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Mittelstandsstiftung fordert Steuergerechtigkeit für den Mittelstand

02.03.2024  |  Prof. Dr. Eberhard Hamer
Das Mittelstandsinstitut Niedersachsen fordert seit Jahrzehnten Steuergerechtigkeit für den Mittelstand dadurch, dass einheitliche Steuern für Personal- und Kapitalgesellschaften erhoben werden und diese Steuern nur auf die Ausschüttungen bzw. Entnahmen, nicht aber auf die internen Scheingewinne des Unternehmens erhoben werden.

Die Deutsche Mittelstandsstiftung hat in diesem Sinne dem Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsminister den Steuervereinheitlichungsvorschlag des Mittelstandsinstituts mit dem Hinweis übermittelt, dass Ludwig Erhard 1947 in einer viel schlechteren Wirtschaftssituation als heute mit der „Steuerfreiheit des im Unternehmen verbleibenden Gewinns“ bzw. der Gewinnsteuer nur auf Ausschüttungen das spätere Wirtschaftswunder zustande gebracht hat.

Keine Zeit wäre günstiger als die heutige Krisensituation, eine solche Steuerumstellung wieder durchzuführen, weil in der derzeitigen Krise ohnehin die Steuern sinken, also der Verzögerungsschaden der Umstellung bei den Steuereinnahmen sich voraussichtlich unter 40 Milliarden Euro (eigentlich Steuerstundung) bewegen dürfe.


Die Briefe an die Minister haben folgenden Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister/Bundeswirtschaftsminister,

wir haben mit Freude vernommen, dass Sie die Unternehmen steuerlich entlasten wollen.

Uns liegt daran, dass nicht wieder – wie unter CDU-Regierungen – die steuerliche Entlastung nur den großen Kapitalgesellschaften zugutekommt, sondern den 94% Personalunternehmen, dem deutschen Mittelstand.

Wie man das macht, hat uns Ludwig Erhard 1947 vorgemacht. Er hat sein Wirtschaftswunder vor allem damit erzielt, dass er durch "Steuerfreiheit des im Unternehmen verbleibenden Gewinns" nur die Ausschüttungen als Gewinn versteuert hat.

Wenn also mittelständische Unternehmer ihren Überschuss im Unternehmen für Investitionen, Arbeitsplätze und Wachstum ausgeben, wird mit den Überschüssen investiert statt konsumiert, werden die Betriebe stärker und bekommen vor allem die mittelständischen Personalunternehmen Eigenkapital, welches sie sonst nirgendwoher bekommen können.

Auch 1947 waren unsere Firmen kapitalschwach. Deshalb hat Ludwig Erhard nur als Gewinn besteuert, was dem Betrieb entnommen wurde, was den Betrieb verließ. Solang Erträge im Betrieb blieben, blieben sie steuerfrei. Damals konnten die Betriebe mit Eigenkapital wachsen, was sie heute nicht mehr können, weil das Eigenkapital abgesteuert wird.

Erst 1956 haben die internationalen Banken, Kanzler Adenauer klarzumachen verstanden, dass Finanzierung ihre Domäne sei, dass sich die Betriebe nicht mit Eigenkapital, sondern mit Fremdkapital – Krediten der Banken – finanzieren müssten. So wurden dann nicht mehr nur Ausschüttungen, sondern alle auch betriebsinternen Überschüsse besteuert und haben unsere Betriebe seitdem ihre Eigenkapitalquote von 80% auf bis zu 17% verloren, sind damit überwiegend Bankensklaven geworden.

Seit Basel II aber sind die 94% Personalunternehmen unserer Wirtschaft zusätzlich diffamiert, weil die Person des Inhabers nicht mehr Kreditmerkmal ist, nur noch das Sachvermögen. Dies trifft vor allem die dynamischsten Wirtschaftszweige unserer EDV-Dienstleistungen u.a.

Wenn nun der Gewinnbegriff wieder nur auf Ausschüttungen reduziert würde,

• könnte die Eigenkapitalquote und damit die innere Stärke unserer Personalunternehmen wieder steigen,

• würde damit Wirtschaftswachstum statt Konsum gefördert (könnte ein neues "Wirtschaftswunder" damit erzielt werden),

• würde der derzeitige Pessimismus des Mittelstandes möglicherweise wieder zum Optimismus gewandelt

• und wäre diese Gewinnbegriffsänderung letztlich nur eine Stundung von Steuern, weil ja irgendwann (spätestens bei Verkauf des Unternehmens) die Überschüsse zur Steuer anfallen.

• Die Stundung würde kurzfristig einen Ausfall bis zu 37 Milliarden Euro bedeuten, sich aber durch Wachstum in den nächsten Jahren wieder reduzieren. Die Steuerstundung könnte also mit einem "Wachstumsfonds" haushaltsneutral finanziert werden.

