Suche
 
Folgen Sie uns auf:

US-Konjunktur im Mai 2008

09.06.2008  |  Mack & Weise
Analyse und Bewertung

"Das ,Ende der Welt an den Finanzmärkten’ konnte abgewendet werden, aber wir werden einen massiven Einbruch bei den Unternehmensgewinnen sehen".
Morgan Stanley (23.04.2008)


Im August letzten Jahres vernahm die Welt erste Hypotheken-Notrufsignale. Diese völlig unterschätzend und von der heilenden Wirkung des Outputs seiner Gelddruckmaschinen überzeugt, verkündete Ben Bernanke bezogen auf den Zustand der US-Wirtschaft noch im Oktober 2007: "Wir sind nicht davon überzeugt, dass die wirtschaftliche Expansion zum Stillstand kommt."

Nur ein halbes Jahr später und nach aggressiven Zinssenkungsrunden im Stile eines Arthur Burns (FED-Chef in den 70er Jahren, der ein Erbe aus unkontrollierter Inflation hinterließ!) die bittere Erkenntnis: Es besteht die "Möglichkeit einer US-Rezession" … aber "spätestens für die zweite Jahreshälfte und 2009 sei wieder mit einem höheren Wirtschaftswachstum zu rechnen." Ben, dem Seher, sei Dank!

Können die Zinssenkungen oder das von ihm und Finanzminister Henry Paulson initiierte und im Mai gestartete Konjunkturprogramm tatsächlich eine Rezession dauerhaft verhindern? Ist der amerikanische Konsument plötzlich wieder solvent? Und … wer finanziert die notwendigen Kredite, wo doch keine Aussicht auf eine erfolgreiche bilanzschonende Verbriefung besteht?

Zweifel an Ben Bernanke´s Prognose scheinen angebracht, denn der Aufschwung der amerikanischen Wirtschaft beruhte besonders in den letzten fünf Jahren nicht mehr auf der Erwirtschaftung von Einkommen, sondern auf einem von allen Seiten befeuerten kreditfinanzierten Immobilienboom, der einen märchenhaften Tischlein-deck-dich-Konsumrausch ermöglichte. Parallel dazu sank als Folge des vermeintlich dauerhaften "Wohlstand-Effektes" die Sparquote der amerikanischen Bevölkerung von 9,4% auf unter Null. Nur so konnte der Amerikaner auf der Konsumseite ein möglicherweise letztes Feuerwerk abbrennen und exportabhängige Volkswirtschaften wie Deutschland, China oder Japan beflügeln. Die Weltmeister des Konsumierens (auf Pump) trugen so rekordverdächtige 72% zum US-Sozialprodukt bei und sind inzwischen - nicht ganz unbedeutend für den Rest der Welt - für rund ein Drittel der globalen Nachfrage verantwortlich.


Was vom Aufschwung übrig blieb

Die FED-Flow of Funds Summary Statistiken des 4. Quartals 1997 bzw. 2007 belegen, wie das "globale Konjunkturprogramm der USA" in den vergangenen Jahren erkauft wurde:

Open in new window


Die Verdopplung der US-Gesamtverschuldung innerhalb von nur 10 Jahren führte aber nicht zu der erhofften wirtschaftlichen Expansion, denn das reale US-BIP wuchs nach Bureau Economic Analysis (BEA)-Angaben von 8.470,6 Mrd. USD (Anfang 1997) lediglich um 37,8% auf 11.675,7 Mrd. USD bis Ende 2007. Jeder neue Dollar Schulden verhalf also nur zu 0,20 USD Wirtschaftswachstum.

Ende 1997 lag die Gesamtverschuldung der USA gemessen am BIP noch bei 255,3% und somit fast auf dem Verschuldungsniveau von 1931 (260%), welches bekanntlich in der tiefen Depression erreicht wurde. Nur eine Dekade später beläuft sich dieses nun auf offiziell 352,6%!

Damit befinden sich die Vereinigten Staaten in der größten Kreditinflation aller Zeiten und sowohl Notenbank als auch Regierung versuchen alles in ihrer Macht stehende, den Verschuldungsboom nicht abreißen zu lassen. Der Point of no Return scheint dabei längst überschritten zu sein, denn schon allein die Lasten des Irak-Krieges werden einer Studie zufolge die Staatsfinanzen in den kommenden Jahren mit insgesamt 3.000 Mrd. USD belasten und damit 60-mal höher ausfallen, als von der Bush-Regierung angekündigt! Auch die hektisch beschlossenen Konjunktur- oder Rettungsprogramme in Folge der Subprime-Krise werden neben den Wahlgeschenken der designierten Präsidentschaftskandidaten das Verschuldungs-tempo weiter hochhalten, solange es noch gutgläubige Kreditgeber gibt.


Visionen kontra Realität

Die USA sind in den letzten Jahrzehnten vom größten Gläubiger der Welt zum größten Schuldner mutiert und inzwischen wie keine andere Volkswirtschaft von Importen abhängig. Das US-Leistungsbilanzdefizit (738,2 Mrd. USD oder 4,1% vom US-BIP per Ende 2007, nach 811,5 Mrd. USD 2006) weist einen jede Bananenrepublik Konkurrenz machenden Wert aus, während die Exportnationen des asiatischen und arabischen Raumes in den letzten Jahren US-Devisenreserven in Billionenhöhe anhäuften. Aber schließlich, so Alan Greenspan, Ex-FED-Chef, ist das US-Defizit Ausdruck des "großen Vertrauens der Welt in die Kreditwürdigkeit und Solidität der amerikanischen Volkswirtschaft" und "daher seien politische Korrekturen nicht nötig."

Noch können die USA ihr Defizit über die globalen Finanzmärkte in eigener Währung und zugleich Weltreservewährung finanzieren, aber ob dies dauerhaft gelingt, bleibt offen. Wie schnell jemandem das Vertrauen entzogen werden kann, haben die letzten Monate eindrucksvoll bewiesen. Auf eine erste Ablehnung des US-Dollars stößt dieser bereits an den Devisenmärkten. Seit 2002 hat sich der Dollar im Stile einer Subprime-Währung um mehr als 50% bzw. um ein Drittel seit 2006 gegenüber dem Euro verbilligt (Stand: Ende April)! Anderen wichtigen Währungen gegenüber ergibt sich ein ähnliches, wenn auch nicht so drastisches Bild.

Zur Finanzierung des laufenden Leistungsbilanzdefizits sind die USA auf Kapitalimporte von nunmehr täglich rund 2 Mrd. USD angewiesen. Um aber an dieses Lebenselixier zu kommen, braucht es zwingend gute Nachrichten. Auch ein Ben Bernanke weiß, dass Investoren nach der siebten Leitzinssenkung von ehemals 5,25% (18.09.07) auf nunmehr 2% einen negativen Realzins von offiziell -1,9% (Fed Funds Target Rate abzgl. Inflation) auf Dauer nicht als Kaufargument akzeptieren.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"