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Interview D. Morgan mit D. Bensimon - Quo vadis Aktien, Zinsen und Edelmetalle?

11.09.2008  |  Redaktion
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Wenn Sie an diese staatlichen Gelder aus Asien und dem Nahen Osten denken - diese Leute haben es geschafft, Geld zu investieren und einige der großen amerikanischen und europäischen Namen (Merril Lynch, Citibank, UBS - sie haben alle aus staatlichen Fonds Geld erhalten) zu rekapitalisieren. Das brachte die Dinge etwas ins Laufen. Und in der Zwischenzeit haben die Aktienmärkte ihren Schlag abbekommen. In dieser Hinsicht habe ich im letzten Jahr Glück gehabt. In meinem Bericht vom 1. Oktober habe ich gesagt, daß S & P 500 einen Höhepunkt von 1578 erreichen und dann 12 Wochen später um 20% auf 1268 abfallen wird. Bemerkenswerterweise erreichte der Kurs eine Woche später seinen Höhepunkt bei 1576 und fiel bis zum 21. Januar auf 1270, genau zwei Ticks von der Vorhersage entfernt. Das war eine große Gelegenheit für Kunden, um direkt am Höhepunkt Gewinne zu machen und in Sicherheit zu bringen und so den 20%igen Abschwung zu vermeiden.

Warum also reagierte der Markt genauso? Ich möchte auf das Leitprinzip zurückkommen, nach dem ich die Märkte analysiere. Das Prinzip basiert auf der Überzeugung, daß es Verhältnismäßigkeiten und Symmetrien gibt, die die Marktbewegungen beeinflussen. Wenn Sie ausmachen können, welcher Rhythmus die Bewegungen auf einem bestimmen Markt beeinflußt, dann können Sie auch erkennen, wann der Markt wieder absinken wird. In diesem Fall war der S&P um ungefähr 800 Punkte angestiegen und es war nur natürlich, daß er um ungefähr 300 Punkte, oder um 3/8, abfallen würde, was ein Absinken auf 1270 Punkte bedeutete. Und warum dieses Hoch im Oktober 2007? Nun, das hing mit dem Tief bei 768 Punkten im Oktober 2000 und mit dem unglaublichen Stand bei 1061 Punkten im August 2004 zusammen. Alles nach dem Stand von 1061 im August 2004 deckte 5/8 der Gesamtzeit und 5/8 des Gesamtpreises ab. Das heißt, ein Anstieg um 500 Punkte von 1061 bis auf ungefähr 1560 im Laufe von 3 Jahren, innerhalb des gesamten Zeitraums von 5 Jahren.

Da wir also die Grundlagen und den Schnittpunkt von Preis und Zeit kannten, konnten wir vorhersagen, was in beide Richtungen der Endpunkt der Entwicklung sein würde. Dieser Endpunkt war schließlich im Jahr 2007, und zwar der Höhepunkt im Juli, nicht die Wiederholung im Oktober. Aber als wir den vorhergesagten Abfall im Juli erlebten und dann wieder an das Doppelhoch herankamen, waren es noch einige andere Aspekte, die uns ermöglichten, den nächsten Abschwung richtig vorherzusagen.

Und der Markt reagierte genau wie vorhergesagt mit dem 3/8 Einbruch.


Morgan: Das nächste Thema, das ich gerne mit Ihnen besprechen würde und das Sie gerade schon angesprochen haben, sind die Zinssätze. Wir haben gesehen, daß die Zentralbanken kurzfristig die Zinssätze gesenkt haben. Die langen Zinssätze, die nicht von der Federal Reserve, sondern vom Markt festgelegt werden, bleiben dennoch relativ hoch. Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Zinssätze in Zukunft entwickeln, und was glauben Sie, wie viel Einfluß haben die Zentralbanken auf die Zinssätze?

Bensimon: Es muß unterschieden werden zwischen kurzfristigen Zinssätzen und langfristigen Zinssätzen. Die Zentralbanken haben die Entwicklung der kurzfristigen Zinssätze unter Kontrolle. Aber was wir während der Kreditkrise erlebt haben, kann man nicht als "die Marktpreise
unter Kontrolle" verstehen. Australien beispielsweise, das sich in Sachen Inflation im weltweiten Vergleich an vorderster Front befindet, ist das einzige Land, in dem die Zentralbank, vor dem Hintergrund der Zinssenkungen der Federal Reserve und anderer Zentralbanken, die Zinsen im letzten Jahr angehoben hat, um auf die hohe nationale Inflation zu reagieren. Und noch wichtiger: Als die australische Zentralbank die Zinssätze angehoben hat, haben die nationalen Finanzinstitutionen die Zinssätze sogar noch weiter angehoben. Das zeigt deutlich, daß eine Kreditrisiko-Prämie die Märkte treibt.

