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Die Baisse hat begonnen - die Rezession vermutlich auch

16.02.2008  |  Claus Vogt
- Seite 5 -
Die Geschichte spricht leider gegen einen harmlosen Ausgang

Immobilienbaissen sind normalerweise sehr langwierige Angelegenheiten. Die Beispiele Japan und das Platzen der Ost-Immobilienblase in Deutschland mögen zur Illustrierung dieser Aussage genügen.

Platzende Immobilienblasen führen insbesondere zu erheblichen Kreditproblemen innerhalb des Finanzsektors. Bisher ist hier nur die Spitze des Eisbergs sichtbar geworden. Selbst im Lauf einer eher harmlosen Rezession wird die Arbeitslosenquote in den USA um zwei bis drei Prozentpunkte zunehmen. Und die Anzahl der notleidend werdenden Hypotheken- und Konsumentenkredite wird ebenfalls deutlich steigen.

Die bisher aufgetretenen Kreditprobleme betreffen eigentlich nur jene Kredite, die unter normalen, also nicht von einer Spekulationsblase geprägten Zeiten niemals vergeben worden wären. Die üblichen, mit einer Rezession einhergehenden zyklischen Probleme haben noch gar nicht begonnen.

Insgesamt wird das Platzen dieser Blase die Verfügbarkeit von Kredit deutlich verringern. Schon jetzt haben die unter erheblichen Abschreibungen leidenden Banken ein Eigenkapitalproblem. Und es ist durchaus keine ausgemachte Sache, dass auch in den kommenden Quartalen asiatische oder arabische Staatsfonds die Bilanzlöcher stopfen werden. Eine auf lange Zeit hin restriktive Kreditvergabe erscheint mir unausweichlich.

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Gleichzeitig ist die Verschuldung der privaten Haushalte außerordentlich hoch. Die Anzahl uneinbringbarer Kredite hat schon jetzt ein Rekordniveau erreicht. Betroffen sind nicht nur Hypothekenkredite, sondern Kreditkarten, Autokredite und andere Konsumentenkredite. Hierin spiegeln sich natürlich die extrem laxen Kreditvergabestandards der vergangenen Jahre wider.

Es sieht so aus, als hätte der amerikanische Konsument das Ende der Fahnenstange erreicht. Er wird sich zu guter Letzt wohl doch gezwungen sehen, den Gürtel enger zu schnallen. Die in den vergangenen Jahren fast auf null gefallene US-Sparquote verdient in diesem Zusammenhang ebenfalls der Erwähnung. Falls eine letztlich erzwungene Renaissance des Sparens eingeleitet werden sollte, die aus gesamtwirtschaftlicher Sicht begrüßenswert und notwendig ist, dann stehen der Wirtschaft sehr schwierige Zeiten bevor.

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Das Gesamtmodell

Die fundamentale Bewertung der Aktienmärkte ist weltweit noch immer hoch. Da sich die Gewinnmargen der Unternehmen in der Nähe ihres Rekordhochs befinden, ergibt sich bei den Kurs-Gewinn-Verhältnissen - die übrigens nicht niedrig sind - ein geschöntes Bild. Andere fundamentalanalytische Kennzahlen wie Kurs-Cashflow-Verhältnis, Kurs-Umsatz-Verhältnis und insbesondere die Dividendenrendite zeigen eindeutig überbewertete Märkte an.

Die monetären Indikatoren zeigen in den USA ein gemischtes Bild. Die Zinssenkungen der Notenbank sind natürlich prinzipiell positiv für die Aktienmärkte. Allerdings entfalten geldpolitische Maßnahmen ihre Wirkungen mit großer zeitlicher Verzögerung von sechs bis achtzehn Monaten. Sie werden die Rezession also nicht verhindern können.

