Rodeo-Trading mit dem Goldenen Bullen
13.09.2003 | Stephan Bogner
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Folgende Charts vom USD und Gold demonstrieren die Abhängigkeit dieser (sich wechselseitig beeinflussenden?) Geld-Substitute. Der USD-Index verlor zwischen April und Juni 2003 ca. 10%, während Gold im gleichen Zeitraum um den gleichen Prozentsatz von 330 auf 370 zulegte. Obwohl der USD bis auf 99 indexierte Punkte wieder aufholen konnte, gab der Goldpreis "gezwungenermaßen" nach, allerdings nicht so stark wie er gestiegen ist. Gold fiel von 370 auf lediglich 345, anstatt in Richtung 325 zu stürzen, wie es die USD-Korrelation nahe legen würde. Dies läßt sich u.a. als bullisch für Gold interpretieren.Chart 8: US-Dollar und Goldpreis-Korrelation März bis Anfang September 2003 (9)
Der rot eingezeichnete Balken steht für einen historischen Tag. Es ist so etwas wie der "Geburtstag des Goldes"! Da wie eingangs schon erwähnt alles zyklisch verläuft, könnte Gold an diesem Tag von den Toten auferstanden sein! Exakt 32 Jahre nachdem Präsident Nixon dem Gold am 15. August 1971 den letzten Todesstoß verpasste (und die USA seit dem "NIX-mehr-ON" hatten) markiert der 15. August 2003 die Wiedergeburt des Goldes: Der USD stieg seit diesem Tage weiter an, während Gold zum ersten Male nicht mehr auf seinen "Herr" zu hören und reagieren schien. Vielmehr hat sich Gold von der machtvollen Umklammerung lösen können - und stieg ebenfalls an, anstatt nachzugeben. Es könnte im Gold-Bullenmarkt Phase 3 eingetreten sein:
Gold ist stärker! Gold ist ausgebrochen! Gold ist unabhängig!
Bevor der Goldpreis hauptsächlich von der US-Dollar-Entwicklung beeinflusst und bestimmt wurde, korrelierte er anfangs hauptsächlich mit den großen US-Indizes (= Phase 1), welche schon längst zum "Ersatz-Barometer" für Wirtschaftsentwicklungen auf der ganzen Welt geworden sind. Dieses Phänomen trat verstärkt mit dem Beginn der Gold-Hausse 2001 in Erscheinung, als zeitgleich der Nasdaq und der Dow erstmals einsackten. Fielen diese, stieg Gold (insbesondere Goldminenaktien) und vice versa. Der USD spielte keine dominante Rolle bei der täglichen Kursfixierung. Diese 1.Goldpreisabhängigkeit kam 2002 zum Erliegen (zeitgleich mit erreichten (bisherigen!) Tiefständen von großen US-Indizes) und wurde fortan mit dem USD in Verantwortung gebracht, welcher starken Einfluss auf die tägliche Goldkursfixierung hatte. Fiel der USD, stieg Gold und vice versa (= Phase 2).
Seit dem 15. August 2003 scheint sich der Wind allerdings gedreht zu haben: Gold hat die USD-Ketten sprengen können und schreitet nun mit gewaltigen, immer größer werdenden symmetrischen Dreiecks-Schritten in Richtung alte Höchststände.
Dies bedeutet nicht, dass Gold seit dem 15. August nicht mehr mit den Wirtschafts-, Börsen- und USD-Entwicklungen korreliert. Alle makroökonomischen Faktoren, die den Goldpreis beeinflussen sind immer intakt und stark preisbeeinflussend - nur nicht immer dominant und maßgebend. Einzelne Einflußfaktoren mögen für Investoren mehr oder weniger wichtig erscheinen, denn wie bei anderen Waren auch, ist die allgemeine Marktauffassung über die einzelnen Faktoren, die auf den Preis einwirken, konstant unterschiedlich.
Warum wird in den Medien noch nichts vom aktuellen Goldpreisausbruch berichtet? Oder von den vielen Goldminenaktien, welche diesen Ausbruch schon seit etwa 6 Wochen fulminant antizipiert haben und die Besten unter ihnen in dieser Zeit um mehr als 100% angestiegen sind? Weil es noch keinen Grund dafür gibt, warum Gold (offiziell) steigt! Der Grund dürfte aber bald (und schnell) gefunden sein: "Die USD-Gold-Korrelation". Wenn der USD die nächsten Tage und Wochen einbrechen sollte und der Goldpreis weiter steigt ist ein triftiger Grund gefunden, warum Gold in Richtung 400 ansetzt: "Weil der USD so stark verliert und der Goldpreis sich hauptsächlich invers zu dieser Weltleitwährung entwickelt, da er in dieser Einheit berechnet und gehandelt wird."
Eine freche Behauptung seit dem 32. Todestag und 1. Geburtstag (oder besser "Independence Day" des Goldes?): Nicht der (noch) einstürzende USD zieht den Goldpreis "automatisch" in die Höhe, sondern Gold steigt gen Himmel und zieht den USD in den Keller. Nehmen wir mal an, der USD fällt in den nächsten Wochen von 99 auf 92 Indexpunkte zurück. Dies wäre ein Rückgang von ca. 7%. Nehmen wir weiter an, dass Gold von 370 auf 410 ansteigt. Dies wären etwa 10%. Schon allein die Tatsache, dass der Goldpreis mehr Potential hat, könnte darauf schließen lassen, dass Gold sich nicht mehr so stark von USD-Bewegungen beeinflussen lässt und nun selbstbewusst die ersten eigenen Schritte unternimmt - und keine "Stützräder" mehr nötig hat.
Surfing USA
"Hinter dem Aufstieg und Niedergang von Kulturen und Geld, von Reichen oder Despoten, sind lange historische, vor allem ökonomische Zyklen feststellbar - fast geheimnisvolle Wellenbewegungen, die wie Ebbe und Flut in langen, sich oft auch überschneidenden Schwüngen die Welt in Bewegung halten." (10)
Das folgende, in den Medien oft als "Langfrist-Chart"-deklarierte Kursbild könnte vermuten lassen, dass der USD seinen Tiefpunkt bereits bei 92 Indexpunkten gefunden hat und seit dem "wie Phönix aus der Asche" wieder emporsteigen konnte, womit Anzeichen einer Konjunkturbelebung nicht nur von der Weltleitwährung Dollar ausgehen:
Chart 9: US-Dollar-Index März bis Anfang September 2003 (11)
Die Gründe sind schnell gefunden: Die Medien sind optimistisch, dass der Wirtschaftsaufschwung schon 2004 kommen könnte, nicht nur weil die US-Börsen seit dem Ende des Irakkriegs wieder für viel Phantasie sorgen konnten, sondern auch weil ein "Ifo-Index" nach Monaten der Stagnation nun 2 Monate in Folge gestiegen ist. Ein deutliches Zeichen der Trendwende!?
Charts sind eine tolle Sache, denn: Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Charts sind aber auch gefährlich, denn: Bilder manipulieren! Je kürzer die Zeitspanne in einem Chart, desto risikoreicher ist es, eine Vorhersage bzw. eine Investitionsentscheidung zu tätigen. Je größer der Chart, desto aussagekräftiger ist er.
Leider wird in der Medienwelt nie das "wahre" (langfristige) Bild der US-Dollar-Entwicklung gezeigt. Wenn Langfrist-Charts so wichtig sind, um Zyklen zu lokalisieren, und um die zukünftige Wirtschaftsentwicklungstendenz einschätzen zu können, warum werden sie dann nicht in der so sophisticateteten Finanzpresse und in den "aufklärenden" Medien gezeigt? Na deswegen!