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Ansätze des perfekten finanziellen Sturms …

17.03.2008  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.5800, nachdem in Fernost Höchstkurse bei 1.5903 markiert wurden. Der USD hat gegenüber dem JPY zwischenzeitlich Tiefstkurse bei 95,80 erreicht und stellt sich aktuell auf 97.25.

Carry-Trades sind in Fernost kollabiert. EUR-JPY steht bei 153.50, nachdem Tiefstkurse bei 152.05 touchiert wurden. EUR-CHF oszilliert aktuell bei 1.5520. Zwischenzeitlich sind Tiefstkurse bei 1.5354 markiert worden. Das britische Pfund kam unter massiven Verkaufsdruck. Der Euro steht aktuell bei 0.7825 GBP (Höchstkurs bei 0.7912).

Ansätze des perfekten finanziellen Sturms sind in den USA zunehmend erkennbar. Sie sind gekennzeichnet durch eine Erosion/Deflation des Werts der Aktiva/Sicherheiten. Das wird im ABS und MBS Sektor zunehmend offensichtlich. Durch massive Abschreibungen im Bankenbereich sinkt die Kreditvergabemöglichkeit der Banken. Folge ist erhöhte Risikoaversion der Banken. Geringere als auch verteuerte Kreditvergabe wirken sich auf das Wachstum belastend und dämpfend aus. Durch die globale Vernetzung insbesondere unterhalb des Bilanzstrichs im internationalen Finanzsektor nimmt dieses Szenario des perfekten finanziellen Sturms globale Ausmaße an.

Die Grundlagen dieses Sturms sind lange vorher gesät worden. Die Zentralbankpolitik Alan Greenspans ist hier zu nennen. Jede Krise wurde mit den Breitbandantibiotika Liquidität und Zinssenkung bekämpft. Ordnungspolitische Maßnahmen fehlten gänzlich. So blieben Derivate unreguliert. Bei der Bilanzierung unterhalb des Bilanzstrichs wurde nicht gestalterisch eingegriffen. Hedge Funds blieben unreguliert. Blasen konnte man laut Greenspan nicht erkennen. Eine Baisse hatte jedoch sofortige unterstützende Reflexe zur Folge. So etwas fördert Blasenbildung am Finanzmarkt. Dramatisch verwässerte Kreditvergabestandards wurden weder von den Aufsichtsbehörden noch von der Zentralbank oder supranationalen Veranstaltungen kritisch begleitet. Genauso wurde der derzeitige perfekte Sturm vorbereitet.

Kritische Stimmen einzelner der Sache verpflichteter Banker/Analysten/Volkswirte wurden in dieser Phase gerne überhört und derartige Protagonisten wurden in ihrer Karriere wenig gefördert. Derartige Personen waren Spielverderber, da es ihnen offensichtlich an opportunistischen Charaktermerkmalen mangelte.

Ordnungspolitisch spielt sich vor unseren Augen ein Drama ab. Der lautstärkste Vertreter freier Märkte auf der globalen Bühne bewegt sich auf massivsten interventionistischen Terrain.

Am Sonntag hat die Fed entschieden, den Diskontsatz von zuvor 3,50% auf 3,25% zu senken. Darüber hinaus wurde eine neue Kreditfazilität mit dem Ziel geschaffen, die Liquiditätslage bei den Unternehmen, die in der Verbriefung und Strukturierung aktiv sind, zu entspannen. Diese Kreditlinie wird mindestens sechs Monate aufrecht erhalten. In der Folge des erneuten Aktionismus der Fed erwarten Marktteilnehmer mittlerweile eine Zinssenkung um mindestens 75 Basispunkte am Dienstag.

JP Morgan Chase hat Bear Stearns für 240 Mio. USD erworben, das ist weniger als 10% des Vorwochenwerts. Die Fed hat erklärt, sie werde JP Morgan Chase bei der Finanzierung der illiquiden Portfolios in der Größenordnung von 30 Mrd. USD unterstützen. Das Management dieses Portfolios liegt bei der Fed. Hier wird der Unterschied zwischen Fed und JP Morgan Chase fließend. Das wirft Fragen auf. Werfen wir einen Blick auf nachstehende Statistik.

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In den vergangenen Monaten haben wir nichts von maßgeblichen Problemen bei JP Morgan gehört. Hinsichtlich der dominanten Position bei Derivaten (circa 3 x größer als Citibank) ist dieser Umstand durchaus erstaunlich. "Food for thought!"

Die Maßnahmen der Fed werfen ein zweite Frage auf. Die relative Stabilität der Finanzmärkte in den vergangenen Jahren verdanken wir der erfolgreichen und homogenen Zusammenarbeit der G-7 bis G-10 Veranstaltung. Die aktuellen Politikansätze der Fed implizieren tendeziell einen Politikansatz der unabgestimmt wirkt und "Event"-getrieben ist. Das Risiko, dass die USA unilateral und nicht abgestimmt handeln, ist gegeben. Ergo ergeben sich Brüche in der homogenen Aufstellung der G-7 bis G-10 Veranstaltung. Daraus resultiert ein erhöhtes Unfallrisiko des gesamten Finanzsystems.

Gleichwohl besteht unverändert latent das Risiko von koordinierten Interventionen am internationalen Devisenmarkt, die sich auf den Gesamtmarkt beruhigend auswirken sollten. Hinsichtlich der heute anstehenden Veröffentlichungen verweisen wir auf die unten angeführte Datenbox. In der aktuellen Lage spielen Veröffentlichungen eine untergeordnete Rolle. Das Systemrisiko steht im Mittelpunkt des Marktinteresses.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.5470 - 00 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank






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