Außerdem muss ich an dieser Stelle erneut daran erinnern, dass Zinssenkungen in Zeiten platzender Spekulationsblasen zu einem sehr stumpfen Schwert werden. Deutliche Zinssenkungen verhinderten weder die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, die auf das Platzen der damaligen Aktienblase folgte, noch die lange Leidenszeit der japanischen Aktien- und Immobilienmärkte im Anschluss an das Platzen dieser Doppelblase. Und auch im vergangenen Zyklus wurden die Hoffnungen der Notenbanker und ihrer zahlreichen staatsgläubigen Jünger, mit ihren bereits im Januar 2001 begonnenen drastischen Zinssenkungen Baisse und Rezession verhindern zu können, massiv enttäuscht. Allerdings gelang es den Verantwortlichen, eine gewaltige Immobilienblase anzustoßen, deren vermutlich verheerenden Folgen wir seit ein paar Monaten ansatzweise zu spüren bekommen.

Ein wichtiges Ergebnis der Spekulationsblasenanalyse, die im Denken der meisten Ökonomen erstaunlicherweise keine Rolle zu spielen scheint, lautet: Je größer die Blase, desto schlimmer die Folgen ihres Platzens. Deshalb habe ich den im Jahr 2001 begonnenen geldpolitischen Versuch, den Teufel mit Beelzebub auszutreiben, von Anfang an heftig kritisiert und immer wieder darauf hingewiesen, dass er ein böses Ende nehmen wird.

Die US-Geldmengenentwicklung ist - gemessen an modernen Standards - weiterhin erstaunlich schwach. M-2 stieg im Jahresvergleich um 5,9%, und die annualisierte Wachstumsrate der vergangenen drei Monate fällt mit 5,2% sogar niedriger aus. M-1 ist auf Jahresbasis mit minus 0,5% rückläufig und auf Basis der letzten drei Monate sogar mit minus 1,0%. Lediglich die sehr eng gefasste Geldmenge MZM wächst auf Jahresbasis mit stolzen 11,9% und auf Basis der vergangenen drei Monate mit 10,6%. Die für unsere drastisch verschuldete bzw. überschuldete Gesellschaft so wichtige Kreditmaschine ist ins Stottern geraten.

Bei den Sentimentindikatoren bleibt es dabei, dass die langfristig orientierten Indikatoren wie die Cash-Quote der Investmentfonds oder das Ausmaß der kreditfinanzierten Börsenspekulation extreme Sorglosigkeit bzw. großen Börsenoptimismus anzeigen. Und der wichtige Sentimentindikator von Investors Intelligence, der die amerikanischen Börsenbriefe auswertet, zeigt weiterhin mehr Bullen als Bären an. Eine bemerkenswerte Entwicklung gibt es aber bei dem Sentimentindikator der American Association of Individual Investors. Dieses Stimmungsbarometer der Kleinanleger fiel auf das niedrigste Niveau seit 1990, als die irakische Armee in Kuwait einmarschierte und sich der erste Krieg der USA gegen den Irak abzeichnete. Während die Profis weiterhin überaus bullish sind, hat der kleine Mann also die Hosen voll. Da die Kleinanleger an den Börsen keine Rolle spielen, messe ich dieser Entwicklung keine große Bedeutung bei. Außerdem liegt der Gedanke nahe, dass diese Meinungsumfrage mehr durch die Misere am Immobilienmarkt geprägt wird als durch die Vorgänge an den Aktienmärkten.


Fazit

Die wohl größte Immobilienblase aller Zeiten ist geplatzt. Jetzt wird die Rechung für diese unverantwortliche Party präsentiert. Wer die Finanzmarktgeschichte kennt und sich mit Spekulationsblasen auseinandergesetzt hat, muss leider mit einer ausgeprägten Anpassungskrise rechnen. Die kommenden Jahre versprechen sehr schwierig zu werden.

Dennoch möchte ich diese Analyse mit einer zuversichtlichen Note beenden. Erstens eröffnen sich Ihnen gerade am Ende großer Krisen extrem attraktive Kaufgelegenheiten, gewissermaßen der Lohn für geduldiges Warten und das Bewahren eines kühlen Kopfes. Und zweitens sorgt die inflationäre Geld- und Fiskalpolitik für eine Fortsetzung der langfristigen Goldhausse, auf deren Beginn ich Sie bereist Anfang 2001 hingewiesen hatte, und an der Sie seither sicherlich viel Freude hatten.


© Claus Vogt
Leiter Research der Berliner Effektenbank



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