Edelmetalle Aktuell
25.07.2008 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W.C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.
Verglichen mit den gefühlt und real kräftigen Verlusten bei den Platinmetallen konnte sich das Gold in den letzten Tagen noch vergleichsweise gut halten. Trotzdem musste es Verluste hinnehmen, nach unten getrieben vor allem von einem fallenden Ölpreis, der inzwischen bei nur noch 124 $ je Barrel und damit 16% unter dem Allzeithoch von Mitte Juli liegt.
Das es am Ende zu einem solchen Verlust kommen würde, war anfänglich alles andere als absehbar. Zwar gab es zunächst beim Öl und als Reaktion darauf auch beim Gold Verluste, die erneute Trendwende ließ aber nicht lange auf sich warten. Ein Raketentest des Irans (der sich sofort positiv auf den Ölpreis auswirkte), sowie die massiven Probleme der großen US-Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddy Mac und einer Reihe weiterer USBanken sorgten in Verbindung mit ebenfalls stark fallenden Aktienkursen für erhebliche Verunsicherung der Spekulanten, aber auch eher konservativerer Anleger. Beide Gruppen wendeten sich daraufhin zunächst in großem Umfang dem Gold als vermeintlich "sicherem Hafen" zu. Das gelbe Metall stieg dabei von nur 912,90 $ auf über 988,50 $ an.
Auf dem Höchstkurs, der begleitet war von einem Ölpreis von über 147 $ je Barrel nahmen dann aber die Befürchtungen hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Weltwirtschaft überhand. Das Öl fiel vor allem deshalb am Ende bis auf den bereits oben erwähnten Kurs zurück, das Gold verlor gleichzeitig fast 70 $ je Unze und notierte heute Morgen zeitweise bei "nur" noch 918 $ je Unze. Zu dem Preisverfall haben auch Kommentare des USFinanzministers Paulson beigetragen, der die Hoffnung äußerte, dass der Immobilienmarkt in den USA schon innerhalb weniger Monate wieder drehen könnte. Hinzu kamen dann noch Äußerungen von US-amerikanischen Zentralbankern, die den Dollar als unterbewertet bezeichneten und nicht ausschlossen, dass die Zinsen weiter angehoben werden könnten. Ein stärkerer Dollar und höhere Zinsen wären für die Rohstoffpreise sicher eine Belastung.
Die aktuell extreme Volatilität auf den Märkten zeigt, dass sowohl das Öl, wie auch das Gold im Moment nicht wirklich die reale Welt wiedergeben. Stattdessen schwanken die Rohstoffe je nach Gemütslage der Händler und Spekulanten und die kann, wie man in den letzten Tagen wieder gesehen hat, innerhalb von Stunden von einem Extrem ins andere umschlagen.
Nach den kräftigen, gleichwohl im Vergleich zu den anderen Metallen unterdurchschnittlichen Verlusten dieser Woche ist nicht auszuschließen, dass das gelbe Metall noch einmal leicht an Wert verliert. Charttechnisch gibt es jetzt aber eine sehr gute Unterstützung bei 915 $ je Unze. Es ist gut möglich, dass sich das Gold deshalb vorerst über diesem Niveau halten kann. Auf der oberen Seite erscheint in der nächsten Woche, größere politische und wirtschaftliche Verwerfungen einmal außen vor gelassen, das Ende der Fahnenstange bei 965 $ zu liegen.
Von der Minenseite gab es in den vergangenen Wochen nur wenige Meldungen, ein kurzer Streik in Südafrika gegen die steigenden Lebensmittel- und Kraftstoffkosten hatte auf die Marktentwicklung keine Auswirkungen. Gleiches gilt für die Meldung, dass Anglogold Ashanti seine Terminabsicherungsgeschäfte im 1. Halbjahr um massive 4,4 Mio. Unzen oder 39% reduziert habe. Anglo verwies in dem Zusammenhang darauf, dass man jetzt deutlich stärker der Entwicklung des Goldpreises ausgesetzt sei.
Aus dem Schmuckbereich gibt es derweil gemischte Meldungen, einem Anstieg in Abu Dhabi stehen massive Einbrüche in den wichtigen Märkten Türkei und Italien gegenüber.
