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EZB-Ratssitzung und US-Arbeitsmarktbericht im Fokus - EUR befestigt!

03.07.2008  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.5870, nachdem in Fernost Tageshöchstkurse bei 1.5890 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem USD bei 106.10. "Carry-Trades" konnten weiter an Boden gewinnen. EUR-JPY stellt sich auf 168.35 und EUR-CHF oszilliert bei 1.6125. Derzeit drängt sich der Eindruck auf, dass nach dem Auslaufen der Korrelation der "Carry-Trades" mit den Aktienmärkten aktuell eine Korrelation mit der Ölpreisentwicklung gegeben ist.

Salopp ausgedrückt korreliert die massive Fehlbewertung des JPY aktuell mit der äußerst ambitionierten Bewertung des Ölpreises. Wir nehmen diese Entwicklung zur Kenntnis. Fakt ist, dass Korrelationen zumeist temporäre Phänomene sind …

Die Erzeugerpreise der Eurozone legten per Mai stärker als prognostiziert im Monatsvergleich um 1,2% und im Jahresvergleich um 7,1% nach zuvor 6,2% zu. Der Energiepreisanstieg erhöhte sich im Jahresvergleich von April auf Mai von 14,4% auf 18,2%. Unverändert sind die Energiepreise wesentlichster Katalysator der Preisentwicklung.

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Die Daten aus den USA waren einmal mehr ambivalent. In der Gesamtheit konnten sie jedoch nicht überzeugen:
  • Laut dem "Challenger Report" gingen per Juni 81.750 Jobs durch Massenentlassungen verloren. Im Monatsvergleich ergab sich damit ein Rückgang um 21,0%. Aussagefähiger ist der Jahresvergleich. Hier ergab sich ein Anstieg um 46,7% nach 45,6% im Vormonat.

  • Der "ADP Employment Report" per Juni enttäuschte mit einem Rückgang um 79.000 Jobs in der Privatwirtschaft. Analysten hatten einen Wert von -20.000 in der Konsensusprognose unterstellt.

  • "Factory Orders" per Mai lieferten einen kleinen Lichtblick mit einem nicht erwarteten Anstieg um 0,6% im Monatsvergleich. Die Prognose war bei +0,4% angesiedelt. Darüber hinaus wurde der Vormonatswert von +1,1% auf +1,3% revidiert. Da es sich hier um eine nominale Datenreihe handelt, ist bei der Interpretation des aktuellen Anstiegs bezüglich des Preisanstiegs im Erzeugerbereich (7,2% p.a. per Mai) keine Euphorie angebracht.

Heute stehen zunächst Daten aus der Eurozone im Fokus des Marktes:
  • Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone für den Dienstleistungssektor soll per Juni von zuvor 50,6 auf 49,5 Punkte gesunken sein. Damit würde dieser Sektor per Juni von leichter Kontraktion betroffen sein.

  • Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone werden per Mai mit einem Anstieg im Monatsvergleich um 0,5% prognostiziert. Damit ergäbe sich im Jahresvergleich ein Rückgang um 0,8% nach -2,9% im Vormonat.

Die EZB-Ratssitzung steht heute im Mittelpunkt des Marktinteresses. Die Verbalakrobatik seitens diverser Vertreter der EZB lässt nur eine Schlussfolgerung zu. Die EZB wird den Reposatz heute um 0,25% auf 4,25% anheben.

Unverändert erachte ich diesen Schritt vor dem Hintergrund der gegebenen dauerhaften Risikoaufschläge (3 Monatsgeld circa 0,75%) am Geldmarkt für "ambitioniert" und riskant, da Zweitrundeneffekte (Kernrate Mai CPI 1,7%) unverändert nicht erkennbar sind und hinsichtlich der im Mainstream in dieser Form nicht erwarteten globalen und europäischen Konjunkturabkühlung aller Voraussicht auch ausbleiben werden.

Der Presskonferenz der EZB kommt hohe Bedeutung zu. Jüngste Äußerungen von Trichet lassen hier Raum für Spekulation. Nachdem zunächst die verbale Fokussierung darauf ausgelegt war, dass mit der voraussichtlichen heutigen Zinserhöhung keine Reihe von weiteren Zinsschritten ausgemacht sei, sprach Trichet zuletzt von Risiken, dass die Inflation explodiert, sofern die EZB nicht entschlossen sei. Nun, wenn die EZB zu entschlossen agiert, mag die Wirtschaft unter Umständen implodieren, was übrigens mindestens disinflationär wenn nicht gar deflationär wäre! Auch dieses Risiko sollte nicht vollständig ausgeblendet werden.

Meines Erachtens gibt es für den Finanzmarkt zwei relevante Varianten möglicher Verbalakrobatik:
  • 1. Trichet betont, dass der aktuelle Zinsschritt nicht als Ausdruck eines Beginns weiterer Zinsschritte interpretiert werden sollte. Dann gälte für den Euro "Buy the Rumour - Sell the Fact" als Handelsmaxime, da der Zinsschritt voll am Markt diskontiert ist.

  • 2. Trichet zeigt sich übermäßig besorgt und impliziert weitere Zinsanhebungen in der Zukunft. In diesem Fall ergäbe sich für den Euro kurzfristig weiterer nachhaltiger Aufwärtsspielraum. Die Betonung liegt auf kurzfristig, da insbesondere unsere südeuropäischen Freunde weder erhöhte Zinsen noch eine Fortsetzung der Euro-Aufwertung leicht verdauen könnten. Ergo erhöhte sich das konjunkturelle und das politische Risiko innerhalb der Eurozone. Hier läge mittel- und langfristiges Belastungspotential für den Euro.

Aus den USA steht der Arbeitsmarktbericht per Juni zur Veröffentlichung an. Die Quote, die nur bedingte Aussagekraft hat, soll von 5,5% auf 5,4% sinken. Die stark beachtete Entwicklung der Beschäftigung außerhalb des Agrarbereichs wird per Juni mit einem Rückgang um 60.000 Arbeitsplätze prognostiziert. Um eine neutrale Situation am US-Arbeitsmarkt zu gewährleisten, bedarf es eines Zuwachses um circa 150.000 Jobs. Wir schließen negative Überraschungen in Richtung -100.000 Jobs nicht aus. Der beigefügte Chart verdeutlicht die prekäre Situation am USArbeitsmarkt.

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Der ISM-Dienstleistungsindex per Juni komplettiert den heutigen Datenreigen. Analysten unterstellen einen Rückgang von 51,7 auf 51,0 Punkte. Damit ergäbe sich unverändert Wachstum in diesem Sektor der US-Wirtschaft. Wegen dieses "Wachstums" erwägt Starbucks in den USA wahrscheinlich 600 Shops dicht zu machen und 12.000 Leute auf die Straße zu setzen. "Food for thought!"

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Erst ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützung bei 1.5600 oder ein nachhaltiges Überwinden der bisherigen historischen Höchstmarken oberhalb von 1.6018 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank






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