Edelmetalle Aktuell
26.02.2008 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W.C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.
Der Goldpreis legte gleich nach der Abfassung des letzten Berichts weiter zu und stieg um das vorletzte Wochenende herum auf 927 $ je Unze an. Damit erreichte er natürlich ein weiteres Allzeithoch. Die Meldung, dass USInvestoren-Legende Warren Buffet bereit sei, sich auf dem krisengeschüttelten USKreditmarkt zu engagieren, sorgte dann aber für eine Erholung des Dollars und als direkte Folge für einen Einbruch des Goldpreises, der sich dann durch zunehmende Gewinnmitnahmen noch verstärkte. Das gelbe Metall verblieb danach für fast eine Woche zwischen 897 $ und 915 $ je Unze, bevor es zu einem weiteren Höhenflug ansetzte, der es am Ende auf über 950 $ katapultierte. Diese jüngste Kaufwelle wurde auch durch einen kontinuierlichen Anstieg des Ölpreises auf am Ende über 101 $ je Barrel, sowie durch eine Rückkehr des Euro/ Dollars-Kurses auf über 1,48 unterstützt.
Nach einem Beschluss der G7-Finanzminister in der vorletzten Woche soll der IWF Teile seiner Goldreserven verkaufen dürfen. Die Nachricht hatte bisher allerdings auf den Goldpreis keine (negativen) Auswirkungen, zumal der US-Kongress den Verkäufen noch zustimmen muss. Angesichts eines Haushaltsdefizits von 400 Mrd. $ p.a. scheint eine solche Genehmigung ziemlich wahrscheinlich, vor allem wenn die Alternative hieße, neue Steuergelder an den IWF zu überweisen.
Die aktuellen Verkäufe der Zentralbanken waren in den letzten beiden Wochen mit gerade einmal 3,5 Tonnen ziemlich verhalten.
Die Ausbringung an neu gefördertem Gold macht den Minen derzeit wenig Freude: In Südafrika sank die Produktion im Dezember um 4,1%; Mali, mit 57 Tonnen Jahresproduktion nicht ganz unbedeutend, produzierte 2007 rund 9% weniger. Als Begründung wurde angegeben, dass etliche Minen am Ende ihrer Lebenszeit angekommen hätten.
Die fallende Produktion trifft derzeit auf eine sinkende Nachfrage: Schon für das vierte Quartal 2007 berichtete das World Gold Council von einem starken Rückgang der weltweiten Nachfrage um 17%. Diese Tendenz dürfte sich in den letzten Wochen noch einmal deutlich verstärkt haben. Gleichzeitig gibt es derzeit einen extrem starken Rücklauf an Altgold, nicht nur hier in Europa, sondern auch in Asien.
Über kurz oder lang wird sich die aktuelle Marktverfassung auch auf die Preise negativ auswirken, spätestens jedoch, wenn die Käufe der Spekulanten nachlassen. Ob vorher noch die 1.000-Marke $ erreicht wird, bleibt abzuwarten, auszuschließen ist es nicht. Wie insgesamt für alle Edelmetalle rechnen wir damit, dass wir spätestens in der zweiten Jahreshälfte deutlich niedrigere Preise sehen.
Angesichts der allgemein aufwärts gerichteten Tendenz bei den Edelmetallen konnte sich das Silber den Vorgaben von Gold & Co. nicht verschließen. Das Metall stieg in den letzten eineinhalb Wochen um über 1,5 Dollars auf etwas mehr als $ 18 und damit das höchste Niveau seit Oktober 1980.
Wie schon bei den beiden wichtigen Platinmetallen war es weniger industrielle Nachfrage, die das Metall voranstürmen ließ, sondern vielmehr Kaufinteresse von Spekulanten und Investoren. So legten die Bestände bei den Silber-ETFs um weitere 80 auf jetzt fast 5.500 Tonnen zu, während die offenen Positionen bei den Gold-ETFs in den letzten Tagen unverändert blieben.