Der Silberkurs verlief in den letzten Tagen weitgehend parallel zum Goldpreis. Nach einem Start bei über 18 $ je Unze folgte eine erste Abwärtsbewegung, die ihrerseits von einem deutlichen Anstieg auf über 19,40 $ abgelöst wurde. Als das Gold dann endgültig auf die schiefe Bahn geriet, verlor das Silber nicht zuletzt auch aufgrund seiner Zwitterstellung als Investment– und Industriemetall überdurchschnittlich an Wert, ohne aber am Ende den Platinmetallen vergleichbare Minuszahlen vorzeigen zu müssen. In der nächsten Zeit muss nun die Unterstützung bei 17,05 $ halten, ansonsten könnte die Notierung noch einmal leicht um einen halben Dollar fallen. Angesichts dessen, dass wir eine Stabilisierung bei den anderen Metallen erwarten, sehen wir vorerst spätestens bei dem dann erreichten Niveau einen Boden.
Die von uns im letzten Bericht vom 3. Juli in Aussicht gestellte Abwärtsbewegung des Platinpreises trat am Ende schneller ein, als wir zu Beginn dieses Monats noch erwartet hatten.
Nachdem das Metall vor drei Wochen noch bei 2.044 $ je Unze notierte, fiel es bereits in der ersten Woche des Berichtszeitraumes deutlich unter die Marke von $ 2.000. Allerdings gab es in der Nähe der Tiefstkurse bei 1.940 $ eine erste Welle industrieller Nachfrage, die zusammen mit der Unterstützung durch einen da noch deutlich steigenden Goldpreis dafür sorgte, dass das Metall bis Mitte des Monats noch einmal die Marke von 2.000 $ erreichte.
Ein weiterer Grund für den, wie man später sehen sollte, nur vorübergehenden Wiederanstieg dürften auch Meldungen gewesen sein, nach denen Lonmin, der weltweit drittgrößte Platinproduzent, durch die jüngste Panne in seiner Schmelze im aktuellen Finanzjahr 5.000 - 10.000 Unzen weniger Platinmetalle auf den Markt bringen wird. Inzwischen war der Ofen in der Schmelze zwar repariert, der Markt reagierte auf die Meldung aber trotz der relativ kleinen Menge mit einem letzten Aufbäumen jener Nervosität, die den Markt seit Bekanntgabe der südafrikanischen Stromlieferprobleme Ende Januar beherrscht hatte.
Die vorläufig letzte Trendwende kam zu Beginn der dritten Handelswoche im Juli, als der südafrikanische Stromversorger Eskom verkündete, dass man wohl ohne weitere Versorgungsengpässe durch das Winterhalbjahr auf der Südhalbkugel kommen werde. Außerdem gab die Regierung am Kap bekannt, dass man die Mittel zum Ausbau der Produktionskapazität von Eskom deutlich schneller als bisher geplant zur Verfügung stellen werde. Innerhalb von nur drei Jahren wird die Regierung nun 60 Mrd. Rand in die marode Stromwirtschaft investieren.
Als Eskom dann auch noch bekannt gab, dass mit Bobby Godsell, dem früheren Vorstandsvorsitzenden von AngloGold Ashanti ein ausgesprochener Bergbauexperte und -freund neuer Aufsichtsratsvorsitzender werden würde, schien die Hoffnung des Marktes auf eine zukünftig weitgehend normale Stromversorgungssituation schneller zuzunehmen als die Kohlereserven der Kraftwerke am Kap (sie liegen inzwischen aber immerhin auch wieder bei 20 Tagen). In dieser Situation konnte dann auch die Meldung von vorgestern, dass es im einzigen, allerdings nur kleinen Atomkraftwerk des Landes einen Zwangsstopp gegeben habe, die zunehmenden Befürchtungen von Fonds und anderen Investoren hinsichtlich des nachhaltigen Erfolgs ihrer Platinstrategien nicht mehr zerstreuen.
