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Bandbreiten dominieren - ZEW-Index heute im Fokus!

11.11.2008  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2730 gegenüber dem USD, nachdem in Fernost Tiefstkurse bei 1.2677 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY derzeit auf 98,00. "Carry-Trades" haben an Boden verloren. EUR-JPY notiert bei 124.75, während EUR-CHF bei 1.5030 oszilliert.

Der Devisenmarkt bildet zunehmend Bandbreiten aus, in denen sich die Bewegung abspielt. EURUSD findet im Bereich um 1.30 – 1.32 soliden Widerstand, während im Bereich von 1.25 - 1.27 markante Unterstützung dominiert.

Einer der wesentlichsten Katalysatoren der USD Befestigung ist mittlerweile völlig hinfällig. Die mangelnde Funktionsfähigkeit der Geldmärkte hatte zur Folge, dass für nicht am US-Markt tätige Finanzinstitutionen USD-Liquidität schwer darstellbar war. In der Folge erfreute sich der USD an den Devisenmärkten erhöhter Nachfrage, die den USD global losgelöst von Fundamentaldaten unterstützte.

Mit den vereinbarten unbegrenzten Devisenswaplinien zwischen den EZB und Fed tritt die EZB als Filiale der Fed in der USD-Versorgung auf. Mithin ist dieses Problem umfassend gelöst.

Diese Erkenntnis erscheint jedoch bisher am Devisenmarkt nur unterproportional ausgeprägt zu sein. Die Art und Weise des Handels impliziert in relativ stumpfer Manier eine enge Korrelation zu den Aktienmärkten, die von Devisenhändlern offensichtlich als Krisenmaß genutzt werden, nachdem Gold aus "unerfindlichen" Gründen diese Funktion derzeit und damit temporär nicht erfüllt. Sagte nicht Paul Volcker, der Vorgänger Alan Greenspans, so treffend, dass es sein einziger Fehler war, in seiner Amtszeit nicht gegen den Anstieg des Goldpreises (verdeckt) zu intervenieren?

Zurück zum Thema! Schwacher Aktienmarkt = zunehmende Krise = erhöhte USD-Nachfrage wegen USD-Liquiditätsmängeln. Nun denn, diese USD-Liquiditätsmängel sind jedoch nicht mehr gegeben! Ergo verfehlt das aktuelle Skript am Devisenmarkt das Thema!

Fakt ist andererseits, dass auch der "Carry-Trade" derzeit eng mit den Aktienmärkten getaktet ist. Steigende Aktienmärkte = freundlicher "Carry-Trade" (indirekt Kauf EUR-USD) und fallende Aktienmärkte = unfreundlicher Carry-Trade“ (indirekt Verkauf EUR-USD). Mit den massiven Abverkäufen der Vergangenheit sollten die nervösen Positionen überwiegend neutralisiert sein. Ergo ist die aktuelle Bewegung weniger nachhaltigen Kapitalströmen geschuldet, als vielmehr Ausdruck einer temporären Korrelation.

Fakt ist, dass der wesentlichste Katalysator der USD-Befestigung vollständig neutralisiert ist. Ergo ist die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruch aus der Bandbreite nach oben ungleich höher als eine Fortsetzung der höheren USD-Bewertung, die keinesfalls als fundamentale Stärke interpretiert werden kann, sondern maßgeblich Ausdruck und Produkt technischer Marktineffizienzen ist.
  • Die Fundamentaldaten aus den USA sind ungleich prekärer als die Daten aus "Old Europe". Der US-Arbeitsmarktbericht lieferte das jüngste Beispiel.

  • Die Tatsache, dass die USA, der Protagonist freier Märkte von gestern und massivster Deregulierung, sich nun im Sumpf des Stamokap tummelt, kann nicht wirklich als Kaufargument für den USD herhalten. Beliebigkeit als nachhaltiges Kaufargument hat keinen historisch belastbaren "Trackrecord".

  • Die Tatsache, dass der Finanzkapitalismus nach Machart der USA ("Tod" der Investmentbanken) gescheitert ist, kann nicht als Kaufargument für den USD herhalten.

  • Die Tatsache, dass die Fed aggressiv real negative Zinsen implementiert, kann nicht als belastbares Kaufargument dienen.

  • Die Tatsache, dass sowohl private Haushalte als auch Unternehmen in den USA zu größten Teilen in einer Schuldenfalle stecken und damit als Zelle eines zukünftigen Antriebs ausfallen, kann nicht als Kaufargument für den USD überzeugen.

  • Die Tatsache, dass US-Wirtschaftsdaten in wesentlichen Teilen nicht belastbar sind, sondern Merkmale des "Marketing" aufweisen, erhöht nicht die Attraktivität des USD.

  • Die Tatsache, dass die verfassungskonforme Verschuldung im letzten Fiskaljahr, das per 30.09.2008 endete bei 1.024 Mrd. USD oder 7% des BIP lag, verdeutlicht, dass die USA in einer sehr viel ärgeren Budgetsituation stecken, als "old Europe".

  • Die Tatsache, dass die Neuverschuldung in der verfassungskonformen Darstellung seit dem 01.10.2008 bis zum 07.11.2008 also während 38 Kalendertagen um 598 Mrd. USD oder circa 4% des BIP zulegte, erübrigt alle weiteren Fragen, ob die Budgetsituation für oder gegen den USD spricht.

  • Die Tatsache, dass Zentralbanken unverändert und insbesondere vor dem dargestellten Hintergrund an einer Diversifikation der Devisenreserven zu Lasten des USD interessiert sind, sollte nicht vollständig ausgeblendet werden.

Fundamentale Betrachtungen helfen nicht notwendig in der kurzfristigen Betrachtung, für nachhaltige und dauerhafte Bewegungen sind sie jedoch unverzichtbar. Um wesentliche fundamentale Faktoren kann man sich nicht herummogeln. Zeitgewinn bei Verschärfung der Gesamtsituation ist regelmäßig das Ergebnis. Das gilt auch hier für die USA. Die leicht verbesserte Situation der US-Exporteure ist Geschichte. Eine strukturelle Verbesserung der Handels- und Leistungsbilanzdefizitsituation ist damit in weitere Ferne gerückt. Die Bewertung des USD wird ultimativ obige Aspekte angemessen diskontieren müssen. Das Risikocluster von USD-Longpositionen ist derzeit als hoch einzuschätzen.

Heute steht der deutsche ZEW-Index im Mittelpunkt. Per November wird ein unwesentlicher Anstieg von -63,0 auf -62,0 Punkte unterstellt. Losgelöst von dem anstehenden Ergebnis ist eine belastbare positive Trendwende nicht erkennbar. Negative Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.

Zu beachten ist bei diesem Index, dass solitär Finanzexperten befragt werden, die derzeit von nicht unerheblicher Nervosität belastet sind. Mithin ist damit die Basis für ein Verfehlen der Konsnsusprognose als gegeben zu betrachten.

Der Blick auf den beigefügten Chart verdeutlicht die prekäre Situation, die dieser Index ausdrückt.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2500 - 30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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