Edelmetalle Aktuell
15.12.2008 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W.C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.
Der Goldpreis orientierte sich in dieser Woche erwartungsgemäß erneut am Dollar und am Ölpreis und konnte deshalb zeitweise deutlich zulegen. Neben diesen beiden Faktoren dürfte aber auch wieder eine Rolle gespielt haben, dass Gold derzeit, unabhängig von diesen konkreten äußeren Einflüssen, von längerfristig orientierten Investoren eindeutig als möglicher sicherer Hafen für einen Teil ihres Vermögens angesehen wird. Am Ende legte die Notierung deshalb von 770 $ am vergangenen Freitag auf in der Spitze 834 $ zu. Geholfen haben dürfte dabei zusätzlich auch die Charttechnik, denn das gelbe Metall durchbrach bei 775 $ und dann bei 795 $ gleich zwei Widerstandspunkte.
Allerdings konnte das Metall am Ende nicht auf dem hohen Niveau bleiben, bis heute Nachmittag fiel es wieder auf ein Niveau knapp über der 800er-Marke zurück. Der Rückfall des US-Dollars von seinem Acht-Wochenhoch bei etwas über 1,34 und der Rückgang des Ölpreises, der kurzzeitig auf über 49 $ geklettert war, haben dabei ihren Einfluss geltend macht.
Für relativ großen Wirbel sorgten in Deutschland in dieser Woche Presseberichte, nach denen Gold angeblich zum ersten Mal in eine "Backwardation" gerutscht sei, d.h. dass die Terminpreise tiefer liegen als die Kassapreise. Daraus wurde von Kommentatoren geschlossen, dass bei einem Andauern der Situation dies ein Beleg für eine starke physische Knappheit des Goldes sein könnte. Wir halten diese Diskussion zumindest im Moment für einen Sturm im Wasserglas: Terminkurse für Gold sind ausschließlich eine Folge des Zinsunterschieds zwischen den Goldzinsen (die in jüngster Zeit angestiegen sind, weil Zentralbanken und Investoren insgesamt weniger bzw. nur mit höheren Kreditmargen verleihen) und den Dollarzinsen (die vergleichsweise niedrig sind, nachdem die US-Notenbank mehrfach die Leitzinsen gesenkt hat).
Die gestiegenen Kreditmargen sind dabei keinesfalls eine spezielle Erscheinung nur auf dem Goldmarkt, sondern eine natürliche Folge einer entsprechenden Entwicklung auf den (Geld-)Kreditmärkten. Deshalb sind wir auch nicht der Meinung, dass sich aus den gestiegenen Zinsen ein irgendwie speziell bei Goldleihen erhöhtes Ausfallrisiko ablesen ließe. Goldleihen dienen, wenn überhaupt, heute nur zum kleinsten Teil zur Finanzierung spekulativer Minuspositionen. Der allergrößte Teil der Goldleihen von Zentralbanken an Banken wird indirekt verwendet zur Finanzierung von Beständen bei Weiterverarbeitern, bei industriellen Endkunden und in der Schmuckindustrie. Auch für die Finanzierung der verbliebenen Termingeschäfte von Minen, die in den letzten Jahren allerdings massiv verringert wurden, wurde und wird noch Leihegold eingesetzt. In beiden Anwendungsbereichen dienen Goldleihen zu dem Zweck, Preisrisiken zu vermeiden und erhöhen sie nicht. Das Gold ist auch in beiden Fällen nicht verschwunden, sondern immer noch vorhanden, in erstere m im Produktionsprozess der Unternehmen, die Leihenehmer sind, im zweiten bei den Minen in der Erde in Form noch nicht abgebauten Erzreserven.
Übrigens gab es die aktuelle Konstellation beim Gold bisher zwar sehr selten, aber sie kam, insbesondere, was kurzfristige Laufzeiten von Termingeschäften angeht, in den letzten Tagen keineswegs zum ersten Mal vor. Darüber hinaus ist eine Backwardation bei den 10 bzw. 100mal selteneren Metallen Platin und Rhodium lange Zeit gang und gäbe gewesen und auch beim Silber kam eine solche Marktsituation des Öfteren und auch für längere Zeiträume vor, ohne dass man heute bei einem dieser Metallen von einer nachhaltigen physischen Knappheit reden kann.