Sie waren ohnehin bereits alarmiert durch die jüngsten Autoabsatzzahlen und immerhin sorgt dieser Industriezweig direkt (durch Katalysatoren und Rußfilter) und indirekt (in Zündkerzen, Airbagzündern und vielen anderen "kleineren" Anwendungen) für plus/minus 60% der globalen Nachfrage nach dem, nach Rhodium zweitteuersten Edelmetall.
Dass die Leute, bevor sie auf ein neues Auto verzichten, eher keinen (Platin-)Schmuck mehr kaufen, ist da schon kaum noch eine Überraschung. So hatten sich im 2. Quartal ja die Meldungen über einen Rückgang der Nachfrage in China gehäuft. Genauso wenig verwundert es auch, dass das Aufkommen an Recyclingmaterial angesichts von Rekordpreisen zunimmt.
Alles in allem ergab sich damit eine Situation, die auf längere Sicht ein Verteidigen der hohen Preise schwierig gemacht hätte. Nachdem die letzte Verteidigungslinie der Platinbullen, die unsichere Situation in Südafrika, in den letzten drei Wochen scheinbar zusammenzubrechen schien, fingen die Spekulanten und auch die Investoren an, dem Metall den Rücken zu kehren. Genaue Zahlen werden erst in der nächsten Woche veröffentlicht, wir würden aber nicht ausschließen, dass sich die Pluspositionen an den
Terminbörsen und bei den ETFs um zusammen bis zu fünf Tonnen verringert haben.
Angesichts solcher, dem Markt zufließender Mengen konnten auch massive Käufe aus der Industrie in Form von Kassa- und auch Termingeschäften den Preis zunächst nicht stabilisieren. Auch war nicht ganz klar, ob wirklich alle Verbraucher auf der Käuferseite standen. Es gab in London Gerüchte, nach denen ein Autohersteller in die fallenden Preise hinein - durch die niedrigeren Absatzzahlen jetzt überschüssiges - Platin verkauft habe. Wir können dies allerdings weder bestätigen, noch richtig glauben.
Die Notierung fiel bis heute Morgen trotzdem auf einen Tiefststand von 1.715 $ je Unze und lag damit auf dem niedrigsten Niveau seit Ende Januar. Angesichts zuletzt weitgehend leerer Terminbücher wird die Industrie, falls der Markt nicht wieder rasch nach oben springt, auch in den nächsten Tagen auf der Käuferseite stehen. Dies sollte, zusammen mit einem zu erwartenden (wenn auch vorerst nur leichten) Anstieg der Schmucknachfrage die Notierung erst einmal stabilisieren. Außerdem gibt es durchaus noch einen Unsicherheitsfaktor: Auch wenn die Stromversorgung in Südafrika vorerst gesichert zu sein scheint, bleibt die Frage nach dem Verlauf der nächsten Lohnverhandlungen und ob es bei den Minen nicht vielleicht auch einmal wieder technische Probleme geben könnte, etwa bei der Weiterverarbeitung der Erze. Einen raschen Einbruch auf das Ausgangsniveau der Januar-Rallye, 1.500 $ je Unze, sehen wir deshalb für das Platin nicht voraus.
In den nächsten Tagen sollte sich der Preis irgendwo beiderseits der Marke von 1.700 $ stabilisieren, danach erwarten auch erst einmal wieder höhere Kurse.
Der "kleine Bruder des Platins" hatte in den letzten Tagen nicht die Kraft, sich der allgemeinen Abwärtsbewegung auf den Rohstoffmärkten zu entziehen. Im Gegenteil, bis heute hat das Palladium von den im März verzeichneten Höchstkursen mit 37% Verlust mehr eingebüßt, als jedes andere Edelmetall (Platin -27%, Silber -18%, Gold -11%). Beschleunigt haben dürfte den Abstieg auch die Tatsache, dass in dieser Woche mit der Marke von 400 $ je Unze eine wichtige psychologische und charttechnische Marke nach unten durchbrochen wurde.
Angesichts dessen, dass das Metall nun nicht mehr weit entfernt von der Ausgangsbasis der Februar-Rallye handelt, dürfte es unserer Ansicht nach nicht mehr viel schlimmer kommen.