Auch wenn das hohe Preisniveau fundamental nicht unbedingt gerechtfertigt scheint (die industrielle Nachfrage lässt nach; der Anfall an Altmetall nimmt zu), wird sich das Silber auch weiter nicht vom Gold abkoppeln können.
Und sollte das gelbe Metall den Kurs auf die 1.000-Marke $ halten, wird sicherlich auch das Silber zum ersten Mal seit 1980 wieder auf über 20 $ steigen können. Mittelfristig sind solche Kurse aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht durchzuhalten, für das zweite Halbjahr bleiben wir deshalb, vor allem vor dem Hintergrund der sich für die USA abzeichnenden Rezession, bei unserer eher negativen Einstellung.
Die zukünftig größte reine Silber-Mine der Welt steht vor der Produktionsaufnahme. Die zu Coeur d‘Alene gehörende San Bartolome Mine in Bolivien soll im ersten 12 Monaten nach der Produktionsaufnahme im März zehn Mio. Unzen pro Jahr ausbringen und voraussichtlich 14 Jahre lang in Betrieb sein.
Der Platinpreis hat seinen massiven Höhenflug in den letzten Tagen unvermindert fortgesetzt. Die Notierung stieg seit dem 8. Februar um noch einmal fast 15 Prozent auf in der Spitze 2.190 $ je Unze an, bevor eine leichte Beruhigung eintrat.
In erster Linie wurden von Händlern Käufe durch längerfristig orientierte Investoren als Ursache für den Anstieg genannt, die Steigerungsraten z.B. bei den Beständen der ETFs (+60% in vier Wochen auf jetzt fast 11 Tonnen) scheinen dies auch zu bestätigen. Klassische Hedge-Fonds dagegen dürfte eher weniger aktiv gewesen sein. Dafür spricht, dass sich schon vier Wochen in Folge die spekulativen Positionen an der New Yorker NYMEX verringert haben. Ein weiterer Hinweis darauf, dass es nicht diese Fonds waren, die das Metall zuletzt kauften, war, dass sie üblicherweise auch auf dem Leihemarkt für eine Knappheit sorgen, um auf diese Weise eine von ihnen ausgelöste Preishausse noch zusätzlich anzuheizen. Dieses ist bei der jüngsten Preisbewegung aber ausgeblieben, für ein Abnehmen der Liquidität gibt es aktuell keine Hinweise.
Da auch das jüngst gekaufte und in den ETFs gebundene Material nicht für Leihen zur Verfügung steht, sind wohl in den letzten beiden Wochen neben jenen Käufen auch noch Termingeschäfte (oder auch Kassakäufe) durchgeführt worden, welche die Liquidität am Markt sicherstellten. Diese Umsätze könnten ein Anzeichen dafür sein, dass es auch industrielle Aktivitäten im Markt gegeben haben könnte. Dabei kann es sich aber kaum um eine größere Anzahl von Adressen gehandelt haben; wir haben aus den zahlreichen Industriezweigen, die Platin verwenden, in diesem Zeitraum nur geringes Kaufinteresse auf dem absolut notwendigen Minimum gesehen. Über die möglichern Motive für einen solchen Kauf lässt sich deshalb nur spekulieren; aber ganz sicher dürfte, wenn das Szenario sich tatsächlich so abgespielt hat, die Angst vor akuten Versorgungsengpässen eine größere Rolle gespielt haben, als längerfristige strategische Überlegungen.
Immerhin gibt es für Panikkäufe "um jeden Preis" ja seit Beginn der Dekade ein (abschreck-endes) Beispiel. Damals hatte ein amerikanischer Autohersteller einen Milliardenbetrag abschreiben müssen, nachdem er die Palladiumnotierung aus Angst vor einem längeren russischen Lieferstopp mit seinen Käufen auf weit über 1.000 $ je Unze getrieben hatte. Danach, im Jahr 2001 fiel die Notierung dann innerhalb von nur wenigen Monaten wieder auf einen Bruchteil des Höchstkurses zurück. Das Palladium erholte sich - zumindest was den Einsatz in der Elektronikindustrie angeht, der damals förmlich kollabierte - bis heute nicht von dem Rückschlag, zu dem die Preiseskapaden damals führten.
