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Euro-Stabilisierung setzt sich fort - Krise in den USA spitzt sich weiter zu!

21.08.2008  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.4790, nachdem gestern im US-Handel zwischenzeitlich Tiefstkurse bei 1.4672 markiert wurden. Der USD hat gegenüber dem JPY im frühen europäischen Geschäft weiter an Boden verloren und notiert aktuell bei 108.90. "Carry-Trades" zeigen sich uneinheitlich. EUR-JPY stellt sich auf 161.10, während EUR-CHF bei 1.6190 oszilliert.

Die Befestigung des USD gegenüber dem Euro darf nicht davon ablenken, dass sich die Lage in den USA weiter zuspitzt: Diesbezüglich ist die Diskussion über die beiden "Government Sponsored Entities" (GSEs) Fannie Mae und FreddieMc bezeichnend. Bis Ende des 3. Quartals haben diese beiden Institutionen laut eigener Erhebung und einer Zusammenstellung durch Bloomberg einen Refinanzierungsbedarf in der Größenordnung von 223 Milliarden USD. Davon entfallen 120 Mrd. USD auf FannieMae und 103 Mrd. USD auf FreddieMc. Vor diesem Hintergrund ist der jüngste Verfall der Aktien dieser beiden Unternehmen auf die tiefsten Stände seit 1988 verständlich.

Die Refinanzierungssumme verdeutlicht die Tragweite des Problems. Um diese Größenordnung in ein verständliches Verhältnis zu bringen, bedienen wir uns der öffentlichen Neuverschuldungsdaten der USA im laufenden Fiskaljahr auf verfassungskonformer Basis. Hier hat sich in den letzten 10 ½ Monaten des Fiskaljahres ein Defizit von 607 Mrd. USD ergeben. Im vorhergehenden Fiskaljahr (01.10.2006 - 30.09.2007) lag das Gesamtdefizit bei "nur" 500 Mrd. USD.

Neben der "technischen" Bewältigung dieses Problems bei FannieMae und FreddieMc als auch den anderen Finanzinstitutionen in den USA, beispielsweise Wachovia, Washington Mutual oder Lehman Brothers, wirft die Thematik der größten globalen Finanzkrise ausgehend vom Zentrum des Finanzsystems die Frage auf, welche Glaubwürdigkeit dieses auf Vertrauen basierende US-zentrische Finanzsystem unverändert in Anspruch nimmt?

Was haben die Aufsichtsbehörden, die Zentralbank der USA oder das Finanzministerium nebst dem "Plunge Protection Team" im Rahmen der "Checks and Balances" des Systems der freien Märkte in den vergangenen 15 Jahren veranstaltet, dass sich diese Situation entwickeln konnte? Diese elementaren Fragen erfahren im Diskurs der momentanen Diskussion nicht nur eine unzulängliche, sondern so gut wie gar keine Erwähnung. Das ist äußerst bedauerlich, denn bisweilen "riecht der Fisch vom Kopfe her".


Heute stehen US-Wirtschaftsdaten im Mittelpunkt des Interesses des internationalen Finanzmarkts: Die Arbeitslosenerstanträge sollen sich per 16. August auf 443.000 nach zuvor 450.000 stellen. Damit würde das zuletzt erhöhte Niveau bei den Anträgen bestätigt. Daraus lässt sich eine Zuspitzung der Arbeitsmarktproblematik ableiten.

Die Frühindikatoren nach Berechnung des "zeitgeistabhängigen" "Conference Board" (Verweis: Veränderung der Bewertung der flachen Zinskurve in Greenspanscher Manier …) werden mit einem Rückgang um 0,2% prognostiziert. Im Vormonat sank der Indikator um 0,1%.

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Der Finanzmarkt fokussiert sich heute auf den Philadelphia Fed Survey per August. Nachdem sich per Juli ein leichter Anstieg von -17,1 auf -16,3 Punkte einstellte, erwarten Analysten eine Fortsetzung dieser Tendenz in Richtung -14,0 Punkte. Der beigefügte Chart verdeutlicht, dass es sich bei dieser erwarteten Entwicklung tendenziell um eine Stabilisierung, aber hinsichtlich der globalen Konjunkturentschleunigung als Folge der sich zuspitzenden globalen Finanzkrise nicht um eine Trendwende handelt.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das nachdem Überwinden des Widerstands bei 1.4800 eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.4620 - 50 oder ein Überwinden des Widerstands bei 1.4820 - 50 eröffnet neues Momentum.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank









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