Auf Euro-Basis notiert das Palladium sogar in Reichweite eines 2-Jahres-Tiefs, ein Umstand, der den Appetit der europäischen Endverbraucher eigentlich zusätzlich anheizen sollte. Zu guter Letzt bleibt das Wachstum der palladiumlastigen Automärkte in Asien und auch vom chinesischen Schmuckmarkt berichten unsere Kollegen in Hongkong von einem wieder steigenden Kaufinteresse.
Für die kommende Woche sehen wir eine Handelsspanne zwischen 350 $ und 400 $ und empfehlen industriellen Endverbrauchern weiterhin mit Nachdruck, zukünftigen Metallbedarf mit Hilfe von Termingeschäften preislich zumindest zum Teil zu sichern.
Die Rhodiumnotierung, die zuletzt auf fast wieder 10.000 $ gestiegen war, konnte sich in den letzten Tagen dem allgemeinen Abwärtstrend nicht länger entziehen. Trotz erheblicher Käufe industrieller Adressen aus dem Fernen Osten fiel der Preis deshalb auf 9.250 $ - 9.350 $ je Unze zurück. Grundsätzlich sehen wir das Rhodium aber in einer eher besseren Position als seine Schwestermetalle, da zukünftige Verschärfungen der weltweiten Abgasnormen relativ gesehen einen steigenden Einsatz des Metalls erfordern. Die gleichzeitig laufenden Einsparungsversuche werden so zum Teil wieder ausgeglichen. Sollte es in Südafrika zu neuen Produktionsunterbrechungen kommen, sei es aufgrund von Streiks oder technischen Problemen, dürfte der Preis deshalb kaum nachhaltig unter die Marke von 8.500 $ (-15% vom Höchstkurs) fallen.
Bei Ruthenium haben sich die steigenden Umsätze auf beiden Seiten zuletzt die Waage gehalten. Deshalb konnte die Notierung kaum zulegen, sie liegt aktuell bei 240 $ - 300 $. Iridium liegt unverändert bei 430 $ - 460 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.
- Gold
Verglichen mit den gefühlt und real kräftigen Verlusten bei den Platinmetallen konnte sich das Gold in den letzten Tagen noch vergleichsweise gut halten. Trotzdem musste es Verluste hinnehmen, nach unten getrieben vor allem von einem fallenden Ölpreis, der inzwischen bei nur noch 124 $ je Barrel und damit 16% unter dem Allzeithoch von Mitte Juli liegt.
Das es am Ende zu einem solchen Verlust kommen würde, war anfänglich alles andere als absehbar. Zwar gab es zunächst beim Öl und als Reaktion darauf auch beim Gold Verluste, die erneute Trendwende ließ aber nicht lange auf sich warten. Ein Raketentest des Irans (der sich sofort positiv auf den Ölpreis auswirkte), sowie die massiven Probleme der großen US-Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddy Mac und einer Reihe weiterer USBanken sorgten in Verbindung mit ebenfalls stark fallenden Aktienkursen für erhebliche Verunsicherung der Spekulanten, aber auch eher konservativerer Anleger. Beide Gruppen wendeten sich daraufhin zunächst in großem Umfang dem Gold als vermeintlich "sicherem Hafen" zu. Das gelbe Metall stieg dabei von nur 912,90 $ auf über 988,50 $ an.
Auf dem Höchstkurs, der begleitet war von einem Ölpreis von über 147 $ je Barrel nahmen dann aber die Befürchtungen hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Weltwirtschaft überhand. Das Öl fiel vor allem deshalb am Ende bis auf den bereits oben erwähnten Kurs zurück, das Gold verlor gleichzeitig fast 70 $ je Unze und notierte heute Morgen zeitweise bei "nur" noch 918 $ je Unze. Zu dem Preisverfall haben auch Kommentare des USFinanzministers Paulson beigetragen, der die Hoffnung äußerte, dass der Immobilienmarkt in den USA schon innerhalb weniger Monate wieder drehen könnte. Hinzu kamen dann noch Äußerungen von US-amerikanischen Zentralbankern, die den Dollar als unterbewertet bezeichneten und nicht ausschlossen, dass die Zinsen weiter angehoben werden könnten. Ein stärkerer Dollar und höhere Zinsen wären für die Rohstoffpreise sicher eine Belastung.