Es ist nicht ganz auszuschließen, dass sich auf längere Sicht ein ähnliches Bild beim Platin bietet, nur dass es diesmal nicht die Elektronik-, sondern die Auto– und die Schmuckindustrie sind, die dem Metall eines Tages die kalte Schulter zeigen könnten.
Außer "Panik"-Käufen durch einen industriellen Verbraucher gibt es aber auch noch eine zweite mögliche Ursache für die jüngsten Käufe. Die hohen Preise führen nämlich dazu, dass sich Edelmetallleihen (durch den höheren Basispreis) derzeit stark verteuern. Möglicherweise hat eine Adresse, die in der Vergangenheit größere Bestände geliehen hatte, nun die Reißleine gezogen und das Metall gekauft, statt es weiter zu leihen. Bei beiden möglichen Ursachen für die Käufe würde es sich aber um Einmalgeschäfte handeln, die zwar den Preis (wie erlebt) kurzfristig getrieben hätten, die aber langfristig keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben dürften. Im Gegenteil: industrielle Terminkäufe würden eine Vorwegnahme zukünftiger Nachfrage bedeuten, die dann für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage in Zukunft fehlen würde.
Zusammen mit der derzeit einbrechenden Schmucknachfrage in China, mit einem stark steigenden Aufkommen an Altmetall nicht nur beim Gold, sondern auch beim Platin und der Tatsache, dass es bei den ETF-Käufen durchaus Anzeichen für eine typische Dienstmädchen-(bzw. norwegische Pensionsfonds-)hausse gibt, deuten (fast) alle Anzeichen unserer Ansicht nach zumindest mittelfristig wieder auf deutlich niedrigere Kurse hin.
Ob der Markt vor einem längst überfälligen Einbruch aber nicht doch noch die Marke von 2.200 $ erreicht, oder vielleicht sogar übersteigt, lässt sich in der momentanen, von großer Unsicherheit und hoher Volatilität geprägten Situation schlicht nicht vorhersagen.
Industriellen Marktteilnehmern raten wir, den Sturm auch weiterhin auszusitzen und mit strategischen Käufen auf die große Trendwende zu warten. Das schließt aber nicht aus, dass kurzfristige, kleinere Korrekturen nicht doch für solche Käufe genutzt werden, die in den nächsten Wochen ohnehin fällig würden. Hierzu bietet sich z.B. auch ein Hinterlassen von Kauforders an, immerhin gibt es im Moment fast jeden Tag eine Handelsspanne von 50 Dollars.
Vom Aschenputtel zur Prinzessin: Der Palladiumpreis hat in den letzten Tagen "endlich" den Anschluss an die allgemeine Preisentwicklung bei den Edelmetallen geschafft. Was industrielle Verbraucher wenig positiv gestimmt haben dürfte, hat die Investoren sicher gefreut. Sie waren es auch, die den Preis für das weiße Metall in den letzten Tagen durch ihre massiven Käufe so deutlich nach oben getrieben haben. Von 420 $ am 8. Februar stieg die Notierung innerhalb von nur 12 Tagen um 20 Prozent auf 525 $ je Unze an. Damit hat sich das Metall in diesem Zeitraum von allen Edelmetallen mit Abstand am besten entwickelt. Verantwortlich für die Käufe waren vor allem Anleger, welche in die diversen am Markt erhältlichen ETFs investierten. Getrieben waren die Investitionen sicher vor allem vom vermeintlichen Nachholbedarf gegenüber dem Platin, weniger von fundamentalen Motiven. Die Bestände der ETFs nahmen innerhalb von nur vier Wochen um 40 Prozent auf jetzt 15 Tonnen zu. Die Industrie hielt sich in jüngster Zeit dagegen weitgehend zurück und kaufte erneut nur das Nötigste. Wie schon beim Platin scheinen die Endverbraucher angesichts der drohenden Rezession in den USA an einen nachhaltigen Anstieg des Palladiumpreises nicht zu glauben. Auch wenn wir in den letzten Monaten immer wieder auf einen möglichen Ausbruch der Notierung verwiesen haben, halten wir die jüngste Entwicklung für übertrieben und erwarten früher oder später eine Gegenreaktion.
