauf wurden Höchstrenditen der 10 jährigen Staatsanleihen in den USA bei 4,88% markiert. Aktuell stellt sich die Rendite auf 4,74% (Vorwoche 4,61%). 10 jährige Bundesanleihen werfen heute früh eine Rendite in Höhe von 2,90% ab. Die Höchstrendite in der abgelaufenen Woche lag bei 3,02% (Vorwoche Eröffnung bei 2,85%).

Der EUR zeigt sich im Wochenvergleich stabil. Letzte Woche lag die Eröffnung bei 1,0570, heute bei 1,0562. Im Verlauf der Woche wurden Tiefstkurse bei 1,0449 markiert. Die Höchstkurse lagen bei 1,0596. Die Erholung im Wochenverlauf hatte keine fundamentale Unterfütterung (Technik).

Die Edelmetalle standen im Wochenverlauf zunächst unter Druck. So sank Gold von einer Eröffnung letzter Woche bei 1844 USD auf bis zu 1812 USD, um dann diese Woche im Zuge der geopolitischen Verwerfungen im Nahen Osten bei 1852 USD zu eröffnen.

Für Silber ergibt sich ein ähnliches, aber volatileres Bild. Hier lag die Eröffnung letzte Woche bei 21,86 USD, um dann bis zu 20,71 USD zu fallen . Die Eröffnung heute früh liegt nahezu unverändert zu dem Wochenstart letzter Woche bei 21,85 USD.

Fazit: Der Fokus liegt diese Woche auf der Krisenentwicklung im Nahen Osten.


Ist der Nahe Osten die nächste Hypothek für Weltpolitik, Weltwirtschaft und Finanzmärkte

Der unerwartete umfassende militärische Angriff der Hamas auf Israel bringt die ganze Region in ein Ungleichgewicht. Im Hinblick auf die gewichtige geopolitische als auch geowirtschaftliche Bedeutung der Region des Nahen Ostens läuft die internationale Diplomatie auf Hochtouren, um eine Konfliktausweitung zu verhindern.

Kommentar: Ich begrüße die diplomatischen Bemühungen. Dieser seit 1948 schwelende Konflikt um den Status Palästinas hat einen weiteren Eskalationspunkt mit der Aggression der Hamas erreicht. Sowohl für das Schicksal der Region als auch der Folgen für den Rest der Welt ist es von hoher Bedeutung, dass die jetzt anlaufende Diplomatie zu einer zügigen Befriedung der Region führt.

Mehr noch ist es von hoher Bedeutung, eine nachhaltige Lösung für alle Beteiligten zu finden. Dieses Ziel wurde seit 1948 verfehlt (vor 1921 Teil des Osmanischen Reiches, 1921-1948 Palästina britisches Mandatsgebiet, 1988 als Staat ausgerufen, 1994 Einrichtung palästinensischer Autonomiegebiete, 2012 UN-Resolution 67/19 Aufwertung Palästinas zum Beobachterstaat in den Vereinten Nationen). Sollte sich der Konflikt ausweiten, ergäben sich für die Weltwirtschaft als auch die Weltfinanzmärkte Belastungen, die in ihrer Tragweite noch nicht messbar sind. Wieviel geopolitische Krisen verträgt diese Welt?



Wahlen in Bayern und Hessen – Implikation für Berlin "Eine Regierung ohne Volk"

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Freie Wähler in Bayern: 15,8%

Kommentar: Die Wahlen schaffen Fakten. Es gibt eine Mehrheit jenseits der Ampelparteien. Die Parteien der Ampel verloren in Bayern 6,6% und in Hessen 12,2% gegenüber der letzten Landtagswahl. Gekoppelt mit den Meinungsumfragen erlaubt sich die Feststellung, dass die Ampel-Regierung in Berlin eine Regierung ohne Volk ist (Zustimmungswerte um 20%). Die Forderung seitens des Souveräns mahnt eine Neuausrichtung der Politik an. Wird sie geliefert?