Allerdings - und das soll nicht verschwiegen werden - sind theoretisch(!?) durchaus Szenarien denkbar, in den Gold auch wirklich einmal knapp werden könnte. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn sich weltweit oder auch nur in Deutschland tatsächlich eine Mehrheit der Anleger entscheiden würde, ohne Rücksicht auf den Preis Gold als Beimischung ins Depot zu nehmen. Bei einem Geldvermögen alleine in Deutschland von rund drei Billionen Euro (ohne Anlagen in Versicherungen) würden die oft genannten 5% Anlagesumme in Gold rund 7.500 Tonnen des gelben Metalls ausmachen.
Einer etwas älteren Studie zufolge haben die Deutschen in ihren Tresoren bereits rund 3.000 Tonnen, aber die "fehlende" Menge würde noch immer fast zwei Weltjahresproduktionen ausmachen. Bei einem solchen Ansturm auf das Gold würden die normalen Korrekturmuster des Goldmarktes, z. B. nach dem Motto "Hohe Preise -> Weniger Schmuckabsatz, höhere Produktion, mehr Recyclingaufkommen -> Niedrigere Preise“ sicher nicht mehr funktionieren.
Aber noch ist es nicht soweit und die realen Nachrichten dieser Woche vom Goldmarkt sprechen denn auch eine andere, weniger euphorische Sprache: Die türkischen Goldimporte sind im November auf 15 Kilo(!) "zusammengebrochen", den niedrigsten jemals an der Goldbörse in Istanbul verzeichneten Wert. Dieses ist im Vergleich zum Vorjahr ein 99,9%iges Minus. Auch im Oktober hatte das mit der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Exportmärkten begründete Minus schon 98,5% betragen. Einer der wichtigen Märkte für Goldschmuck, Abu Dhabi, berichtete denn in dieser Woche auch über einen 20%igen Rückgang des Absatzes für November. Einen gewissen Ausgleich zu dem sinkenden Absatz schafft die gleichzeitig fallende Neuproduktion in etlichen Ländern, allen voran in Südafrika, wo im Oktober ein erneuter Rückgang der Ausbringung um 14,4% im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet wurde. Weiter nordwestlich, in Ghana gab es dagegen ein leichtes Plus: Für die ersten neun Monate wurde eine Steigerung in Höhe von 2% auf 1,9 Millionen Unzen berichtet. Damit steht Ghana allerdings weiter nicht einmal unter den 10 größten Goldförderern auf der Welt, auf die Gesamtbilanz des Goldmarktes (und damit den Preis) sollte der minimale Zuwachs deshalb keinen Einfluss haben.
Bei den Investmentbarren gab es in der letzten Woche keine größeren Veränderungen, die Nachfrage dauerte auf etwas niedrigerem Niveau weiter an, angesichts der mit Hochtouren laufenden Produktion konnten die Wartezeiten zumindest bei den größeren, gegossenen Barren aber weiter im Zaum gehalten werden. Allerdings kommt bei den Barrenproduzenten nun erst einmal die verdiente Weihnachtspause, so dass sich im Januar je nach Nachfrageentwicklung der Rückstau erst noch einmal wieder vergrößern dürfte.
Relativ ruhig war es bei den Zentralbanken. Die EZB berichtete für die letzte Woche von Goldverkäufen in Höhe von etwas über zwei Tonnen durch zwei ihrer Mitgliedszentralbanken
Als Reaktion auf die anfänglich sehr positive Entwicklung des Goldpreises konnte in den letzten Tagen auch der Silberpreis zeitweise deutlich zulegen. Er stieg von 9,10 $, auf dieses Niveau war er noch am Nachmittag des vergangenen Freitags zurückgefallen, auf zeitweise bis zu 10,50 $ je Unze an. Damit scheiterte das Metall genau an einem wichtigen charttechnischen Widerstand, der sich seit Anfang November herausgebildet hatte.
