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Euro ohne Dynamik abgeschwächt - Gedanken zu dem IIF Kodex und Herrn Ackermann

18.07.2008  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.5870, nachdem im US-Handel Tiefstkurse bei 1.5785 markiert wurden. Der USD hat sich gegenüber dem JPY befestigt und stellt sich aktuell auf 106.00. Zwischenzeitlich wurden Höchstkurse bei 107.08 im US-Handel erreicht. "Carry-Trades" korrelieren mal wieder mit freundlichen Aktienmärkten und lassen sinkende Ölpreise und damit diese vor kurzem noch angestrengte Korrelation vollständig außer Acht. EUR-JPY stellt sich in der Folge aktuell auf 168.25 und EUR-CHF oszilliert bei 1.6165.

Bevor wir uns den gestrigen Veröffentlichungen zuwenden verdient der IIF-Kodex (IIF = Internationaler Bankenverband) und Herr Ackermann als Vorsitzender dieser Veranstaltung Aufmerksamkeit.

Zunächst ist es immer gut, wenn ein Verband einen Kodex hat. Wenn man in der Not jedoch nur einen Kodex zusammenzimmert, um verstärkten Regulierungen zu entgehen, nachdem man nachhaltig bewiesen hat, dass Selbstregulierung nicht ansatzweise funktioniert hat, bedarf dieser Vorgang genauester und vor allen Dingen kritischer Begleitung.

Übrigens, wir haben auch beim ACI (Internationaler Verband der Geld-, Devisen- und Derivatehändler) einen Kodex. Bei uns hört man nicht so viel davon, weil sich die organisierten Damen und Herren an den Kodex halten. Fakt ist, wenn man von diesen Dingen wenig hört, funktionieren sie grundsätzlich.

Die Tatsache, dass die überaus bedeutende Investmentbank Goldman Sachs sich aus dieser Veranstaltung des IIF verabschiedet hat, sollte nicht als Kleinigkeit abgetan werden. Das ist ein Affront gegenüber dem IIF, der für die Finanzbranche im höchsten Maße ungewöhnlich ist und Beleg dafür ist, dass der Verband nicht für alle Mitglieder spricht. Ein entscheidender Aspekt ist für Goldman Sachs eine vom IIF vorgeschlagene Bilanzierungsregel, die hier näher betrachtet werden soll und muss!

Der IIF schlägt vor, bei einem starken Kursverfall von Wertpapieren, den Banken eine Bilanzierung zu ermöglichen, die den Verlust nicht in voller Höhe ausweist. Damit wird nicht Transparenz forciert, sondern das genaue Gegenteil. Wollten nicht gerade die Kreise um Herrn Ackermann in den guten Zeiten das "Fair Value"-Konzept vollständigst umgesetzt sehen, um alle Gewinne ausweisen zu können und daran über Aktienoptionen partizipieren? Die jetzige 180 Grad Kehre dieser Protagonisten hat ein „Geschmäckle“, wie man in Schwaben zu sagen pflegt.

An dieser Stelle habe ich eine Frage an Herrn Ackermann und seine Kollegen im IIF. Dürfen die Kreditkunden dieser Institute dann zukünftig auch die Bilanzierungsregeln der Geschmacksrichtung Walldorf-Schule nutzen oder wird den Kunden dieser Ansatz verwehrt? Wenn den Kunden dieser Ansatz der Beliebigkeit verwehrt wird, sollte es auch den Banken verwehrt bleiben! Alles andere wäre ordnungspolitisch mehr als fragwürdig.

Herr Ackermann sagte gestern unter hoher Medienbeachtung, dass es nun in Kürze bezüglich der globalen Finanzkrise alles besser werde. Genau das hat er auch vor circa drei Monaten laut von sich gegeben. Fakt ist, dass seine Äußerung von vor drei Monaten ein Irrtum darstellte. Hinsichtlich der verstärkten konjunkturellen Abkühlung auf globaler Ebene, die damit zyklischen Abschreibungsbedarf für die Finanzbranche mit sich bringen wird, sind seine Äußerungen mit einer angemessenen Dosis von Skepsis zu begleiten. Unter Umständen hat sich Herr Ackermann auf die angepasste Wachstumsprognose der Weltwirtschaft des IWF verlassen. Der IWF hat die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft per 2008 von bisher 3,7% auf 4,1% nach oben angepasst. Wir wissen nicht, welche Daten dem IWF zur Verfügung stehen. Die uns bekannten Entwicklungen implizieren gegenüber dem Aprilszenario des "World Economic Outlook" eine zurückgehende globale Konjunkturdynamik. Die IWF-Prognose wirft meines Erachtens mehr Fragen auf, als dass Antworten gegeben werden. Hier verweisen wir auf rückläufigen globalen Containerverkehr (siehe Forex Report gestern bezüglich Singapur) und die hier kommentierten Entwicklungen auf G-3 Ebene. Handelt es sich hier also bei IWF und Herrn Ackerman um ein Art "Pfeifen im Walde"?

Wenden wir uns den gestrigen Veröffentlichungen aus den USA zu:
  • Die Arbeitslosenerstanträge sind in der Berichtswoche per 12. Juli 2008 von zuvor 348.000 auf 366.000 gestiegen. Analysten hatten eine Zunahme auf 380.000 Anträge erwartet.

  • Die Neubaubeginne erhöhten sich per Juni von zuvor 977.000 auf 1.066.000 (annualisiert). Erwartet war ein Wert von 975.000. Ebenso ergab sich bei den Baugenehmigungen eine unerwartet starke Zunahme von 978.000 auf 1.091.000 (annualisiert). Stabilisierungstendenzen sind hier ansatzweise auf dem ermäßigten Niveau erkennbar. Gleichwohl bedarf eine Stabilisierung noch weiterer Bestätigungen.

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  • Der Phliadelphia Fed Manufacturing Survey per Juli zeigte eine leichte Verbesserung von -17,1 auf -16,3 Punkte Analysten hatten einen Rückgang auf -15,0 punkte unterstellt. Die Subindices lieferten ein ambivalentes Bild. Der Auftragsindex verbesserte sich geringfügig von -12,4 auf -12,1, der Beschäftigungsindex sank von -6,9 auf -7,3 und der Auslieferungsindex verlor von -6,7 auf -8,0 Punkte.

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Insgesamt signalisierten die US-Daten auf dem aktuell ermäßigten Niveau der konjunkturellen Aktivität leichte Stabilisierungstendenzen, die sich auf den USD unterstützend auswirkten. Heute steht die Handelsbilanz der Eurozone per Mai auf der Agenda. Analysten erwarten ein Defizit in der Größenordnung von 1 Mrd. Euro. Im Vormonat ergab sich ein Überschuss in der Größenordnung von 2,3 Mrd. Euro. Wesentliche Marktwirkung sollte von dieser Veröffentlichung nicht ausgehen.

Zusammenfassend ergibt sich ein verändertes Szenario, das nach dem Unterschreiten der Unterstützung bei 1.5800 im US-Handel den USD leicht favorisiert. Ein Weiteres Abgleiten unter die Marke von 1.5750 erhöht das Abwärtsmomentum des Euros. Erst ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.6020-50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank






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