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Europa und Japan in der Rezession - G-20 liefern in Washington ...

17.11.2008  |  Folker Hellmeyer
Europa und Japan in der Rezession - G-20 liefern in Washington Grundsatzerklärung!

Der Euro eröffnet heute bei 1.2580, nachdem in Fernost Tiefstkurse bei 1.2515 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY aktuell bei 97.15. "Carry-Trades" konnten die Spitzenniveaus am Freitag nicht halten und verloren in der Folge schwächerer Aktienmärkte in den USA an Boden. EUR-JPY stellt sich derzeit auf 122.20, während EUR-CHF bei 1.5060 oszilliert.

Der G-20 Gipfel hat dem Finanzmarkt eine Grundsatzerklärung ohne konkrete Beschlüsse beschert. Das war auch nicht anders zu erwarten!

Energische Bemühungen zur Neuordnung des Finanzsystems und Stabilisierung der Weltwirtschaft sind in einem 50-Punkte-Plan gelistet. Das Programm reicht von größerer Überwachung der Ratingagenturen, Reglementierung der Hedge Funds und klaren Bilanzierungsregeln bis zu nationalen Initiativen der Konjunkturbelebung.

Die Veranstaltung hat die Erwartungen erfüllt und leider nicht übertroffen. Die Grundsatzerklärung handelt die kritischen Themen ab. Der geplante zeitliche Fahrplan für die Umsetzung ist fraglos ambitioniert. Damit wird das Finanzsystem an aktuelle Erfordernisse nach dem massiven Versagen vieler Banken und der nationalen und supranationalen Kontrollinstanzen angepasst. Ebenso wird der Machtachsenverschiebung zu Gunsten der Schwellenländer Rechnung getragen. Mithin wird an den kritischen und damit richtigen Punkten angesetzt. So weit, so gut!

Leider wurde die Erwartungshaltung nicht übertroffen. Derzeit leidet der internationale Warenverkehr massiv unter Einschränkungen der Export/Importfinanzierung (Akkreditive/Letter of Credit). Mithin greift hier der "Credit Crunch".

Für eine internationale arbeitsteilige Wirtschaft ist die umfassende Funktionsfähigkeit genau dieses Segments lebensnotwendig. Hier besteht für die internationale Bankengemeinschaft und im Zweifelsfall für die Politik dringender Handlungsbedarf.

Eine Fortsetzung des "Credit Crunchs" an diesem Scharnier der Weltwirtschaft sollte die politischen Eliten deshalb nicht "unbeeindruckt" lassen.

Am Freitag ergab sich für die Eurozone laut der ersten Schätzung des BIP per 3. Quartal mit einer Kontraktion um 0,2% das zweite Mal in Folge ein Rückgang des BIP. Ergo bewegt sich die Eurozone damit in einer Rezession.

In Japan sank das BIP im 3. Quartal im Quartalsvergleich um 0,1% (annualisiert -0,4%, im Vorjahresvergleich 0,0%) nach zuvor -0,9% (annualisiert -3,7%, im Vorjahresvergleich +0,7%). Damit ergab sich das zweite Quartal in Folge eine Kontraktion. Ergo befindet sich Japan laut technischer Definition in einer Rezession.

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Die Daten verdeutlichen die markante Entschleunigung der globalen Wachstumskräfte. "Gut, dass die USA als Quelle der globalen Verwerfung im ersten (annualisiert +0,87%) und zweiten Quartal (annualisiert +2,83%) laut ihrer Statistik nachhaltig gewachsen sind, so dass sich wenigstens die USA laut Definition noch nicht in einer Rezession befinden (3. Quartal -0,25%)…!"

Sie kennen sich sicherlich in den Stilmitteln (Ironie, Satire …) der deutschen Sprache aus, oder? Wenden wir uns den Veröffentlichungen vom letzten Freitag zu:

Die Verbraucherpreise der Eurozone legten den Erwartungen der Marktteilnehmer im Jahresvergleich um 3,2% nach zuvor 3,6% zu. Marktwirkung ging von der Veröffentlichung nicht aus.

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Die US-Einzelhandelsumsätze brachen per Oktober im Monatsvergleich um 2,8% ein nach zuvor -1,3% per September. Im Jahresvergleich stellte sich damit ein Rückgang um 4,1% nach -1,1% im Vormonat ein. Die Datenreihe ist nicht inflationsbereinigt!

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Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan stellte sich per November auf 57,9 nach zuvor 57,6 Punkten per Oktober und bewegt sich damit in Schlagdistanz zu den Tiefstwerten per Juni.

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US-Importpreise verzeichneten per Oktober im Monatsvergleich einen starken Rückgang um 4,7%. Damit stellt sich ein dreimonatige Phalanx nachhaltig sinkender Importpreise ein (Vormonate: -3,0% per August und -3,3% per September). Im Jahresvergleich kam es als Konsequenz zu einem Einbruch des Anstiegs von 13,6% auf 6,7%. Noch per Juli 2008 ergab sich eine Zunahme um 21,4%

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US-Lagerbestände sanken per September um 0,2%, nachdem es im Vormonat zu einer Zunahme um 0,2% gekommen war. Gleichzeitig sank der Absatz im Monatsvergleich um 2,0%. In der Folge legte das Lagerbestand zu Absatz Verhältnis auf 1,29 nach zuvor 1,27 Monatsumsätze zu.

Insgesamt deuten die Daten aus der Eurozone und den USA in Richtung signifikant sinkenden Preisauftriebs und weiter abnehmender Konjunkturdynamik im Rahmen eines zunehmend rezessiv ausfallenden Gesamtbildes in den industrialisierten Ländern.

Bezüglich der heute anstehenden Veröffentlichungen verweisen wir auf die unten angeführte Datenbox.

Unverändert bestimmt sich die Entwicklung an den Devisenmärkte implizit durch die Aktienmärkte über die Transmission der „Carry-Trades“ auf EUR-USD und weitere Hauptwährungsparitäten. Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2300 -30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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