Die aktuell extreme Volatilität auf den Märkten zeigt, dass sowohl das Öl, wie auch das Gold im Moment nicht wirklich die reale Welt wiedergeben. Stattdessen schwanken die Rohstoffe je nach Gemütslage der Händler und Spekulanten und die kann, wie man in den letzten Tagen wieder gesehen hat, innerhalb von Stunden von einem Extrem ins andere umschlagen.
Nach den kräftigen, gleichwohl im Vergleich zu den anderen Metallen unterdurchschnittlichen Verlusten dieser Woche ist nicht auszuschließen, dass das gelbe Metall noch einmal leicht an Wert verliert. Charttechnisch gibt es jetzt aber eine sehr gute Unterstützung bei 915 $ je Unze. Es ist gut möglich, dass sich das Gold deshalb vorerst über diesem Niveau halten kann. Auf der oberen Seite erscheint in der nächsten Woche, größere politische und wirtschaftliche Verwerfungen einmal außen vor gelassen, das Ende der Fahnenstange bei 965 $ zu liegen.
Von der Minenseite gab es in den vergangenen Wochen nur wenige Meldungen, ein kurzer Streik in Südafrika gegen die steigenden Lebensmittel- und Kraftstoffkosten hatte auf die Marktentwicklung keine Auswirkungen. Gleiches gilt für die Meldung, dass Anglogold Ashanti seine Terminabsicherungsgeschäfte im 1. Halbjahr um massive 4,4 Mio. Unzen oder 39% reduziert habe. Anglo verwies in dem Zusammenhang darauf, dass man jetzt deutlich stärker der Entwicklung des Goldpreises ausgesetzt sei.
Aus dem Schmuckbereich gibt es derweil gemischte Meldungen, einem Anstieg in Abu Dhabi stehen massive Einbrüche in den wichtigen Märkten Türkei und Italien gegenüber.
- Silber
Der Silberkurs verlief in den letzten Tagen weitgehend parallel zum Goldpreis. Nach einem Start bei über 18 $ je Unze folgte eine erste Abwärtsbewegung, die ihrerseits von einem deutlichen Anstieg auf über 19,40 $ abgelöst wurde. Als das Gold dann endgültig auf die schiefe Bahn geriet, verlor das Silber nicht zuletzt auch aufgrund seiner Zwitterstellung als Investment– und Industriemetall überdurchschnittlich an Wert, ohne aber am Ende den Platinmetallen vergleichbare Minuszahlen vorzeigen zu müssen. In der nächsten Zeit muss nun die Unterstützung bei 17,05 $ halten, ansonsten könnte die Notierung noch einmal leicht um einen halben Dollar fallen. Angesichts dessen, dass wir eine Stabilisierung bei den anderen Metallen erwarten, sehen wir vorerst spätestens bei dem dann erreichten Niveau einen Boden.
- Platin
Die von uns im letzten Bericht vom 3. Juli in Aussicht gestellte Abwärtsbewegung des Platinpreises trat am Ende schneller ein, als wir zu Beginn dieses Monats noch erwartet hatten.
Nachdem das Metall vor drei Wochen noch bei 2.044 $ je Unze notierte, fiel es bereits in der ersten Woche des Berichtszeitraumes deutlich unter die Marke von $ 2.000. Allerdings gab es in der Nähe der Tiefstkurse bei 1.940 $ eine erste Welle industrieller Nachfrage, die zusammen mit der Unterstützung durch einen da noch deutlich steigenden Goldpreis dafür sorgte, dass das Metall bis Mitte des Monats noch einmal die Marke von 2.000 $ erreichte.