In der letzten Woche erschienene Meldungen, nach denen Norilsk Nickel in diesem Jahr eine Ausweitung der Produktion auf fast 3,1 Mio. Unzen plant, bestätigen die Skepsis gegenüber möglichen weiteren Kursgewinnen nur.
Zusammen mit den Schwestermetallen zog auch der Rhodiumpreis in den letzten Tagen noch einmal deutlich an. Fast 1.000 $ legte das mit weitem Abstand teuerste Edelmetall in dieser Zeit zu, es liegt jetzt bei fast 9.100 $ je Unze. Bei diesem Metall gab es außerdem auch, anders als bei Platin und Palladium, vor allem aus Asien verstärkt industrielle Nachfrage. Gerüchte am Markt besagten, dass außerdem von mindestens einer Adresse auch bisher geliehenes Metall zurückgekauft wurde. Bei einer jährlichen Zinsbelastung von fast 2.000 $ je Unze (bei einem Zinssatz von annähernd 20% und einem Basispreis von über 9.000 $) wäre dies ein, je nach Ausgangslage unter Umständen auch nachvollziehbarer Schritt, allerdings um einen im wahrsten Sinne des Wortes außerordentlich hohen Preis.
Was die nächsten Preisbewegungen angeht, dürfte sich das Metall auch in Zukunft an die Entwicklung beim Platin anlehnen. Durch die insgesamt knapperen Metallvorräte würde ein eventueller Preisrückgang dort beim Rhodium aber wohl erst mit Verzögerung auf ein Echo stoßen. Auf lange Sicht erwarten wir dann aber wieder deutlich niedrigere Notierungen.
Iridium und Ruthenium haben auf die ganze Aufregung mit der Gelassenheit von Außenseitern reagiert, sie liegen kaum verändert bei 450 $, bzw. 460 $ je Unze auf der Briefseite.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.
- Gold
Der Goldpreis legte gleich nach der Abfassung des letzten Berichts weiter zu und stieg um das vorletzte Wochenende herum auf 927 $ je Unze an. Damit erreichte er natürlich ein weiteres Allzeithoch. Die Meldung, dass USInvestoren-Legende Warren Buffet bereit sei, sich auf dem krisengeschüttelten USKreditmarkt zu engagieren, sorgte dann aber für eine Erholung des Dollars und als direkte Folge für einen Einbruch des Goldpreises, der sich dann durch zunehmende Gewinnmitnahmen noch verstärkte. Das gelbe Metall verblieb danach für fast eine Woche zwischen 897 $ und 915 $ je Unze, bevor es zu einem weiteren Höhenflug ansetzte, der es am Ende auf über 950 $ katapultierte. Diese jüngste Kaufwelle wurde auch durch einen kontinuierlichen Anstieg des Ölpreises auf am Ende über 101 $ je Barrel, sowie durch eine Rückkehr des Euro/ Dollars-Kurses auf über 1,48 unterstützt.
Nach einem Beschluss der G7-Finanzminister in der vorletzten Woche soll der IWF Teile seiner Goldreserven verkaufen dürfen. Die Nachricht hatte bisher allerdings auf den Goldpreis keine (negativen) Auswirkungen, zumal der US-Kongress den Verkäufen noch zustimmen muss. Angesichts eines Haushaltsdefizits von 400 Mrd. $ p.a. scheint eine solche Genehmigung ziemlich wahrscheinlich, vor allem wenn die Alternative hieße, neue Steuergelder an den IWF zu überweisen.
Die aktuellen Verkäufe der Zentralbanken waren in den letzten beiden Wochen mit gerade einmal 3,5 Tonnen ziemlich verhalten.
Die Ausbringung an neu gefördertem Gold macht den Minen derzeit wenig Freude: In Südafrika sank die Produktion im Dezember um 4,1%; Mali, mit 57 Tonnen Jahresproduktion nicht ganz unbedeutend, produzierte 2007 rund 9% weniger. Als Begründung wurde angegeben, dass etliche Minen am Ende ihrer Lebenszeit angekommen hätten.