Was unter Ludwig Erhard das Wirtschaftswunder gebracht hat, könnte auch heute wiederum zum Wirtschaftswunder werden, weil die Reduzierung des Gewinnbegriffs auf Ausschüttungen entscheidende volkswirtschaftliche Vorteile bringen würde:

• dass die gewinnträchtigsten Betriebe auch am meisten wachsen können,

• dass aus dem Umsatz zuerst Investitionen, Arbeitsplätze und Wachstum finanziert werden können, statt dass die Steuer sie zuerst abzieht,

• dass die Eigenkapitalquoten unserer Betriebe wieder aus der Gefahrenzone der Rezession herauswachsen und mit Eigenkapital wieder stabil werden können,

• dass die inzwischen steuerrechtlich komplizierteste Gewinnermittlung wieder vereinfacht würde, es nämlich auf Abschreibungsdauer (Scheingewinne) und auf Verrechnungssätze nicht mehr ankommt, weil nicht innerbetriebliche Vorgänge, sondern nur der ausgeschüttete Gewinn steuerrelevant ist,

• dass auch bei internationalen Konzernen die nationalen Ausschüttungen entscheiden, sie also steuerlich nicht mehr flüchten können

• und dass dafür nahezu alle Subventionen gestrichen werden könnten.

Nach Untersuchungen des Mittelstandsinstituts Niedersachsen haben 84% der befragten Unternehmer angegeben, dass sie damit einverstanden wären, höhere Einkommenssteuersätze für die Betriebsentnahmen zu akzeptieren, wenn ihnen dafür die Selbstfinanzierung des Betriebes mit Eigenkapital durch Steuerschonung der im Betrieb intern behaltenen Betriebsmittel wie vor 1956 gestattet würde.

Eine Konzentration des steuerlichen Gewinnbegriffs auf die entnommenen bzw. ausgeschütteten Erträge hätte zusätzliche Vorteile:

• sie würde die den Mittelstand überproportional bedrohende Basel-Regelung entschärfen (Kreditbasis sind nur Kapitalgüter),

• sie läge auch im Interesse der Gewerkschaften, welche mit den Gewinnen der Betriebe vor allem Arbeitsplätze schaffen wollen,

• sie würde unser Steuerrecht erheblich vereinfachen, weil es bei allen Unternehmenstypen allein noch auf die Ausschüttung ankommt,

• ein auf die Ausschüttungen reduzierter Gewinnbegriff würde die Investitionen jedes Betriebes steuerlich verschonen und damit einen wirtschaftlichen Aufschwung geben. Damit würde das Argument entschärft, dass Betriebserträge den Unternehmern zugutekämen. Sie kämen vor allem dem Betrieb zugute.

• Letztlich ist der auf Ausschüttung konzentrierte Gewinnbegriff kein Steuererlass, sondern nur eine Steuersenkung. Irgendwann kommen die Gewinne immer in den Griff des Finanzamtes, irgendwann wird nämlich ausgeschüttet, letztlich bei Verkauf oder Erbfall.

Die Auswirkungen des auf Ausschüttungen begrenzten Gewinnbegriffs unter Ludwig Erhard haben gezeigt, dass dies die billigste und wirksamste Mittelstandsfördermaßnahme ist. Und die Konjunktur wird nun einmal nicht von den 6% Kapitalgesellschaften, sondern von den mehr als 94% mittelständischen Personalunternehmen unserer Wirtschaft gemacht.

Wenn schon unsere Unternehmen mit den höchsten Energie-, Bürokratie- und Sozialkosten der Welt belastet sind, müssten sie wenigstens steuerlich nicht noch zusätzlich benachteiligt sein, um im internationalen Wettbewerb überhaupt mithalten zu können.

Nach empirischen Befunden der Mittelstandsökonomie gibt es kein billigeres und wirkungsvolleres Beschäftigungs- und Konjunkturprogramm als die Konzentration des Gewinnbegriffs auf Ausschüttungen. Solange eben die Betriebe nicht ausschütten, werden sie mit ihren Roherträgen investieren, Arbeitsplätze schaffen, sich vergrößern und damit volkswirtschaftliches Wachstum für alle garantieren – genau das, was wir jetzt in der Krise brauchen.

Der Unterzeichner und das Mittelstandsinstitut Niedersachsen stehen Ihnen für jede Erläuterung dieses Vorschlages gerne zur Verfügung. Nutzen Sie die Chance der Krise, in welcher ohnehin keine großen Gewinne anfallen, also eine Änderung des Gewinnbegriffs am leichtesten durchzusetzen wäre.

Und weil diese kleine Gewinnbegriffsänderung schon einmal ein Wirtschaftswunder in Deutschland gebracht – sich also in der Praxis bewiesen hat –, sollten wir diese bewährte Maßnahme vor allen anderen erneut wieder einsetzen.


© Prof. Dr. Eberhard Hamer
Mittelstandsinstitut Niedersachsen e.V.


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