Ein weiterer Grund für den, wie man später sehen sollte, nur vorübergehenden Wiederanstieg dürften auch Meldungen gewesen sein, nach denen Lonmin, der weltweit drittgrößte Platinproduzent, durch die jüngste Panne in seiner Schmelze im aktuellen Finanzjahr 5.000 - 10.000 Unzen weniger Platinmetalle auf den Markt bringen wird. Inzwischen war der Ofen in der Schmelze zwar repariert, der Markt reagierte auf die Meldung aber trotz der relativ kleinen Menge mit einem letzten Aufbäumen jener Nervosität, die den Markt seit Bekanntgabe der südafrikanischen Stromlieferprobleme Ende Januar beherrscht hatte.
Die vorläufig letzte Trendwende kam zu Beginn der dritten Handelswoche im Juli, als der südafrikanische Stromversorger Eskom verkündete, dass man wohl ohne weitere Versorgungsengpässe durch das Winterhalbjahr auf der Südhalbkugel kommen werde. Außerdem gab die Regierung am Kap bekannt, dass man die Mittel zum Ausbau der Produktionskapazität von Eskom deutlich schneller als bisher geplant zur Verfügung stellen werde. Innerhalb von nur drei Jahren wird die Regierung nun 60 Mrd. Rand in die marode Stromwirtschaft investieren.
Als Eskom dann auch noch bekannt gab, dass mit Bobby Godsell, dem früheren Vorstandsvorsitzenden von AngloGold Ashanti ein ausgesprochener Bergbauexperte und -freund neuer Aufsichtsratsvorsitzender werden würde, schien die Hoffnung des Marktes auf eine zukünftig weitgehend normale Stromversorgungssituation schneller zuzunehmen als die Kohlereserven der Kraftwerke am Kap (sie liegen inzwischen aber immerhin auch wieder bei 20 Tagen). In dieser Situation konnte dann auch die Meldung von vorgestern, dass es im einzigen, allerdings nur kleinen Atomkraftwerk des Landes einen Zwangsstopp gegeben habe, die zunehmenden Befürchtungen von Fonds und anderen Investoren hinsichtlich des nachhaltigen Erfolgs ihrer Platinstrategien nicht mehr zerstreuen.
Sie waren ohnehin bereits alarmiert durch die jüngsten Autoabsatzzahlen und immerhin sorgt dieser Industriezweig direkt (durch Katalysatoren und Rußfilter) und indirekt (in Zündkerzen, Airbagzündern und vielen anderen "kleineren" Anwendungen) für plus/minus 60% der globalen Nachfrage nach dem, nach Rhodium zweitteuersten Edelmetall.
Dass die Leute, bevor sie auf ein neues Auto verzichten, eher keinen (Platin-)Schmuck mehr kaufen, ist da schon kaum noch eine Überraschung. So hatten sich im 2. Quartal ja die Meldungen über einen Rückgang der Nachfrage in China gehäuft. Genauso wenig verwundert es auch, dass das Aufkommen an Recyclingmaterial angesichts von Rekordpreisen zunimmt.
Alles in allem ergab sich damit eine Situation, die auf längere Sicht ein Verteidigen der hohen Preise schwierig gemacht hätte. Nachdem die letzte Verteidigungslinie der Platinbullen, die unsichere Situation in Südafrika, in den letzten drei Wochen scheinbar zusammenzubrechen schien, fingen die Spekulanten und auch die Investoren an, dem Metall den Rücken zu kehren. Genaue Zahlen werden erst in der nächsten Woche veröffentlicht, wir würden aber nicht ausschließen, dass sich die Pluspositionen an den
Terminbörsen und bei den ETFs um zusammen bis zu fünf Tonnen verringert haben.
Angesichts solcher, dem Markt zufließender Mengen konnten auch massive Käufe aus der Industrie in Form von Kassa- und auch Termingeschäften den Preis zunächst nicht stabilisieren. Auch war nicht ganz klar, ob wirklich alle Verbraucher auf der Käuferseite standen. Es gab in London Gerüchte, nach denen ein Autohersteller in die fallenden Preise hinein - durch die niedrigeren Absatzzahlen jetzt überschüssiges - Platin verkauft habe. Wir können dies allerdings weder bestätigen, noch richtig glauben.