Die fallende Produktion trifft derzeit auf eine sinkende Nachfrage: Schon für das vierte Quartal 2007 berichtete das World Gold Council von einem starken Rückgang der weltweiten Nachfrage um 17%. Diese Tendenz dürfte sich in den letzten Wochen noch einmal deutlich verstärkt haben. Gleichzeitig gibt es derzeit einen extrem starken Rücklauf an Altgold, nicht nur hier in Europa, sondern auch in Asien.
Über kurz oder lang wird sich die aktuelle Marktverfassung auch auf die Preise negativ auswirken, spätestens jedoch, wenn die Käufe der Spekulanten nachlassen. Ob vorher noch die 1.000-Marke $ erreicht wird, bleibt abzuwarten, auszuschließen ist es nicht. Wie insgesamt für alle Edelmetalle rechnen wir damit, dass wir spätestens in der zweiten Jahreshälfte deutlich niedrigere Preise sehen.
- Silber
Angesichts der allgemein aufwärts gerichteten Tendenz bei den Edelmetallen konnte sich das Silber den Vorgaben von Gold & Co. nicht verschließen. Das Metall stieg in den letzten eineinhalb Wochen um über 1,5 Dollars auf etwas mehr als $ 18 und damit das höchste Niveau seit Oktober 1980.
Wie schon bei den beiden wichtigen Platinmetallen war es weniger industrielle Nachfrage, die das Metall voranstürmen ließ, sondern vielmehr Kaufinteresse von Spekulanten und Investoren. So legten die Bestände bei den Silber-ETFs um weitere 80 auf jetzt fast 5.500 Tonnen zu, während die offenen Positionen bei den Gold-ETFs in den letzten Tagen unverändert blieben.
Auch wenn das hohe Preisniveau fundamental nicht unbedingt gerechtfertigt scheint (die industrielle Nachfrage lässt nach; der Anfall an Altmetall nimmt zu), wird sich das Silber auch weiter nicht vom Gold abkoppeln können.
Und sollte das gelbe Metall den Kurs auf die 1.000-Marke $ halten, wird sicherlich auch das Silber zum ersten Mal seit 1980 wieder auf über 20 $ steigen können. Mittelfristig sind solche Kurse aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht durchzuhalten, für das zweite Halbjahr bleiben wir deshalb, vor allem vor dem Hintergrund der sich für die USA abzeichnenden Rezession, bei unserer eher negativen Einstellung.
Die zukünftig größte reine Silber-Mine der Welt steht vor der Produktionsaufnahme. Die zu Coeur d‘Alene gehörende San Bartolome Mine in Bolivien soll im ersten 12 Monaten nach der Produktionsaufnahme im März zehn Mio. Unzen pro Jahr ausbringen und voraussichtlich 14 Jahre lang in Betrieb sein.
- Platin
Der Platinpreis hat seinen massiven Höhenflug in den letzten Tagen unvermindert fortgesetzt. Die Notierung stieg seit dem 8. Februar um noch einmal fast 15 Prozent auf in der Spitze 2.190 $ je Unze an, bevor eine leichte Beruhigung eintrat.
In erster Linie wurden von Händlern Käufe durch längerfristig orientierte Investoren als Ursache für den Anstieg genannt, die Steigerungsraten z.B. bei den Beständen der ETFs (+60% in vier Wochen auf jetzt fast 11 Tonnen) scheinen dies auch zu bestätigen. Klassische Hedge-Fonds dagegen dürfte eher weniger aktiv gewesen sein. Dafür spricht, dass sich schon vier Wochen in Folge die spekulativen Positionen an der New Yorker NYMEX verringert haben. Ein weiterer Hinweis darauf, dass es nicht diese Fonds waren, die das Metall zuletzt kauften, war, dass sie üblicherweise auch auf dem Leihemarkt für eine Knappheit sorgen, um auf diese Weise eine von ihnen ausgelöste Preishausse noch zusätzlich anzuheizen. Dieses ist bei der jüngsten Preisbewegung aber ausgeblieben, für ein Abnehmen der Liquidität gibt es aktuell keine Hinweise.