Nun zu Ihrer Frage über die langfristigen Perspektiven. Es gibt keinen Zweifel am großen Bild: nach zwei Jahrzehnten Desinflation stehen uns nun einige Jahrzehnte Inflation bevor. Aber wie es immer beim großen Bild ist: Wenn man näher heranzoomt, sieht man, daß eine Entwicklung, die über mehrere Jahrzehnte abläuft, keine einzige, gerade Linie ist, sondern eine Vielzahl von kleinen Auf- und Abwärtsbewegungen.

Was wir in den letzten Jahren von 2003 bis 2007 beobachten konnten, war ein anfänglicher Anstieg der Zinssätze von 1% bis 5% oder 6%, und eine sogenannte zweite Welle im letzten Jahr- die Korrektur des vorhergegangenen Anstiegs der kurzfristigen Zinssätze. Dennoch werden wir keine Rückkehr zu den Zinssätzen von 1% in den USA erleben. Wir befinden uns gerade wirklich am Tiefpunkt, und wir sind in den letzten Monaten in Folge der Kreditkrise, der Hypothekenkrise, der Wahrnehmung eines Abschwungs usw. so weit gekommen. Das alles trägt dazu bei, daß die Federal Reserve ihre Verschärfung zurücknimmt. Aber wir haben in den letzten Monaten auch weltweit großen inflationären Druck beobachten können, teilweise in Folge der Entwicklung des US Dollars, teilweise in Folge der Entwicklung der Ölpreise und des Rohstoffsektors. Und so muß die Federal Reserve wieder die schwierige Entscheidung treffen, ob sie weiter lindernde Maßnahmen ergreift, um dem nationalen Markt zu helfen, oder ob sie ihr Bedürfnis, dem nationalen Markt zu helfen, verantwortungsvoll zügeln muß, um die Auswirkungen der Inflation zu bekämpfen.

Und ich glaube, sie werden bei den Zinssätzen nicht weiter gehen und das Ausmaß korreliert mit der ganzen Anfangsbewegung. Vielleicht steht uns ein weiteres Quartal Angst, Krise und Tumult auf den Finanzmärkten bevor, was sich in einem erneuten Absinken der Aktienkurse, einem neuen Anstieg der Bonds usw. niederschlagen könnte. All dies wird im kommenden Quartal leicht negativ sein. Aber wenn wir diese Übergangsphase erst einmal hinter uns gebracht und bei 1170 Punkten für S & P den Tiefpunkt der Börse erreicht haben, können wir die Ära des Wohlstandes wieder aufnehmen. Und das Leitprinzip ist, daß wir uns mitten in dieser Ära des Wohlstandes befinden. In den nächsten drei bis vier Jahren werden wir also letzten Endes einen Anstieg der Zinssätze von 3% auf 8% beobachten können.


Morgan: Wird, langfristig gesehen, der Tag kommen (nach Lektüre Ihres sehr hilfreichen Buches "Polar Perspectives"), an dem ich das gesamte Geld, das ich im Edelmetallsektor gewonnen habe, in Bonds anlegen kann, wenn die Bonds günstig sind und die Zinssätze bei 16% oder wo auch sonst liegen, und ich mich dann für eine Weile entspannt zurücklehnen kann?

Bensimon: Wir werden diese ganz bedeutenden Höhen wie Ende der 1970er Jahre erreichen. Wir werden sie wiedersehen, aber nicht vor dem nächsten Jahrzehnt. In diesem Jahrzehnt - bis 2016 - werden wir 8% bis 10% erreichen; das ist deutlich weniger als die Höhepunkte in den 1970er Jahren (16% bis 20%). Aber es kann sein, daß wir in ein oder zwei Jahrzehnten Zinssätze erleben werden, die die Höchstwerte aus den 1970ern sogar noch übertreffen. Wir sollten uns darüber also nicht allzu viele Gedanken machen. Es ist interessant, aber momentan nicht von Bedeutung.

Es ist allerdings von Bedeutung, zu erkennen, daß wir bei den Renditen beinahe einen Tiefstand erreicht haben, noch ein halbes Prozent, 50 Basispunkte weiter bei einigen dieser kurzfristigen Sätze. Vielleicht ein ganzer Prozentpunkt bei einigen Bonds, von 4% für zehnjährige können wir nun bis auf 3% gehen. Aber wenn wir diesen Wert erreicht haben, werden die Bondfutures bei 123 für 10 Jahre und bei ungefähr 125 für 30 Jahre liegen. Das wird der Höhepunkt sein.





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