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Kein "free lunch" mehr: Was folgt dem Dollarstandard?

27.12.2023  |  Dimitri Speck
- Seite 4 -
Was werden ausländische Zentralbanken erwerben, wenn sie zunehmend US-Dollar meiden und den Dollaranteil bei den Reserven reduzieren? Zum Teil könnten das andere Währungen wie Euro, Yen oder Yuan sein. Diese repräsentieren aber stark verschuldete Volkswirtschaften und sind daher ebenfalls durch Inflation gefährdet. Daher dürfte sich ein Prozess beschleunigen, der bereits begonnen hat: Ausländische Zentralbanken werden mehr Gold kaufen.

Gold hat kein Gegenparteirisiko, es kann – sofern im Inland gelagert – nicht eingefroren oder für wertlos erklärt werden, und es besitzt kein Entwertungsrisiko durch Inflation. Daher war es ja auch viele Jahrhunderte lang die wichtigste Reserve von Staaten. Gold ist im Unterschied zu anderen Sachwertanlagen zudem liquide und kann gut beliehen werden, falls einmal Devisen benötigt werden.

Daher dürften die Zentralbanken noch viele Jahre lang den Anteil des Goldes an ihren Reserven erhöhen. Dieser Prozess wird sich beschleunigen, sollte insbesondere beim US-Dollar eine Inflation einsetzen. Die daraus resultierende Nachfrage dürfte dem Goldpreis einen zusätzlichen Antrieb geben – und damit weitere Zentralbankkäufe ermöglichen und zugleich veranlassen.


Die Zukunft des internationalen Finanzsystems

Das Problem des Dollarstandards ist die überproportionale Gewichtung des US-Dollar als Währungsreserve, bei anderen Kassen und beim Handel. Dieses Dollar-Privileg führt zu einem Wohlstandsgewinn der USA, dem ein Wohlstandsverlust bei den übrigen Ländern gegenüber steht, die unter einem entsprechenden Währungs-Nachteil leiden.

Damit es bei keinem Land – einschließlich der führenden Nation – zu einem dauerhaften Außendefizit kommt, müssen "lediglich" die Proportionen gewahrt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, darf es also in einem System ungedeckter Währungen letztlich keine Weltleitwährung geben. Vielmehr müssen die Anteile bei Währungsreserven und in der den übrigen Bereichen der Wirtschaft weltweit gesehen ungefähr den Gewichten an der Weltwirtschaft entsprechen. Während bei den Währungsreserven die Umsetzung relativ einfach ist, ist die Angelegenheit beispielsweise beim Handel schwerer.

So haben sich beispielsweise bisher Währungskörbe kaum durchgesetzt – sie sind dennoch eine mögliche Option für die Zukunft. Eine weitere Option sind bilaterale Verträge, die auf die Währung des einen oder anderen Vertragslandes lauten, oder auf einen dritten, der nicht wie die USA dominiert. Theoretisch können Verträge zwischen Länder auch auf Rohstoffe, Edelmetalle, Rohstoffkörbe und gemischte Währungs-/Rohstoff-Körbe.

Was sich hier am Ende durchsetzen wird, ist weitgehend offen. Es gibt außerhalb des Systems mit dem Dollar als Weltleitwährung und seinen Ungleichgewichten keine Erfahrung im ungedeckten Währungssystem.


Kann eine Goldwährung derzeit eine Lösung bieten?

In den vergangenen Monaten wurde im Anschluss eines Twitter-Tweeds der russischen Botschaft in Kenia in vielen Beiträgen darüber spekuliert, ob die BRICS-Staaten eine goldgedeckte Handelswährung einführen würden (was dann bei ihrem Treffen Ende August 2023 nicht geschah).

Eine Bindung von internationalen Verträgen an Gold beziehungsweise eine goldgedeckte Währung wäre zum jetzigen Goldpreis aber suboptimal. Die Verträge würden auf eine Einheit lauten, die ähnlich wie in den 1970er-Jahren stark steigen könnte – was angesichts des hochverschuldeten Zustands des Finanzsystems auch nicht unwahrscheinlich ist. Die Erfüllung der Kontrakte würde dann einen Werttransfer zur Folge haben, der mit der wirtschaftlichen Leistung der Vertragspartner wenig zu tun hätte und der sich von der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Länder entkoppelt hätte.

Nur wenn der Goldpreis auf deutlich höherem Niveau steht – was mindestens ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen wird –, so dass der Wert allen Goldes relativ zur Weltwirtschaft wieder ausreichend hoch ist, käme eine vollständige Golddeckung überhaupt erst in Frage.

Dass Gold zum Ausgleich von Außendefiziten herangezogen werden wird, ist hingegen durchaus möglich und auch für die nähere Zukunft gar nicht mal so unwahrscheinlich. In Ermangelung eines Goldstandards würde dies aber – wie bereits bei den USA in den vergangen Jahrzehnten – nicht ökonomisch gegen Außendefizite wirken. Der Zweck einer solchen Zahlung wäre lediglich eine Vertragsbegleichung mit einem staatenfreien, nicht inflationierbaren und nicht ausfallgefährdeten Zahlungsmittel.


Plädoyer für ausgeglichene Außenbilanzen

Ausgeglichene Leistungsbilanzen sind nicht nur zur Krisenvermeidung wie bei der Asien- oder Eurokrise wichtig. Vielmehr sollten wegen der Deindustrialisierung und der Wohlstandsverteilung Gleichgewichte auch im Kontext des Themas Währungs-Privileg angestrebt werden. Hinzu kommt ein Krisenrisiko am Ende eines Währungs-Privilegs, auch wenn wir derzeit noch nicht wissen, wie schwer die Anpassungskrise werden wird, wenn der Dollar sein Privileg verliert.

Die Vermeidung zu hoher Anteile einer Währung relativ zu ihrer wirtschaftlichen Bedeutung bei Zentralbankreserven, bei sonstigen Kassen und im Handel ist hier die primäre Maßnahme im System ungedeckter Währungen. Sie ergänzt das System flexibler Wechselkurse zur Vermeidung langanhaltender Außendefizite.

Da dies in den vergangenen Jahrzehnten nicht beachtet wurde, drohen die Ungleichgewichte in der Außenwirtschaft und die hohe US-Auslandsverschuldung in einer starken Inflation zu münden. Sie sind aber nur ein Teilproblem der übergeordneten Problematik des global hohen Schuldenstandes, die sich ebenfalls in Richtung Inflation zu entwickeln droht.

Gut beraten in diesen wackeligen Zeiten dürfte sein, wer sich einen kleinen Edelmetallvorrat zulegt.


© Dimitri Speck
www.seasonax.com



Dimitri Speck entwickelt für den Assetmanager Staedel Hanseatic Handelsstrategien. Einen weiteren Themenschwerpunkt seiner Arbeit bilden Gold und Rohstoffe. Er ist Herausgeber der Website www.SeasonalCharts.de, auf der über hundert saisonale Charts gezeigt werden. Im Finanzbuchverlag ist sein Buch "Geheime Goldpolitik" erschienen.

Hinweis Redaktion: Dimitri Speck war Referent auf unserer neuen Veranstaltung "Forum ONE", die die "Internationale Edelmetall- und Rohstoffmesse" nach 18 Jahren ablöst. Einen kurzen Rückblick auf das Event vom November finden Sie hier. Das Begleitheft "Edelmetall- & Rohstoffmagazin 2023/24" können Sie hier bestellen.


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