100 Jahre Schweiz. Nationalbank - Kritische Gedanken zum Jubiläum (1907-2007)
27.12.2007 | Johannes Müller
Schauen wir doch kurz 100 Jahre zurück und versuchen, die Motivationen und Denkstrukturen zu ergründen, welche die Verantwortlichen zum Inhalt der damaligen gesetzlichen Bestimmungen geführt haben. Durch das geschaffene Banknotenmonopol musste die ins Leben gerufene Nationalbank einerseits für die Kaufkraft des Geldes garantieren und andererseits die Liquidität für das Bankensystem schaffen. Nur unmissverständliche Regeln konnten zur Lösung dieser Aufgabe führen. Konsequenz: Gesetzliche Hürden mussten aufgebaut werden, sozusagen ein moralisches Schutzschild gegen zukünftige Wünsche und gut gemeinte Ausnahmeregelungen, welche die SNB früher oder später zu einer Versicherungsanstalt umfunktioniert und damit die Verluste von wirtschaftlichem Fehlverhalten großer Akteure mittels Geldentwertung auf alle andern Wirtschaftsteilnehmer abgewälzt hätten.
Die Idee der Silber- und Golddeckung besticht in mehrfacher Hinsicht: Man setzte auf eine bereits existierende, äußerst liquide Weltwährung und hatte gleichzeitig eine Form von endlichem Geld, welches Naturgesetzen untersteht. Parallel dazu wurden gesetzliche Hürden eingebaut, die klar formulierten, welche Werte von der SNB gegen Zinszahlung belehnt werden sollten und welche nicht. In Art. 15 Abs. 4 des SNB-Gesetzes aus dem Jahre 1905 wird explizit auf ein Verbot der Belehnung von Aktien hingewiesen. Die damalige Geisteshaltung war konsequent: In einem freien Markt unterliegen auch die Aktien dem Naturgesetz von Angebot und Nachfrage; sollten bei steigenden Kursen die Eigner einen Gewinn einfahren können, müsste bei fallenden Kursen ein Verlust daraus resultieren. Sobald die SNB Aktien als Sicherheiten akzeptiert, wird der freie Markt verzerrt und gleichzeitig verletzt, denn einzelne Wirtschaftteilnehmer werden auf Kosten anderer bevorzugt. Die Kosten der anderen beschränken sich nicht nur auf deren Geldentwertung, nein, durch das Schützen und indirekte Subventionieren eines Kurses wird die SNB zur Partei - äußerst heikel für eine neutrale Institution, welche im gesamtschweizerischen Interesse handeln sollte.
Beispiel: Wenn ein Unternehmer ein Fünfsternhotel für 50 Millionen Franken erstellt und in der Folge finanziell scheitert, so mag dies zwar für ihn und seine Angestellten tragisch sein, aber, und dies ist ganz wichtig: sollte dieses Hotel einem wirklichen Bedürfnis entsprechen, so entsteht eine neue Chance für einen andern Wirtschaftsteilnehmer, denn dieser kann aus der Konkursmasse das zu teuer errichtete Hotel vielleicht für nur 10 Millionen kaufen, neue Leute einstellen und erfolgreich weiterwirtschaften. Besteht ein zu geringes Bedürfnis, so hat das Hotel keine wirtschaftliche Berechtigung mehr und wird allenfalls einem neuen Projekt weichen müssen.
Das gleiche Muster muss natürlich auch für Geschäftsbanken gelten: Wenn diese zuviel Kredit aus Gewinnmaximierungsgründen sprechen, so darf es nicht sein, dass bei einem finanziellen Scheitern derer Kreditkunden die SNB als letzte Sicherheit für die Geschäftsbank eintreten darf. Denn auch hier müsste die Allgemeinheit in Form von Geldentwertung die Folgen von Risiken Einzelner, in diesem Fall einer Bank, bezahlen. Wer schützt dann die Sparer? wird sich manch einer nun fragen. In letzter Konsequenz müsste es auch hier heißen: Die Eigenverantwortung und in keinem Fall die Allgemeinheit. Wie heißt es doch so schön: Durch Schaden wird man klug - Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste - Dummheit schützt vor Strafe nicht - oder - Gier macht blind.
