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Hoppla, verschärfte Geldmarktkrise erfordert massive Zentralbankaktivität …

13.12.2007  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.4710, nachdem gestern kurzzeitig Höchstkurse im europäischen Geschäft bei 1.4750 markiert wurden. Der USD konnte gegenüber dem JPY an Boden gewinnen und notiert aktuell bei 111.75. Höchstkurse wurden zwischenzeitlich bei 112.41 erreicht.

Bevor wir uns mit dem wesentlichen Thema der jüngsten Zentralbankaktivität auseinandersetzen, liefern wir zunächst die Ergebnisse der gestrigen Veröffentlichungen, die allesamt keinen den Markt bewegenden Einfluss generierten:
  • Die Industrieproduktion der Eurozone legte per Oktober um 0,4% zu. Erwartet war ein Anstieg um 0,3%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 3,8%.
  • Die US-Importpreise per November stiegen im Monatsvergleich um 2,7% an. Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 11,4% nach zuvor 9,0%.
  • Das US-Handelsbilanzdefizit stellte sich per Oktober auf 57,8 Mrd. USD (Prognose 57,2 Mrd. USD). Der Vormonatswert wurde von -56,45 Mrd. USD auf -57,11 Mrd. USD
    revidiert.
  • Das "Federal Budget" (Teilmenge des Gesamtbudgets) wies per November ein Defizit in Höhe von 98,23 Mrd. USD aus. Erwartet war ein Fehlbetrag in Höhe von 85,0 Mrd. USD. Der Vorjahreswert lag bei 73,04 Mrd. USD.

Insgesamt waren die Daten sachlich nicht geeignet, ob im Hinblick auf Inflationsdruck oder Defizite positive Signale für den USD zu setzen.

Das Notfallpaket der Zentralbanken unter maßgeblicher Beteiligung der US-Zentralbank als auch der EZB, der BoE, der SNB und BoC verbessert die Liquiditätslage am nationalen US-Geldmarkt als auch den Zugang zu USD Liquidität für ausländische Banken. Damit kommen die Zentralbanken ihrem Auftrag nach, die Funktionsfähigkeit der Geldmärkte aufrecht zu erhalten. Das Paket besteht aus zwei Teilen. Zunächst wird eine temporäre TAF (Term Auction Facility) auf Beschluss des "Board of Governors" etabliert. Hier können „Depository Institutions“, die eine einwandfreie Bonität vorweisen können, Liquidität erhalten gegen Einlieferung von Sicherheiten gemäß den Anforderungen für das Diskontfenster. Mit dieser Maßnahme kann einer breiteren Schicht im Bankenumfeld Liquidität zur Verfügung gestellt werden, als durch die gewöhnlichen Offenmarktgeschäfte. Geplant sind zunächst 2 Auktionen per Dezember mit einem Volumen von jeweils 20 Mrd. USD und Laufzeiten von 28 und 35 Tagen.

Der zweite Teil des Notfallpakets beinhaltet Devisenswapvereinbarungen der Fed auf Beschluss des Offenmarktausschusses mit der EZB (20 Mrd. USD), der SNB (4 Mrd. USD) der BoE und der BoC. Heir wird ausländischen Instituten erleichterter Zugang zu USD-Liquidität verschafft, nachdem beispielsweise der „Commercial Paper“ Markt in wesentlichen Teilen nicht mehr funktionsfähig ist und auch in anderen Teilen des Geldmarkts Probleme der Liquiditätsbeschaffung für ausländische Finanzinstitutionen virulent sind.

Unmissverständlich hat sich der britische Finanzminister Darling zu dem Maßnahmenpaket geäußert:
  • Die Maßnahmen waren notwendig, um die Spannungen am Geldmarkt zu entschärfen.
  • Zentralbanken/Politik seien/sind bereit, alles Erforderliche zu unternehmen.

Deutlicher als von Herrn Darling kann eine Vollkaskopolitik der Zentralbanken und der Politik nicht formuliert werden. Vollkaskopolitik heißt aber gleichzeitig auch Entmündigung des freien Markts. Der Finanzmarkt ist gut beraten, tief in sich zu gehen, ob diese Form des Dirigismus dauerhaft erstrebenswert und zu feiern ist!

Gestern kam es in der Folge der Ankündigung der Zentralbankaktivität zu einem Kursfeuerwerk am Aktienmarkt, das vollständig zu recht nicht langen Bestand hatte:
  • Die aktuellen Maßnahmen belegen eindrücklich, dass die Krise zunimmt und nicht abnimmt!
  • Die Notwendigkeit so massiver Zentralbankaktivität setzt die Grundlagen des freien Markts zunehmend außer Kraft.
  • Der Zusammenhang zwischen Handeln und Konsequenz aus dem Handeln wird weiter aufgelöst.
  • Die aktuell durch die Maßnahmen nivellierte Liquiditätskrise am Geldmarkt ist nur eine Facette der globalen Finanzkrise.
  • Die Maßnahmen heilen keine der Ursachen der Finanzkrise, sondern wirken lediglich auf einige Symptome.

Die Auflistung zeigt nachdrücklich, dass die Krise an Potenz gewinnt. Für Vorfreude auf ein schnelles Ende der Krise gibt es keinen Anlass.

Heute stehen Daten aus den USA im Mittelpunkt des Interesses. Erzeugerpreise und Einzelhandelsumsätze werden Beachtung finden. Die Daten sind voraussichtlich nicht geeignet, dem USD nachhaltige Unterstützung zu verleihen. Wir verweisen auf die Datenbox.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD unverändert aus technischen und politischen Gründen favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstands bei 1.4820-50 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank






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