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US-Konjunktur im Mai 2008

09.06.2008  |  Mack & Weise
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Ebenfalls spannend wird es beim Blick auf die Lohnentwicklung. So fielen die mittleren - nominalen - Wochenlöhne im April um 0,2% als auch die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden, so dass die Lohnkosten auf Jahressicht nur noch um 2,2% anstiegen (Vorjahresvergleich: 2,8%) - gerade in dem Moment, wo doch nun vor Kaufkraft strotzende Amerikaner erwartet und dringend benötigt werden. Lediglich 38.000 USD verdiente durchschnittlich ein Amerikaner im letzten Jahr, während die Belgier 47.000 USD, deutsche Arbeitnehmer 60.000 USD oder die Schweizer sogar 64.000 USD nach Hause trugen. Sieht so Kaufkraft aus? Zumindest bemerkt der Amerikaner nun, dass ohne Kredit alles nichts ist, und beginnt seine Ausgaben wenig patriotisch, dem Beispiel der Firmen lediglich folgend, einzuschränken (1% annualisiert, nach zuvor 2,3%). Der in den letzten Jahren von der Automobilindustrie spekulationsartig getunte Autoabsatz fiel auf ein 30-Jahres-Tief (-14% allein im April) während die Anzahl der Baubeginne nicht einmal halb so hoch sind wie vor 30 Jahren - nur damals gab es 82 Mio. weniger Einwohner (222 Mio.) und eine hohe Sparrate (9,4%)!

Obwohl ein berühmtes, aber nicht belegbares Zitat: "Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast." gern Winston Churchill zugeschrieben wird und somit wohl auch nur das Ergebnis einer historischen Fälschung ist, wird dieses in amerikanischen Statistik-Speziallaboren gelebt - und die Welt übernimmt ohne Nachfrage die immer passenden Konjunkturdaten.


Inflation, die es nicht gibt … aber jeder fühlt!

Die wichtigste Frage zum Schluss. Wie berechnet sich die Inflationsrate, die letztendlich für alle realen volkswirtschaftlichen Daten, wie Wachstum, Produktivität, Lohnentwicklung die entscheidende Variable ist und darüber hinaus größte Bedeutung bei Lohnverhandlungen oder Transfereinkommen zukommt?

Spätestens seit den 90ern, dem Start des größten kreditfinanzierten Wohlfahrtsprogramms durch Alan Greenspan, mussten die Nebenwirkungen dieser gefühlten-Reichtum-erzeugenden-Maßnahme unter den Teppich der Statistik gekehrt werden. Wie geht das? Ganz einfach - mit Kreativität!

Normalerweise wird die Inflationsrate durch den Vergleich der Preisentwicklung eines Warenkorbs in einer bestimmten Periode ermittelt. So auch in den USA. Allerdings gehen die US-Statistiker davon aus, dass Konsumenten Produkte mit den größten Preissteigerungen weniger nachfragen werden und lassen diese daher aus dem Warenkorb verschwinden. Steigt der Preis für Rindersteaks, essen die Amerikaner eben Burger - statistisch verordnet! So lässt sich über die ständige Veränderung der Warenkorbprodukte eine stete, nicht bekämpfenswerte, niedrige Inflation suggerieren.

Ein weiterer wesentlicher statistischer Trick ist die hedonische Berechnungsmethode, die angenommene Qualitätsverbesserungen als Preissenkung in die Statistik einfließen lässt. Qualitätsverschlechterungen z. B. im Service werden natürlich nicht erfasst. Dank dieser Hedonik-Tricks konnte die Inflation so (unglaubhaft) niedrig gehalten werden, dass selbst ein Zinssatz auf Depressionsniveau über lange Zeiträume keine Inflationsgefahr signalisierte. Gemessen am Warenkorb von 1998 liegt die Inflationsrate in den USA bei nunmehr über 7% und bestätigt die vom Conference Board unter Verbrauchern ermittelte gefühlte Inflation von 6,8%!

Paul Volcker, letzter Angstgegner der Inflation, äußerte sich dazu jüngst gegenüber BLOOMBERG und richtete mehr als nur warnende Worte an die Adresse der Notenbank: Wenn der Inflationsdruck nicht vom US-Dollar genommen wird "werden wir echte Schwierigkeiten bekommen … dann sind wir bald wieder in den Siebzigern, oder schlimmer noch."

Ein Problem ließ sich aber nicht statistisch aufpeppen. Da den hedonischen Kunstgriffen der Vergangenheit, mit denen Preiserhöhungen aufgefangen wurden, keine entsprechenden Nominallohnerhöhungen entgegenstanden (seit 2000 nahezu Stagnation) und die Aussichten darauf eher als gering zu betrachten sind, wird für die Weltmeister des Geldausgebens die Zeit bis zum nächsten Gehaltsscheck immer länger und länger … und für immer mehr zu lang!


Was hoch fliegt, fällt auch tief

Angesichts der Bedeutung steigender Vermögenspreise für das Verbrauchervertrauen und der damit verbundenen Konsumneigung bestätigen die Zahlen vom amerikanischen Immobilienmarkt, dass sich die USA auf dem Weg in eine schmerzhafte Rezession befinden. Trotz staatlicher Stützungsaktionen kommen von der Immobilienpreisfront nach wie vor keine wirklich beruhigenden Zahlen - zu stark war deren Auftrieb zuvor. Geräuschvoll lösen sich nun die ersten Milliarden im vierstelligen Bereich von insgesamt erwarteten 6.000 Mrd. USD des kollektiven american-my home, my car, always solvent-dreams in Luft auf.

Nachdem die Eigenheimpreise zwischen 1996 und 2006 um real 86% gestiegen sind, wird am S&P/Case-Shiller US-National Home Price Index das Tempo des Preisverfalls gut ablesbar. Die die Preisentwicklung der 20 bzw. 10 bedeutendsten US-Ballungszentren messenden Indices verzeichneten mit 12,7% bzw. 13,6% auf Jahressicht einen zweistelligen Rückgang (tiefste Stände seit 2001!). Insgesamt gaben im ersten Quartal 2008 die Preise für Wohnimmobilien im Durchschnitt um 7,7% nach und stellen so den größten Einbruch seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen vor 29 Jahren dar! Die Durchschnittspreise für neu gebaute Häuser sind auf Jahresbasis um 13,3% gesunken und markieren den stärksten Rückgang seit 1968, da deren Verkauf immer seltener gelingt (-36% auf Jahressicht). 4,06 Mio. Häuser (+40.000 ggü. Vormonat) stehen nun zum Verkauf - 53% mehr als der Durchschnitt der vergangenen 9 Jahre (2,6 Mio.).




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