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US-Konjunkturdaten implizieren schwere Schieflage - Ben Bernanke wie erwartet!

18.01.2008  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.4635, nachdem sich gestern im europäischen Handel zwischenzeitlich eine Erholung bis auf 1.4716 im Zuge negativer Daten aus den USA ergeben hat. Der USD notiert gegenüber dem JPY aktuell bei 107.15.

Der Handelsbilanzüberschuss der Eurozone stellte sich per November auf 2,6 Mrd. Euro. Der Vormonatswert wurde von 6,1 Mrd. Euro auf 5,4 Mrd. Euro revidiert. Obwohl die Prognose von 5,5 Mrd. Euro im Berichtsmonat November verfehlt wurde, signalisiert der aktuelle Überschuss ein solides Umfeld. Entsprechend ergaben sich aus dieser Veröffentlichung keine Belastungen für den Euro.

Die Veröffentlichungen aus den USA sind geeignet, verstärkte Rezessionsängste zu begründen. Interessant ist, dass der frühere Chef der US-Zentralbank Paul Volcker die Fed für die USProbleme verantwortlich macht: "Volcker blames Fed for bubbles, says it isn’t in control" - USA Today. Diesen Hinweis zu geben, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist ein Kinderspiel. Diese Feststellung während der "Bubble"-Party zu treffen, machte nicht ganz so viele Freunde. Ich freue mich aufrichtig, dass diese Sichtweise sich mittlerweile nachhaltiger durchzusetzen scheint. Nur wer die tatsächlichen Ursachen der Probleme erkennt, kann sie auch nachhaltig ausräumen. "Food for thought!"

Die Entwicklung der Neubaubeginne per Dezember unterstreicht die schwache Verfassung der USA. Hier ergab sich ein Einbruch um 14,2% auf annualisiert 1.006.000 Einheiten, dem schwächsten Wert seit 1991. Baugenehmigungen sanken von 1.162.000 auf 1.068.000.

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Positive Akzente setzte die Veröffentlichung der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe mit einem Rückgang von 322.000 auf 301.000. Wir nehmen diese Entwicklung zur Kenntnis und erkennen darin keine nachhaltige Tendenz, sondern lediglich eine Irritation. Der Philadelphia Fed Survey lieferte per Januar eine dramatische Entwicklung. Der Index sank von -1,6 auf -20,9 Punkte und markierte damit den tiefsten Stand seit Oktober 2001.

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Die Subindices spiegelten diesen Einbruch in wesentlichen Teilen. So sank der Auslieferungsindex von 15,0 auf -2,3 Punkte. Der Auftragsindex brach von 12,0 auf -15,2 Punkte ein. Der Beschäftigungsindex verlor von 3,8 auf -1,5 Zähler. Der Index, der durchschnittliche Wochenarbeitszeit misst, sackte von 7,4 auf -16,1 Punkte.

Das in den aktuellen Veröffentlichungen erkennbare Tempo des Verlusts an Konjunkturdynamik ist ausgeprägt. Das Rezessionsrisiko nimmt deutlich zu und liegt meines Erachtens bei mehr als 50%.

Das sieht Herr Bernanke anders. Er konstatiert, dass sich der wirtschaftliche Ausblick verschlechtert hat. Er erwartet jedoch, dass die Wirtschaft im zweiten Halbjahr zulegen wird. Er sieht keine Rezession. Diese Sichtweise nehmen wir zur Kenntnis und verweisen darauf, dass die Fed auch die aktuelle Lage nicht erwartet hat.

Herr Bernanke unterstützt die Pläne eines Maßnahmenpakets zur Ankurbelung der USWirtschaft. Hier soll also die öffentliche Hand, die im letzten Jahr eine Neuverschuldung von 500 Mrd. USD in verfassungskonformer Lesart aufhäufte (entspricht 3,6% des BIP), zur Rettung kommen. Kann man mit Ankurbelungsmaßnahmen der Wirtschaft strukturelle Fehler der Vergangenheit neutralisieren? Natürlich nicht! Dazu bedarf es struktureller Maßnahmen und nicht weiterer Kosmetik! Gerade die latente kosmetische Behandlung ist doch Kern des Problems!

Herr Bernanke betonte, dass die US-Zentralbank zu substantiellen Schritten bereit sei. Der Markt darf nun von einer Zinssenkung um 50 Basispunkte Ende des Monats setzen. Damit nähert sich der Stil von Herrn Bernanke dem des Herrn Greenspan in der Führung der USZentralbank an. Was sagte Volcker noch in dem Interview mit USA-Today?


Heute stehen erneut Daten aus den USA im Mittelpunkt. Die Frühindikatoren per Dezember sollen laut Konsensusprognose um 0,1% sinken. Das US-Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan wird im vorläufigen Wert per Januar mit einem Rückgang von 75,5 auf 74,5 Punkte prognostiziert.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD leicht favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.4570 - 1.4590 verstärkt den derzeit leicht negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank






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