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Interview D. Morgan mit D. Bensimon - Quo vadis Aktien, Zinsen und Edelmetalle?

11.09.2008  |  Redaktion
Das folgende Interview führte David Morgan (Morgan Report) mit dem hochangesehenen australischen Analysten David Bensimon durch. Es wurde in der September-Ausgabe des Morgan Report abgedruckt und behandelt unter anderem die Perspektiven der Edelmetalle in den kommenden Jahren. Bensimons Prognosen zeichneten sich in der Vergangenheit durch eine erstaunlich hohe Trefferquote aus.


Vorwort Morgan:

Ich habe David im Januar 2007 auf der Vancouver Gold Show getroffen und wir haben sofort über unsere Gesamteinschätzung der Weltwirtschaft gesprochen. Herr Bensimon hat einen Universitätsabschluß mit mehrfachen Auszeichnungen und gehörte zu den fünf Besten seines Jahrganges im fünfjährigen Wirtschaftstudium an der University of British Columbia. Er verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung im Interbanken-Währungshandel und Eigenhandel ausländischer Währungen sowie in den Zins-, Kapital- und Rohstoffmärkten. David Bensimon arbeitete für verschiedene internationale Top-Investmentbanken in Nordamerika und Europa und hatte unter anderem die Positionen Chefhändler, Handelsmanager und Personalleiter inne.

Sein Unternehmen Polar Pacific ist eine Beraterfirma (www.polarpacific.com). Zu seinen Publikationen gehören in Fachkreisen hoch angesehene Berichte; sein Buch Polar Perspectives gewann die Goldmedaille als "Bestes Buch 2006" im Bereich Finanzen/Investment/Wirtschaft bei den Independent Publisher Awards in New York. Die Beratungstätigkeiten von Polar Pacific umfassen private Seminare für Investmentbanken (Handel/Verkauf/Research) und Privatbanken (wohlhabende Kunden). Öffentliche Vorträge gibt es auf Industrietagungen, bei Vereinigungen zur technischen Analyse und bei Handelskammern in unterschiedlichen Teilen der Welt.


Interview:

Morgan: David, es ist sehr schön, Sie wieder zu sehen. Wir werden über einige Dinge sprechen, die für unsere Leser von größter Bedeutung sind. Wir freuen uns, daß Sie uns ein Update über die Entwicklungen des letzten Jahres seit unserem letzten Interview geben können. Beginnen wir mit den fundamentalen Dingen. Ich habe viel mit meinen Freunden im Bankwesen gesprochen, einige von ihnen aus Europa, andere aus den Vereinigten Staaten, es scheint, als hätten wir es mit einer tatsächlichen Kreditkrise zu tun. Es scheint, die Banken sind nicht länger bereit, einander Geld zu leihen und die Federal Reserve und andere Zentralbanken kommen auf den Markt, um Hedgefunds zusammenzuflicken. Nachdem institutionelles Geld in einige AAA klassifizierte Papiere geflossen ist, die es nicht Wert waren, steht das System unter großem Druck. Was denken Sie ganz grundlegend über der Kreditkrise?

Bensimon: Es gibt keinen Zweifel daran, daß die Kreditkrise ihren Teil zum Fall der Märkte beigetragen hat. Ich habe darüber letztes Jahr in meinem monatlichen Bericht geschrieben, als das gerade erst begann. Und nachdem die Börse ihre erste Phase des Abschwungs durchlebt hatte, begannen die Leute, diese Kreditklemme wahrzunehmen.

Viele haben gedacht, daß der erste Abschwung, die erste Krisenperiode im letzten Jahr, schon alles gewesen wäre, womit man rechnen mußte. Ich habe hingegen in verschiedenen Artikeln geschrieben, daß es nicht so schnell vorbei sein würde, daß es sich im Finanzsektor und im ganzen Kreditsystem verbreiten muß und daß es deswegen mindestens ein Jahr dauern würde, bis die Märkte diese Krise überwunden haben. Dieses Problem entstand mit Privathypotheken, aber es gab verschiedene Aspekte des Problems, beispielsweise die besicherten Kreditobligationen und andere ausgefeiltere Produkte von institutioneller Seite, die die Bilanzen anerkannter Finanzinstitutionen beschädigt haben. Das ist etwas Anderes als das Problem des Privathypothekenmarkts.