Da auch das jüngst gekaufte und in den ETFs gebundene Material nicht für Leihen zur Verfügung steht, sind wohl in den letzten beiden Wochen neben jenen Käufen auch noch Termingeschäfte (oder auch Kassakäufe) durchgeführt worden, welche die Liquidität am Markt sicherstellten. Diese Umsätze könnten ein Anzeichen dafür sein, dass es auch industrielle Aktivitäten im Markt gegeben haben könnte. Dabei kann es sich aber kaum um eine größere Anzahl von Adressen gehandelt haben; wir haben aus den zahlreichen Industriezweigen, die Platin verwenden, in diesem Zeitraum nur geringes Kaufinteresse auf dem absolut notwendigen Minimum gesehen. Über die möglichern Motive für einen solchen Kauf lässt sich deshalb nur spekulieren; aber ganz sicher dürfte, wenn das Szenario sich tatsächlich so abgespielt hat, die Angst vor akuten Versorgungsengpässen eine größere Rolle gespielt haben, als längerfristige strategische Überlegungen.
Immerhin gibt es für Panikkäufe "um jeden Preis" ja seit Beginn der Dekade ein (abschreck-endes) Beispiel. Damals hatte ein amerikanischer Autohersteller einen Milliardenbetrag abschreiben müssen, nachdem er die Palladiumnotierung aus Angst vor einem längeren russischen Lieferstopp mit seinen Käufen auf weit über 1.000 $ je Unze getrieben hatte. Danach, im Jahr 2001 fiel die Notierung dann innerhalb von nur wenigen Monaten wieder auf einen Bruchteil des Höchstkurses zurück. Das Palladium erholte sich - zumindest was den Einsatz in der Elektronikindustrie angeht, der damals förmlich kollabierte - bis heute nicht von dem Rückschlag, zu dem die Preiseskapaden damals führten.
Es ist nicht ganz auszuschließen, dass sich auf längere Sicht ein ähnliches Bild beim Platin bietet, nur dass es diesmal nicht die Elektronik-, sondern die Auto– und die Schmuckindustrie sind, die dem Metall eines Tages die kalte Schulter zeigen könnten.
Außer "Panik"-Käufen durch einen industriellen Verbraucher gibt es aber auch noch eine zweite mögliche Ursache für die jüngsten Käufe. Die hohen Preise führen nämlich dazu, dass sich Edelmetallleihen (durch den höheren Basispreis) derzeit stark verteuern. Möglicherweise hat eine Adresse, die in der Vergangenheit größere Bestände geliehen hatte, nun die Reißleine gezogen und das Metall gekauft, statt es weiter zu leihen. Bei beiden möglichen Ursachen für die Käufe würde es sich aber um Einmalgeschäfte handeln, die zwar den Preis (wie erlebt) kurzfristig getrieben hätten, die aber langfristig keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben dürften. Im Gegenteil: industrielle Terminkäufe würden eine Vorwegnahme zukünftiger Nachfrage bedeuten, die dann für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage in Zukunft fehlen würde.
Zusammen mit der derzeit einbrechenden Schmucknachfrage in China, mit einem stark steigenden Aufkommen an Altmetall nicht nur beim Gold, sondern auch beim Platin und der Tatsache, dass es bei den ETF-Käufen durchaus Anzeichen für eine typische Dienstmädchen-(bzw. norwegische Pensionsfonds-)hausse gibt, deuten (fast) alle Anzeichen unserer Ansicht nach zumindest mittelfristig wieder auf deutlich niedrigere Kurse hin.
Ob der Markt vor einem längst überfälligen Einbruch aber nicht doch noch die Marke von 2.200 $ erreicht, oder vielleicht sogar übersteigt, lässt sich in der momentanen, von großer Unsicherheit und hoher Volatilität geprägten Situation schlicht nicht vorhersagen.