Im zweistelligen Bereich konnte sich der Silberpreis dann aber trotz des jüngsten Preisrückgangs beim Gold noch halten. Aktuell liegt er bei immerhin knapp 10,10 $ je Unze. Die Handelsspanne für die nächsten Tage dürfte zwischen 9,40 $ und 10,50 $ liegen, erst ein Ausbruch auf einer der beiden Seiten wird dann wohl einen konkreteren Hinweis auf die weitere mittelfristige Tendenz geben.
Angesichts dessen, dass Silber, von den massiven ETF-Käufen der letzten beiden Jahre einmal abgesehen, ein überwiegend industriell genutztes Metall ist, scheint es uns aber auch weiterhin in einer im Vergleich zum Gold tendenziell eher etwas schlechteren Ausgangslage zu sein.
Beim Silber dauert die Nachfrage nach Investmentbarren trotzdem weiter an, auch wenn sie nicht mehr so hoch ausfällt, wie noch vor einigen Wochen. Insbesondere die 1kg-Barren sind aktuell aber noch immer relativ kurzfristig verfügbar, längere Wartezeiten (von der Weihnachtspause abgesehen) gehören hier vorerst der Vergangenheit an.
In den letzten Tagen blieb der Platinpreis ein Spielball der Meldungen von den internationalen Automärkten. Nach anfänglichen Verlusten, sie brachten am letzten Freitag kurzzeitig einen Tiefstkurs von 775 $ je Unze, stieg die Notierung am Montag dann steil an und erreichte in der Spitze 840 $ je Unze.
Eine Hauptursache für den Anstieg war die Hoffnung von Spekulanten und Investoren, dass sich der Autoabsatz und damit der Platinmetallverbrauch nach der Einigung auf ein Rettungspaket für die US-Autoindustrie wieder stabilisieren könnte. Positiv wirkte sich für das Platin aber auch die Stärke des Yen aus, der gegenüber dem Dollar zulegte und so Platinkäufe für japanische Adressen günstiger machte.
Schon am Dienstag setzte sich aber die Erkenntnis durch, dass auch die Verabschiedung eines Rettungspakets für die Autoindustrie keine rasche Linderung bringen, sondern höchstens das Schlimmste verhindern würde. Aus diesem Grund und auch weil das Metall charttechnisch an seine Grenzen geriet, kamen neue Verkäufe auf, die das Metall sogar wieder unter die Marke von 800 $ drückten. Die positive Abstimmung im US-Repräsentantenhaus bezüglich des Hilfspakets brachte dann noch einmal Auftrieb. Allerdings reichte dieser nicht aus, zu verhindern, dass, was den Preis angeht, das Platin erstmals seit 1996 vom Gold eingeholt, und dann heute sogar überholt wurde. Das weiße Metall stieg davor zwar noch einmal auf 840 $ an, als dann aber in der vergangenen Nacht der US-Senat den Rettungsplan für die lokale Autoindustrie ablehnte, ging es erneut steil nach unten und aktuell notiert das Metall nur noch bei knapp über 800 $ je Unze.
Die weiteren Aussichten sehen nach wie vor wenig positiv aus. Bestenfalls wird es für das Platin angesichts eines rückläufigen Verbrauchs und einer gleichzeitig sinkenden Produktion zu einer Seitwärtsbewegung reichen, die den Preis irgendwo zwischen 740 $ und 880 $ verharren lassen wird. Erst bei einem deutlichen Anspringen der Autoverkaufszahlen sind dann auch wieder einmal deutlich höhere Preise zu erwarten.
Von den Minen gab es in dieser Woche nur wenige Nachrichten: Bei Lonmin sehen die Gewerkschaften noch deutlichen Gesprächsbedarf über die Pläne der Firma zur Reduzierung von Belegschaft und Produktion. Und Aquarius Platinum musste ihre Everest-Mine vorübergehend wegen "geotechnischer" Probleme schließen. Dadurch fällt jetzt erst einmal eine Platinmetallproduktion von 2.500 Unzen pro Woche flach, sicherlich ist das aber Metall, auf welches im Moment niemand wirklich wartet.