Die Notierung fiel bis heute Morgen trotzdem auf einen Tiefststand von 1.715 $ je Unze und lag damit auf dem niedrigsten Niveau seit Ende Januar. Angesichts zuletzt weitgehend leerer Terminbücher wird die Industrie, falls der Markt nicht wieder rasch nach oben springt, auch in den nächsten Tagen auf der Käuferseite stehen. Dies sollte, zusammen mit einem zu erwartenden (wenn auch vorerst nur leichten) Anstieg der Schmucknachfrage die Notierung erst einmal stabilisieren. Außerdem gibt es durchaus noch einen Unsicherheitsfaktor: Auch wenn die Stromversorgung in Südafrika vorerst gesichert zu sein scheint, bleibt die Frage nach dem Verlauf der nächsten Lohnverhandlungen und ob es bei den Minen nicht vielleicht auch einmal wieder technische Probleme geben könnte, etwa bei der Weiterverarbeitung der Erze. Einen raschen Einbruch auf das Ausgangsniveau der Januar-Rallye, 1.500 $ je Unze, sehen wir deshalb für das Platin nicht voraus.
In den nächsten Tagen sollte sich der Preis irgendwo beiderseits der Marke von 1.700 $ stabilisieren, danach erwarten auch erst einmal wieder höhere Kurse.
- Palladium
Der "kleine Bruder des Platins" hatte in den letzten Tagen nicht die Kraft, sich der allgemeinen Abwärtsbewegung auf den Rohstoffmärkten zu entziehen. Im Gegenteil, bis heute hat das Palladium von den im März verzeichneten Höchstkursen mit 37% Verlust mehr eingebüßt, als jedes andere Edelmetall (Platin -27%, Silber -18%, Gold -11%). Beschleunigt haben dürfte den Abstieg auch die Tatsache, dass in dieser Woche mit der Marke von 400 $ je Unze eine wichtige psychologische und charttechnische Marke nach unten durchbrochen wurde.
Angesichts dessen, dass das Metall nun nicht mehr weit entfernt von der Ausgangsbasis der Februar-Rallye handelt, dürfte es unserer Ansicht nach nicht mehr viel schlimmer kommen.
Auf Euro-Basis notiert das Palladium sogar in Reichweite eines 2-Jahres-Tiefs, ein Umstand, der den Appetit der europäischen Endverbraucher eigentlich zusätzlich anheizen sollte. Zu guter Letzt bleibt das Wachstum der palladiumlastigen Automärkte in Asien und auch vom chinesischen Schmuckmarkt berichten unsere Kollegen in Hongkong von einem wieder steigenden Kaufinteresse.
Für die kommende Woche sehen wir eine Handelsspanne zwischen 350 $ und 400 $ und empfehlen industriellen Endverbrauchern weiterhin mit Nachdruck, zukünftigen Metallbedarf mit Hilfe von Termingeschäften preislich zumindest zum Teil zu sichern.
- Rhodium, Ruthenium, Iridium
Die Rhodiumnotierung, die zuletzt auf fast wieder 10.000 $ gestiegen war, konnte sich in den letzten Tagen dem allgemeinen Abwärtstrend nicht länger entziehen. Trotz erheblicher Käufe industrieller Adressen aus dem Fernen Osten fiel der Preis deshalb auf 9.250 $ - 9.350 $ je Unze zurück. Grundsätzlich sehen wir das Rhodium aber in einer eher besseren Position als seine Schwestermetalle, da zukünftige Verschärfungen der weltweiten Abgasnormen relativ gesehen einen steigenden Einsatz des Metalls erfordern. Die gleichzeitig laufenden Einsparungsversuche werden so zum Teil wieder ausgeglichen. Sollte es in Südafrika zu neuen Produktionsunterbrechungen kommen, sei es aufgrund von Streiks oder technischen Problemen, dürfte der Preis deshalb kaum nachhaltig unter die Marke von 8.500 $ (-15% vom Höchstkurs) fallen.
Bei Ruthenium haben sich die steigenden Umsätze auf beiden Seiten zuletzt die Waage gehalten. Deshalb konnte die Notierung kaum zulegen, sie liegt aktuell bei 240 $ - 300 $. Iridium liegt unverändert bei 430 $ - 460 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.