Den Tiger beim Schwanz gepackt
26.06.2008 | Theodore Butler
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Der Kracher ist aber, dass ich in all den Jahren, in denen ich die Manipulation anklage, immer wieder von der CFTC und anderen Aufsichtsbehörden mit dem Argument zurückgewiesen wurde, dass jeder doch schließlich Silber kaufen könnte, wenn er glaubt, es sei unterbewertet. Hier aber haben wir einen Fall, wo die SLV-Käufer dahingehend auch wirklich Nägel mit Köpfen machen, aber über's Ohr gehauen werden, da sie leere Versprechungen bekommen und nicht das, wofür sie bezahlt haben. Schändlich. Um ganz deutlich zu sagen, was ich denke: Wie ich schon letzte Woche dargelegt habe, sollten Sie keine SLV-Anteile kaufen, wegen all den Dingen, die in meinem Artikel standen. Wenn Sie zu anderen Silberformen wechseln können, so kann ich das von meiner Seite aus nur empfehlen. Jemand, der in einer Größenordnung von einigen Tausend oder Zehntausend Dollar investieren kann, sollte zum Beispiel lieber 100 bis 500 Silver Eagles kaufen, anstatt 10 bis 50 SLV-Anteile. Investoren, die in viel größere Mengen investieren wollen, sind gut beraten, über Lagerprogramme nachzudenken, bei denen das Silber für sie ganz persönlich (unter Angabe der Seriennummer) gelagert wird, so wie bei COMEX-Lagerbescheinigungen oder bei anderen verbrieften und versicherten Lagerbescheinigungen. Super-große SLV-Investoren (diejenigen, bei den es um Größenordnungen von 500.000 Unzen geht) sollten sich ihre Anteile einfach in ein direktes Lagerprogramm ausliefern lassen. Aber wenn Sie nicht in andere Silberformen investieren können, dann halten Sie die SLV-Anteile. Und kaufen Sie mehr davon. Aber sagen Sie Barclay immer wieder, wie sie darüber denken, bis sie mit den Leerverkäufen aufräumen. Und ich glaube dazu sind sie auch verpflichtet. Bis jetzt haben sie dahingehend noch nichts ausgereizt.
Ob Sie es glauben oder nicht, ich versuche diese Artikel kurz und knapp zu halten. Das ist allerdings problematisch, weil es immer neue Gebiete gibt, über die man schreiben muss und diese Angelegenheiten können kompliziert sein. Haben Sie bitte ein wenig Geduld mit mir. Zudem gibt es im Silbermarkt, wie auch in jedem anderen Markt, Vorkommnisse und Einflüsse, die gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Denken Sie an einen Zirkus, in dem gleichzeitig 10 oder 20 Manegen besetzt sind - viel komplexer als der Drei-Manegen-Zirkus der Ringling Bros., in dem die Hochseilartisten, die Clowns und die Elefantenparade gleichzeitig ihre Auftritte hatten. Mit dem Zirkus hat auch der Silbermarkt etwas gemein - es geht nicht nur um einfache Unterhaltung.
Als ich diesen Artikel vorbereitete, ergaben sich zwei neue Sachen. Die erste war ein plötzlicher, heftiger Einbruch der Silber- und Goldpreise am Montag. Auch wenn ich mich schon langsam an diese immer wiederkehrenden, heftigen Sell-Offs gewöhnt habe, so war dieser doch etwas Besonderes. Ich glaube, noch nie einen solch heftigen Einbruch (Silber um 75 Cent, Gold um 25 Dollar) in einem so kurzen Zeitraum (15 Minuten) und ohne offensichtliche Erklärung gesehen zu haben. Der wahre Grund? Wir haben dieselben gleitenden Durchschnitte unterschritten, die wir einige Tag zuvor überschritten hatten. Die Händler haben es Ende letzter Woche zugelassen, dass eine ausreichende Anzahl Techfonds und andere auf Margin handelnde Spekulanten COMEX-Futures-Kontrakte kauften. Anschließend haben sie den Preis nach unten manipuliert, indem sie sich kollektiv und unter Absprache mit ihren Geboten bis zum freien Fall am Montag zurückhielten. Die Akkumulation und die darauffolgende Liquidation durch Techfonds/ Long-Positionen und Händler/ Short-Positionen fanden in so kurzer Zeit statt, dass sie möglicherweise nicht einmal in den COT der nächsten Woche eingehen wird, weil sich alles noch innerhalb der Berichtswoche ereignete. Die gute Nachricht ist, dass diese Liquidation spekulativer Long-Positionen, die in der letzten Woche erworben wurden, abgeschlossen scheint. Jede weitere Liquidation müsste dann von älteren Long-Positionen kommen, was aber noch abzuwarten bleibt.
Die zweite Entwicklung hat mit Veränderungen bei den Gold- und Silberbeständen im SLV und GLD zu tun. Mit einer Abweichung von seit sechs Monaten bestehenden Mustern gingen die SLV-Bestände in den letzten Tagen um 3 Millionen Unzen zurück und liegen bei einem immer noch hohen Stand von 192 Millionen Unzen (ein Plus von 42 Millionen Unzen seit ca. Ende Dezember). Beim Gold legte der GLD deutlich an Beständen zu, mit einer ganzer 1 Million Unzen während der letzten 8 Geschäftstage, womit die Bestände jetzt wieder dort stehen, wo sie Ende des letzten Jahres standen. Die wichtige Frage ist jetzt allerdings nicht, warum der GLD zulegen konnte (in Anbetracht der relativen Attraktivität von alternativen Anlageklassen), sondern warum es zu dieser Zeit im SLV überhaupt zu Rückgängen, wenn auch geringen, gekommen ist.
Lassen Sie mich zuerst die sich automatisch aufdrängende Erklärung, warum es zu einem geringfügigen Rückgang bei den SLV-Beständen gekommen ist, aus dem Weg räumen, die da wäre, dass Investoren Anteile verkauften und Bestände liquidierten. Die Bewegung im Handel, in Anbetracht der normalen Verspätungen bei den Metallbewegungen, hätten eigentlich auf ein Ansteigen der Bestände hindeuten müssen - in Hinblick auf die Erholung der Silberpreise während der letzten Woche. (Der Einbruch vom Montag hätte gar nicht so schnell Wirkung zeigen können.) Das lässt zwei alternative Erklärungen zu. Entweder haben sich die Investoren meinen Ratschlag zu Herzen genommen und haben zu direkter Lagerhaltung gewechselt, oder - was auch wahrscheinlicher ist - Silber wurde aus dem ETF entnommen, weil es für industrielle Anwendungen benötigt wurde oder um damit die COMEX zu beliefern, wo die große Juli-Lieferung ansteht.