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100 Jahre Schweiz. Nationalbank - Kritische Gedanken zum Jubiläum (1907-2007)

27.12.2007  |  Johannes Müller
- Seite 3 -
Internationale Finanzmarkt-Stabilität

Tatsache ist und bleibt: Wenn die involvierten Notenbanken ihr Gold in Materialform zurückfordern, steigt der Goldpreis in Preisbereiche, welche die kühnsten Vorstellungen der meisten Menschen übertrifft. Dass damit die beteiligten Geschäftsbanken, allesamt bekannte Grossbanken, Verluste in Grössenordnungen erleiden würden, welche den Gebrauch von unliebsamen Ausdrücken wie Insolvenz oder Konkurs nötig machen würde, wäre eine logische Folge. Dies hätte selbstverständlich weltweite Auswirkungen auf das Finanzsystem mit schwindendem Vertrauen ins Papiergeldsystem, alles Szenarien, welche nicht im Interesse der Notenbanken sein können. Was liegt nun also näher, als den Fisch von der Angel zu lösen, indem das geliehene Gold einfach verkauft wird, so dass es nicht noch zusätzlich auf dem Markt beschafft werden muss? Es muss leider auch vermutet werden, dass nach dem Debakel um den Hedge Fond Long-Term Capital Management (LTCM), welcher ebenfalls in solche Transaktionen verwickelt war, die Notenbanken von England und der Schweiz als Erste dazu gezwungen wurden, Falschsignale auszusenden und Gold zu verschleudern, natürlich immer im Interesse einer für alle Erdenbürger wichtigen internationalen Finanzmarktstabilität.

Dass hier mit dem Vermögen der Schweizer Bevölkerung internationale Papiergeld-Politik betrieben wurde, ist leider zu befürchten. Schlimmer noch: Die Schweiz und mit ihr die SNB gilt weltweit als der Inbegriff von Stabilität und Sicherheit; was liegt also näher, diesen Werbeträger, im Interesse eines stabilen Finanzsystems, effizient einzusetzen? Welch schönes Signal, wenn man der ganzen Welt zeigen kann, dass sogar die klugen und reichen Schweizer endlich begriffen haben, dass Gold nur noch ein sentimentales Souvenir aus längst vergangenen Zeiten darstellt, welches sich zur Kaufkraftsicherung nun wirklich nicht eignet. Auffallend dabei ist die Tatsache, dass in den Medien meist nur von Verkäufern die Rede ist, die ihr zinsloses Gold loswerden wollen. Tatsache jedoch ist: Für jedes verkauftes Kilo Gold ist auch ein Käufer gefunden worden. Fast müsste man sich Sorgen um die Urteilskraft dieser unkundigen und naiven Marktteilnehmer machen: Die heutige SNB-Führung erweckt den Eindruck, dass sie einen unglaublichen Umstand nutzen darf: es existieren immer noch Marktteilnehmer, welche nicht begreifen wollen, dass das Zeitalter des Goldes längst abgelaufen ist und es keinen plausiblen Grund mehr gibt, dieses Industriemetall zu einem solch überrissenen Preis zu kaufen.

Nur übergeordnete Interessen hindern verantwortungsbewusste Menschen am Innehalten und einer etwelchen Neueinschätzung einer Situation, denn sonst könnten folgende Tatsachen den Verantwortlichen allenfalls den Schlaf rauben: Nationalbanken von aufstrebenden Nationen wie Russland oder China stocken die Goldreserven auf, zum Teil massiv. Als untrügliches Alarmzeichen wäre im weiteren der Umstand zu werten, dass die amerikanische Fed kein Gold verkauft und dementsprechend angeblich immer noch die weltweit größte Goldbesitzerin ist.


