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Die Baisse hat begonnen - die Rezession vermutlich auch

16.02.2008  |  Claus Vogt
- Seite 3 -
Kein Mitleid mit Bernanke

Dennoch gibt es keinen Grund, Mitleid für Bernanke zu empfinden, wenn er für die Folgen der Politik seines Vorgängers verantwortlich gemacht wird. Erstens hat er dessen Politik als Notenbankgouverneur mitgetragen. Zweitens ist er selbst ein überzeugter Inflationist und keynesianischer Wirtschaftslenker erster Güte. Und drittens wusste er nur zu genau, worauf er sich einließ als er laut "Hier!" rief, als der Posten des mächtigsten Bürokraten der Welt neu zu besetzen war.

In gewisser Weise zolle ich Bernanke sogar Respekt dafür, dass er sich massiv bemüht hat, um vor diesen tief im Schlamm steckenden Karren gespannt zu werden. Denn wenn man sich innerhalb der von ihm vertretenen ökonomischen Modelle und Theorien bewegt, dann ist er genau zur rechten Zeit am rechten Ort. Er kann und wird die Vorgaben dieser - meiner Meinung nach falschen - Modelle der Marktmanipulation und Wirtschaftssteuerung in einer ganz entscheidenden Phase des Wirtschaftszyklus in die Praxis umsetzen und damit ebendiese Theorien und Modelle auf den Prüfstand stellen. Nicht umsonst hat er bereits vor einigen Jahren lautstark unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen gut geheißen für den Fall, dass die Notenbank die Null-Prozent-Zinsgrenze erreicht hat. Noch ist es nicht soweit, aber diesen Mann, der im Gegensatz zu seinem rein opportunistischen Vorgänger ein Überzeugungstäter ist, sollten Sie unbedingt ernst nehmen.

Die kommenden Jahre versprechen also auch aus wirtschaftstheoretischen Überlegungen heraus überaus spannend und wichtig zu werden.


Am Anfang war die Aktienblase

Um die laufende Krise und die Gefahren der kommenden Monate und Jahre verstehen zu können, muss man relativ weit zurück gehen. Man kommt leider nicht umhin, mit der großen Aktienspekulationsblase der späten 90er Jahre zu beginnen. Damals erlebten die Aktienmärkte weltweit eine von absurden Erwartungen getragene Kaufeuphorie, die ihresgleichen sucht. Für die wenigen Marktbeobachter, die damals in der Lage waren, einen kühlen Kopf zu bewahren, war diese Episode ein großartiges Beispiel
massenpsychologischer Verirrungen und fehlgeleiteter Geldpolitik.

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Die notwendige - aber allein noch nicht hinreichende - Bedingung für das Entstehen von Spekulationsblasen ist die überreichliche Bereitstellung von Geld und Kredit. Aus Gründen, die an dieser Stelle nicht erörtert werden können, war insbesondere die US-Notenbank bereit, diese notwendige Bedingung zu erfüllen.

Die geradezu revolutionäre Einführung und Verbreitung neuer Technologien im Telekommunikations- und Computersektor fachten die Phantasie der Spekulanten an, und die Blase nahm ihren Lauf. Alle in der Vergangenheit erfolgreichen Kennzahlen der fundamentalen Aktienanalyse erreichten Niveaus, die die Welt bis dato nicht gesehen hatte - und fast alle Analysten, Journalisten, Notenbankbürokraten, Politiker und Marktteilnehmer ignorierten diese klare Botschaft und schwadronierten von einem neuen Zeitalter der Prosperität, vom Ende des Wirtschaftszyklus, von einer nicht endenden Hausse und von der Notwendigkeit neuer Bewertungsmaßstäbe, um den Veränderungen der neuen Ära gerecht zu werden.

Die wenigen warnenden Stimmen jener Tage verhallten entweder ungehört, oder sie wurden als pessimistische Äußerungen Ewiggestriger abgetan und ins Lächerliche gezogen.

Dann platzte die Blase. Eine Rezession und eine schwere Aktienbaisse nahmen ihren Lauf. Dabei folgten die Ereignisse dieser Episode exakt den Prognosen der wenigen Analysten, die sich die Mühe gemacht hatten, sich mit der Dynamik und den Ursachen von Spekulationsblasen zu befassen.


Das große Experiment des Dr. Greenspan

Im Lauf der Blase waren durch die typische Fehlallokation von Kapital außergewöhnlich große wirtschaftliche Ungleichgewichte und eine nicht tragfähige Wirtschaftsstruktur entstanden. Das Platzen der Blase leitete nun den Bereinigungsprozess dieser Ungleichgewichte ein. Aber anstatt sich in das Unvermeidliche zu fügen, anstatt den Dingen ihren Lauf zu lassen, die Notwendigkeit des Bereinigungsprozesses zu akzeptieren und auf die heilsamen Kräfte freier Märkte zu bauen, entschieden sich weltweit die Politiker und ihre Notenbankbürokraten für drastische geldund fiskalpolitische Schritte. Diese gewaltigen Markteingriffe bezeichnete ich seinerzeit als das große Experiment des Dr. Greenspan.

Dieses Experiment sollte zeigen, ob es ökonomisch sinnvoll ist, Spekulationsblasen zu kreieren und nach ihrem Platzen zu versuchen, den Schaden möglichst gering zu halten, oder ob es besser ist, das Entstehen von Spekulationsblasen zu verhindern. Diese Fragestellung ist auch wirtschaftshistorisch und -theoretisch von großer Bedeutung. Vertreter der zweiten dieser Thesen führen beispielsweise die Weltwirtschaftskrise ursächlich auf die große Spekulationsblase der 1920er Jahre zurück. Vertreter der ersten These hingegen leugnen diesen Zusammenhang und behaupten, die Weltwirtschaftskrise hätte durch eine sehr viel aggressivere Geldpolitik nach dem Platzen der Spekulationsblase verhindert werden können.




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