Die SNB darf also unter keinen Umständen zur Partei von finanziell angeschlagenen Banken werden; durch die scheinbar harten, aber umso gerechteren Gesetzesvorlagen wird sie zur geachteten Instanz, welche Werte wie Moral und Ethik im täglichen Geschäft hochhalten darf. Indem die SNB einer Geschäftsbank, welche die erforderlichen Sicherheiten nicht mehr bieten kann, weitere Kredite verweigert, solidarisiert sie sich mit allen finanziell gesunden Wirtschaftsteilnehmern und unterstützt gleichzeitig die Firmen und Bürger, welche die für eine Gesellschaft überlebenswichtige Eigenverantwortung wahrnehmen können. Damit zeigt sie sich nicht nur mitverantwortlich für die Sicherung des sozialen Friedens, sondern genießt und verteidigt den Status eines gesellschaftlichen Vorbildes.
Verwässerung der Gründergedanken
In einer immer grösseren Wirtschaftswelt warten auf alle Volkswirtschaften große Herausforderungen, welche Chancen, jedoch auch Gefahren bedeuten können: Mit einem neuen Nationalbank-Gesetz wurde 1929 ein echter Goldstandard geschaffen, welcher den Franken in einer bestimmten Menge Gold definierte. So konnte die SNB die Kaufkraft des Frankens so lange erfolgreich schützen, bis ausländische Marktteilnehmer ihre ähnlichgelagerten Hausaufgaben aus kurzfristigen politischen Wichtigkeiten vernachlässigten oder gar abschafften.
Mit der Aufhebung des Goldstandards des britischen Pfundes 1931 sowie des amerikanischen Dollars 1933, existierten in den früheren Dreißiger Jahren plötzlich fast nur noch internationale Kunden, welche nicht mehr mit Goldgeld, sondern nur noch mit Papiergeld bezahlen wollten (Mark, Franzosenfranken, Rubel, Lira und andere waren bereits seit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges faktisch keine Goldwährungen mehr). Um die eigene Währung zu schützen, hätte man diese Papierwährungen nicht mehr akzeptieren dürfen oder diese sofort wieder in Gold wechseln müssen.
Mit der Abwertung des Frankens gegenüber Gold im Jahre 1936, von einer bundesrätlichen Mehrheit gegen den Willen der damaligen SNB-Führung beschlossen, zeigte einmal mehr die politischen Vertreter, was ein Verstoß gegen Treu und Glauben bedeutet: Gläubiger werden durch die Abwertung zugunsten der Schuldner benachteiligt - ein fatales, gesellschaftsfeindliches Signal. Gleichzeitig wurde durch die Aufwertung von Gold um 30% das Goldgeld aus dem Markt gedrängt - stieg doch der Metallwert eines 20 Franken Vreneli über Nacht auf über 26 Franken. Sofort gelangten keine Goldmünzen mehr in den Umlauf, diese wurden nur noch als Wertaufbewahrungsmittel genutzt.
Die Idee der Silber- und Golddeckung besticht in mehrfacher Hinsicht: Man setzte auf eine bereits existierende, äußerst liquide Weltwährung und hatte gleichzeitig eine Form von endlichem Geld, welches Naturgesetzen untersteht. Parallel dazu wurden gesetzliche Hürden eingebaut, die klar formulierten, welche Werte von der SNB gegen Zinszahlung belehnt werden sollten und welche nicht. In Art. 15 Abs. 4 des SNB-Gesetzes aus dem Jahre 1905 wird explizit auf ein Verbot der Belehnung von Aktien hingewiesen. Die damalige Geisteshaltung war konsequent: In einem freien Markt unterliegen auch die Aktien dem Naturgesetz von Angebot und Nachfrage; sollten bei steigenden Kursen die Eigner einen Gewinn einfahren können, müsste bei fallenden Kursen ein Verlust daraus resultieren. Sobald die SNB Aktien als Sicherheiten akzeptiert, wird der freie Markt verzerrt und gleichzeitig verletzt, denn einzelne Wirtschaftteilnehmer werden auf Kosten anderer bevorzugt. Die Kosten der anderen beschränken sich nicht nur auf deren Geldentwertung, nein, durch das Schützen und indirekte Subventionieren eines Kurses wird die SNB zur Partei - äußerst heikel für eine neutrale Institution, welche im gesamtschweizerischen Interesse handeln sollte.