Deutschlands öffentliche Verschuldung nimmt zu

In Deutschland hat sich die Verschuldung im öffentlichen Gesamthaushalt während der 1. Jahreshälfte 2023 im Jahresvergleich mehr als verdoppelt. Insgesamt schlossen Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung das 1. Halbjahr mit einem Defizit von 76,1 Mrd. EUR ab (Vorjahr 32,9 Mrd. EUR). Während die Ausgaben mit rund 11% stiegen, nahmen die Einnahmen um circa 6% zu. Die Haushalte der Länder waren mit einem Defizit in Höhe von 0,1 Mrd. EUR knapp ausgeglichen. Auf Ebene der Gemeinden lag die Verschuldung bei 7,3 Mrd. EUR, während der Bund mit einem Defizit von 64,2 Mrd. EUR den größten Teil trug.

Kommentar: Im Hinblick auf die Konjunkturverfassung ist diese Entwicklung nicht erstaunlich, sondern sie war zu erwarten (Unternehmen/Kapitalstock Basis aller Einkommen).

Auch schlugen sich die gestiegenen Zinsen für Kredite und Darlehen vor allem auf Bundesebene nieder. Der Zinsaufwand des Bundes steigerte sich um 411,5% gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 29,3 Mrd. EUR.

Kommentar: Das wirft Fragen auf. Hat die Bundesschuldenverwaltung die Duration der Staatsverschuldung auf zu kurzfristigem Niveau refinanziert. Hat man die historische Anomalie des Negativzinses nicht ansatzweise für eine historisch betrachtet lange Duration genutzt? Falls das wie ein Vorwurf klingt, ja, es ist ein Vorwurf, denn wer historische Anomalien (Chancen) nicht zu Gunsten der "Res Publica" nutzt, agiert nicht professionell!


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Deutscher Auftragseingang setzt positiven Akzent

Deutschland: Der Auftragseingang der deutschen Industrie nahm per August im Monatsvergleich um 3,9% (Prognose 1,8%) nach zuvor -11,3% (revidiert von -11,7%) zu.


USA: Arbeitsmarktbericht liefert zwei Interpretationsmöglichkeiten

Auf ersten Blick war der US-Arbeitsmarktbericht bezüglich der "Nonfarm Payrolls" unerwartet stark. Das gilt auch für die Revision der Daten des Vormonats. Alle übrigen Daten lagen an oder nahe an den Konsensuswerten.

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Der zweite Blick offeriert Fissuren im Hinblick auf die Qualität der Jobs. So nahm die Zahl der Vollbeschäftigten unbereinigt per September um 885.000 auf den niedrigsten Stand seit Februar 2023 ab. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten stieg unbereinigt um 1.127.000 und markierte den höchsten Stand seit Januar 2023. Es geht nicht nur um die Zahl der Jobs bei der Einwertung für die Wirtschaft, sondern auch um die dahinterstehenden Lohnsummen, die regelmäßig bei Vollzeitbeschäftigten höher sind.

US-Verbraucherkredite sanken unerwartet per August um 15,63 Mrd. USD (Prognose +11,7 Mrd. USD) nach zuvor +10,99 Mrd. USD (revidiert von +10,40 Mrd. USD). In den letzten 10 Jahren kam es nur sechsmal zu einer Reduktion der Verbraucherkredite (01/2021 -1,31 Mrd. USD, 08/2020 -7,22 Mrd. USD, 05/2020 -18,28 Mrd. USD, 04/2020 -68,78 Mrd. USD, 03/2020 -12,04 Mrd. USD). Maßgeblich waren die Rückgänge mit den Corona-Hilfsmaßnahmen der US-Regierung korreliert. Diese Entwicklung wirft Fragen über die Kreditverfügbarkeit für breite Massen (u.a. Aspekt Bonität) auf, sofern sich diese Tendenz fortsetzen sollte.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.0920 – 1.0950 negiert das für den USD positive Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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