Ertragsbringendere Aktiva

Auf Seite 59 des Geschäftsberichtes 2006 der SNB heisst es wörtlich «mit 15% rentierte das Gold wie schon im Vorjahr von allen Anlagen mit Abstand am besten» (Im Jahr 2005 sogar mit 35%). Wir erfahren also, dass Gold rentieren kann. Nur knapp sieben Jahre, nachdem Gold als zinsloses, totes Kapital dargestellt wurde, z.B. in der Botschaft vom 26. Mai 1999 zum Bundesgesetz über die Währung und Zahlungsmittel (WZG), mit folgendendem Wortlaut: «Mit dem Inkrafttreten des WZG wird somit eine Höherbewertung sowie der Verkauf und die Umschichtung eines Teils der Goldbestände der SNB in ertragbringendere Aktiva möglich». Wichtige Anmerkung: Diese Aktiva sind meist Schulden von Firmen oder Staaten, welche nur in den seltensten Fällen zurückbezahlt werden, sondern durch Neuemissionen ersetzt werden. Die fälligen Zinsen werden vor allem bei Staatsobligationen durch Aufnahme neuer Kredite bezahlt, also mit einer Neuverschuldung. Hinweis: In der Schweiz sind Schneeballsysteme, auch Pyramidenspiele genannt, verboten.


Wundersame Buchhaltungsgewinne

Da Gold sich bekanntlich nicht vermehren kann, liegt das Geheimnis dieser Gold-Rendite einzig und allein in der wundersamen Vermehrung von Geld, also aller weltweiten Papierwährungen. Mit dem Inkrafttreten des WZG kann sich die SNB buchhalterisch reich rechnen und gleichzeitig mit Teilen davon politisch produzierte Finanzlöcher stopfen. Im Jahre 2006 erzielte die SNB einen Gewinn von etwas über 5 Milliarden Franken, davon entfielen rund 4,2 Milliarden auf eine Höherbewertung des Goldes, denn die Goldbestände dürfen nun zu Tageskursen bewertet werden und liegen nicht mehr wie früher als letzter Sicherheitsanker in den Tresoren, bewertet mit knapp 4.600 CHF pro Kilo. Ohne eine volkswirtschaftliche Leistung wurden buchhaltungstechnisch Mittel in Höhe von 4.200 Millionen Franken geschaffen, wovon 2,5 Milliarden Franken an Bund und Kantone ausgezahlt werden! Da erblasst jeder gestresste Handwerker, welcher Mühe hat, seinen dringend benötigten Stundenansatz verrechnen zu können und manch einer wird sich beim Studium dieser Zeilen fragen, ob er nicht doch besser in die Buchhaltungsbranche wechseln sollte.


Aktien als Sicherheiten

Gemäß Gesetz entscheidet im Falle eines Liquiditätsengpasses der Geschäftsbanken die SNB, welche Sicherheiten zu akzeptieren sind. Dies kann heißen, dass im deklarierten Notfall auch Pfandbriefe oder Aktien belehnt werden können. Aus der Sicht der Banken und der Pensionskassen mag dies wunderbar erscheinen, aus Sicht eines freien Marktes ist dies jedoch eine Katastrophe. Stellen Sie sich vor, Sie betreiben eine Fischzucht und Ihr Markt bricht plötzlich ein. Sie begeben sich zur SNB, möchten etwas Liquidität für Ihr Geschäft, welches zurzeit einfach nicht funktioniert. Die SNB belehnt Ihnen die Fische mit, sagen wir, 30% des Verkaufspreises. Ihr Nachbar, ein Schreinermeister, spürt die Verunsicherung des Konsumenten ebenso und erhält auf Wunsch eine Liquiditätshilfe, gedeckt durch massives Eichenholz. Am Schluss würden gar die Berufsnumismatiker mit ihren Raritäten um Liquidität bitten... ein Szenario, welches selbstverständlich nie eintreffen wird, denn es gilt in einer Notsituation Prioritäten zu setzen, und diese können schon heute erahnt werden: Banken und Großbetriebe mit möglichst vielen Arbeitnehmern werden zu schützenswerten Elementen erklärt, welche im gesamtschweizerischen Interesse von der Solidarität (in Form von Geldentwertung) aller Geldhalter am finanziellen Leben gehalten werden müssen.




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