Beispiel: Wenn ein Unternehmer ein Fünfsternhotel für 50 Millionen Franken erstellt und in der Folge finanziell scheitert, so mag dies zwar für ihn und seine Angestellten tragisch sein, aber, und dies ist ganz wichtig: sollte dieses Hotel einem wirklichen Bedürfnis entsprechen, so entsteht eine neue Chance für einen andern Wirtschaftsteilnehmer, denn dieser kann aus der Konkursmasse das zu teuer errichtete Hotel vielleicht für nur 10 Millionen kaufen, neue Leute einstellen und erfolgreich weiterwirtschaften. Besteht ein zu geringes Bedürfnis, so hat das Hotel keine wirtschaftliche Berechtigung mehr und wird allenfalls einem neuen Projekt weichen müssen.
Das gleiche Muster muss natürlich auch für Geschäftsbanken gelten: Wenn diese zuviel Kredit aus Gewinnmaximierungsgründen sprechen, so darf es nicht sein, dass bei einem finanziellen Scheitern derer Kreditkunden die SNB als letzte Sicherheit für die Geschäftsbank eintreten darf. Denn auch hier müsste die Allgemeinheit in Form von Geldentwertung die Folgen von Risiken Einzelner, in diesem Fall einer Bank, bezahlen. Wer schützt dann die Sparer? wird sich manch einer nun fragen. In letzter Konsequenz müsste es auch hier heißen: Die Eigenverantwortung und in keinem Fall die Allgemeinheit. Wie heißt es doch so schön: Durch Schaden wird man klug - Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste - Dummheit schützt vor Strafe nicht - oder - Gier macht blind.
Die SNB darf also unter keinen Umständen zur Partei von finanziell angeschlagenen Banken werden; durch die scheinbar harten, aber umso gerechteren Gesetzesvorlagen wird sie zur geachteten Instanz, welche Werte wie Moral und Ethik im täglichen Geschäft hochhalten darf. Indem die SNB einer Geschäftsbank, welche die erforderlichen Sicherheiten nicht mehr bieten kann, weitere Kredite verweigert, solidarisiert sie sich mit allen finanziell gesunden Wirtschaftsteilnehmern und unterstützt gleichzeitig die Firmen und Bürger, welche die für eine Gesellschaft überlebenswichtige Eigenverantwortung wahrnehmen können. Damit zeigt sie sich nicht nur mitverantwortlich für die Sicherung des sozialen Friedens, sondern genießt und verteidigt den Status eines gesellschaftlichen Vorbildes.
Verwässerung der Gründergedanken
In einer immer grösseren Wirtschaftswelt warten auf alle Volkswirtschaften große Herausforderungen, welche Chancen, jedoch auch Gefahren bedeuten können: Mit einem neuen Nationalbank-Gesetz wurde 1929 ein echter Goldstandard geschaffen, welcher den Franken in einer bestimmten Menge Gold definierte. So konnte die SNB die Kaufkraft des Frankens so lange erfolgreich schützen, bis ausländische Marktteilnehmer ihre ähnlichgelagerten Hausaufgaben aus kurzfristigen politischen Wichtigkeiten vernachlässigten oder gar abschafften.
Mit der Aufhebung des Goldstandards des britischen Pfundes 1931 sowie des amerikanischen Dollars 1933, existierten in den früheren Dreißiger Jahren plötzlich fast nur noch internationale Kunden, welche nicht mehr mit Goldgeld, sondern nur noch mit Papiergeld bezahlen wollten (Mark, Franzosenfranken, Rubel, Lira und andere waren bereits seit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges faktisch keine Goldwährungen mehr). Um die eigene Währung zu schützen, hätte man diese Papierwährungen nicht mehr akzeptieren dürfen oder diese sofort wieder in Gold wechseln müssen.
Mit der Abwertung des Frankens gegenüber Gold im Jahre 1936, von einer bundesrätlichen Mehrheit gegen den Willen der damaligen SNB-Führung beschlossen, zeigte einmal mehr die politischen Vertreter, was ein Verstoß gegen Treu und Glauben bedeutet: Gläubiger werden durch die Abwertung zugunsten der Schuldner benachteiligt - ein fatales, gesellschaftsfeindliches Signal. Gleichzeitig wurde durch die Aufwertung von Gold um 30% das Goldgeld aus dem Markt gedrängt - stieg doch der Metallwert eines 20 Franken Vreneli über Nacht auf über 26 Franken. Sofort gelangten keine Goldmünzen mehr in den Umlauf, diese wurden nur noch als Wertaufbewahrungsmittel genutzt.