Industriellen Marktteilnehmern raten wir, den Sturm auch weiterhin auszusitzen und mit strategischen Käufen auf die große Trendwende zu warten. Das schließt aber nicht aus, dass kurzfristige, kleinere Korrekturen nicht doch für solche Käufe genutzt werden, die in den nächsten Wochen ohnehin fällig würden. Hierzu bietet sich z.B. auch ein Hinterlassen von Kauforders an, immerhin gibt es im Moment fast jeden Tag eine Handelsspanne von 50 Dollars.
- Palladium
Vom Aschenputtel zur Prinzessin: Der Palladiumpreis hat in den letzten Tagen "endlich" den Anschluss an die allgemeine Preisentwicklung bei den Edelmetallen geschafft. Was industrielle Verbraucher wenig positiv gestimmt haben dürfte, hat die Investoren sicher gefreut. Sie waren es auch, die den Preis für das weiße Metall in den letzten Tagen durch ihre massiven Käufe so deutlich nach oben getrieben haben. Von 420 $ am 8. Februar stieg die Notierung innerhalb von nur 12 Tagen um 20 Prozent auf 525 $ je Unze an. Damit hat sich das Metall in diesem Zeitraum von allen Edelmetallen mit Abstand am besten entwickelt. Verantwortlich für die Käufe waren vor allem Anleger, welche in die diversen am Markt erhältlichen ETFs investierten. Getrieben waren die Investitionen sicher vor allem vom vermeintlichen Nachholbedarf gegenüber dem Platin, weniger von fundamentalen Motiven. Die Bestände der ETFs nahmen innerhalb von nur vier Wochen um 40 Prozent auf jetzt 15 Tonnen zu. Die Industrie hielt sich in jüngster Zeit dagegen weitgehend zurück und kaufte erneut nur das Nötigste. Wie schon beim Platin scheinen die Endverbraucher angesichts der drohenden Rezession in den USA an einen nachhaltigen Anstieg des Palladiumpreises nicht zu glauben. Auch wenn wir in den letzten Monaten immer wieder auf einen möglichen Ausbruch der Notierung verwiesen haben, halten wir die jüngste Entwicklung für übertrieben und erwarten früher oder später eine Gegenreaktion.
In der letzten Woche erschienene Meldungen, nach denen Norilsk Nickel in diesem Jahr eine Ausweitung der Produktion auf fast 3,1 Mio. Unzen plant, bestätigen die Skepsis gegenüber möglichen weiteren Kursgewinnen nur.
- Rhodium, Ruthenium, Iridium
Zusammen mit den Schwestermetallen zog auch der Rhodiumpreis in den letzten Tagen noch einmal deutlich an. Fast 1.000 $ legte das mit weitem Abstand teuerste Edelmetall in dieser Zeit zu, es liegt jetzt bei fast 9.100 $ je Unze. Bei diesem Metall gab es außerdem auch, anders als bei Platin und Palladium, vor allem aus Asien verstärkt industrielle Nachfrage. Gerüchte am Markt besagten, dass außerdem von mindestens einer Adresse auch bisher geliehenes Metall zurückgekauft wurde. Bei einer jährlichen Zinsbelastung von fast 2.000 $ je Unze (bei einem Zinssatz von annähernd 20% und einem Basispreis von über 9.000 $) wäre dies ein, je nach Ausgangslage unter Umständen auch nachvollziehbarer Schritt, allerdings um einen im wahrsten Sinne des Wortes außerordentlich hohen Preis.
Was die nächsten Preisbewegungen angeht, dürfte sich das Metall auch in Zukunft an die Entwicklung beim Platin anlehnen. Durch die insgesamt knapperen Metallvorräte würde ein eventueller Preisrückgang dort beim Rhodium aber wohl erst mit Verzögerung auf ein Echo stoßen. Auf lange Sicht erwarten wir dann aber wieder deutlich niedrigere Notierungen.
Iridium und Ruthenium haben auf die ganze Aufregung mit der Gelassenheit von Außenseitern reagiert, sie liegen kaum verändert bei 450 $, bzw. 460 $ je Unze auf der Briefseite.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.