Vor ca. einem Jahr, im dritten Quartal 2007, wies ich ausdrücklich auf die drei oder vier Dimensionen dieses Problems hin und schlußfolgerte, daß eine drastische Zinssenkung nun die einzige Option der Federal Reserve wäre. Nicht daß die Federal Reserve das wirklich tun wollte. Sie war nicht sonderlich daran interessiert, die Zinssätze angesichts der global steigenden Inflation zu senken. Wir haben noch nicht so hohe Zinssätze erreicht wie in den späten 1970er Jahren, aber wir befinden uns seit letztem Jahr in der Anfangsphase einer anhaltenden und langsam steigenden Inflation der Energie- und Nahrungsmittelpreise.

Und nun, da sich diese grundlegenden "Rohstoffe" ihren Weg durch die Weltwirtschaft und durch das System bahnen und die Produktionskette hinaufklettern, beginnen die Inflationszahlen Schlagzeilen zu machen. Und die Federal Reserve wußte das, genau wie es andere im Finanzsektor wußten. Und so erkannte die Federal Reserve, daß sie die Inflation doch bekämpfen mußte und zögerte, die Zinssätze zu reduzieren. Sie hatten jedoch angesichts der nationalen Situation keine andere Wahl.

Sie mußten also die Zinssätze senken, um den Banksektor zu retten und um dem Privat-Hypothekenmarkt aus der Krise zu helfen. In den USA gibt es viele Hypotheken mit variablen Zinssätzen und als die Zinssätze vor fünf oder sechs Jahren bei nur 1% Basissatz lagen, war es sinnvoll, Geld zu leihen und in Immobilien zu investieren und der Markt stieg auch für ein paar Jahre. Aber fünf Jahre später, wo all diese Hypotheken mit variablen Zinssätzen fällig zur Neufestlegung wurden, war das absolute Zinsniveau deutlich angestiegen und bei 5% wäre das eine fünfmal so hohe monatliche Zahlung wie vorher. Das würde natürlich großen Schaden verursachen und in der Folge eine gewaltige Zahl an Zwangsvollstreckungen bedeuten. Das würde den ganzen Markt und die ganze Wirtschaft durcheinander bringen.

So hat die Federal Reserve die Zinssätze gesenkt, die berücksichtigt werden müssen, wenn die Hypotheken mit variablen Zinssätzen neu festgelegt werden. Wir können verstehen, warum sie das getan hat, und für eine gewisse Zeit hat es auch geholfen. Die Regierung und das Finanzministerium haben auch noch einige andere proaktive Maßnahmen ergriffen, die ebenfalls geholfen haben. Diese Maßnahmen haben jedoch das Problem an sich, das auf der institutionellen Seite lag, nicht gelöst. Das Hauptproblem war, daß die Banken keine Informationen über den Wert außerbilanzieller Anlagen anderer Banken hatten. Und wer nicht weiß, was der Andere besitzt, wird ihm kein neues Geld leihen, denn er weiß ja nicht, wie schlecht es wirklich um den Anderen bestellt ist. Das Problem war ein Mangel an Transparenz, ein Mangel an Klarheit bei der Risikoeinschätzung. Und dieses Problem konnte nicht mit sogenannten "Risikoklassifikationen" behoben werden, und erst recht nicht von "Risikoagenturen", die selbst nicht den nötigen Einblick hatten.

Die mangelnde Bereitschaft der Banken, sich gegenseitig Geld zu leihen, führte dazu, daß die Marktmechanismen auf dem Kreditmarkt erstarrten. Und im Ergebnis stiegen die Zinssätze auf dem Markt sogar, obwohl einige Zentralbanken die offiziellen Zinssätze abgesenkt hatten. Grund war der Risikozuschlag, der auf den Basiszinssatz addiert wurde, und der höher war, als die Senkung der Zentralbanken ausmachte. Und das zeigt uns, daß der Markt trotz der Liquiditätsschwemme durch die Zentralbanken nicht über ausreichend Liquidität verfügte. Aber dann haben die großen Institutionen, vor allem in den USA und in Europa, ihre Chance ergriffen, sammelten sich, schrieben den Wert ihrer Bilanzen ab und begannen die Suche nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten. Und es ist interessant, daß es weltweit keine Geldknappheit gibt, das Geld ist nur in anderen Händen. Diejenigen, die dachten, sie würden etwas Werthaltiges besitzen, hatten letztendlich weniger und mußten ihre Bilanzen wieder ausgleichen. So haben sie sich an die Leute mit Geld gewandt, im Nahen und Fernen Osten, die in den letzten Jahren dank der steigenden Ölpreise und des Wirtschaftswachstums in Asien großen Erfolg hatten.





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