Das, was aktuell den Platinpreis umtreibt, gilt überwiegend auch für das deutlich günstigere Schwestermetall Palladium. Dieses startete in den letzten Freitag bei 172 $ und fiel dann getrieben durch das schwächere Platin, auf nur noch 160 $ zurück. Damit erreichte das Metall erneut jenen Tiefstkurs vom Oktober, der davor zum letzten Mal 2003 verzeichnet worden war. Zahlreiche Charts u. a. im Internet zeigen übrigens an, dass der Palladiumpreis in der vergangenen Woche noch leicht unter dem Oktoberniveau gelegen habe, hierbei handelt es sich allerdings unserer Meinung nach aber lediglich um eine etwas ungenaue Darstellung.
Angesichts des trotzdem niedrigen Preises gab es dann aber den einen oder anderen Schnäppchenjäger, der sich das Metall zulegte und dabei auch geleitet war von der Hoffnung auf ein tragfähiges Rettungspaket für die US-Autoindustrie. Bis gestern stieg die Notierung deshalb wieder auf 182 $ je Unze, mit der Abstimmungsniederlage im noch republikanisch bestimmten US-Senat zerstoben allerdings in der vergangenen Nacht die Hoffnungen wieder rasch. Das Metall fiel deshalb bis heute Mittag wieder auf 170 $ zurück.
Fundamental wird sich auf absehbare Zeit nichts an der insgesamt prekären Preissituation ändern. Die rückläufigen Produktions- und Recyclingzahlen, sowie die Aussichten auf ein Ende der Verkäufe aus staatlichen russischen Quellen sollten einen sehr viel weitergehenden Absturz gleichwohl verhindern. Wir sehen das Rückschlagspotential unterhalb der Marke von 160 $ deshalb als begrenzt an und wenn der Preis wider Erwarten deutlich darunter fallen sollte, könnten sich Industrieunternehmen in der Hoffnung auf einen Aufschwung im nächsten oder übernächsten Jahr hier zumindest schon einmal relativ günstig eindecken.
Relativ stabil, aber ebenfalls ohne Aussichten auf eine weitergehende Erholung des Preise präsentierte sich in den letzten Tagen das letzte Edelmetall mit vierstelligen Preisen, das Rhodium. Nachdem die Nachfrage schon in der letzten Woche bei Preisen zwischen 1.300 $ und 1.500 $ weitgehend zum Erliegen kam und sich dieser Trend auch in dieser Woche fortsetzte, fiel die Notierung in den letzten Tagen wieder auf 1.100 $ - 1.275 $ je Unze zurück. Auch auf diesem Niveau blieb eine Trendumkehr aus. Angesichts dessen, dass viele Autohersteller in den nächsten Tagen ihre Werke für gleich mehrere Wochen schließen werden, ist eine Änderung bei diesem überwiegend vom physischen Markt getriebenen Metall nicht zu erwarten.
Wir würden deshalb nicht ausschließen, dass wir in absehbarer Zeit auch wieder dreistellige Preise sehen werden.
Das Ruthenium konnte von dem kurzlebigen Anstieg der Nachfrage letzte Woche nicht profitieren und liegt jetzt, ohne dass es größeres Kaufinteresse gäbe, noch einmal deutlich tiefer bei 80 $ - 160 $, Iridium liegt unverändert bei 380 $ - 430 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.
- Gold
Der Goldpreis orientierte sich in dieser Woche erwartungsgemäß erneut am Dollar und am Ölpreis und konnte deshalb zeitweise deutlich zulegen. Neben diesen beiden Faktoren dürfte aber auch wieder eine Rolle gespielt haben, dass Gold derzeit, unabhängig von diesen konkreten äußeren Einflüssen, von längerfristig orientierten Investoren eindeutig als möglicher sicherer Hafen für einen Teil ihres Vermögens angesehen wird. Am Ende legte die Notierung deshalb von 770 $ am vergangenen Freitag auf in der Spitze 834 $ zu. Geholfen haben dürfte dabei zusätzlich auch die Charttechnik, denn das gelbe Metall durchbrach bei 775 $ und dann bei 795 $ gleich zwei Widerstandspunkte.
Allerdings konnte das Metall am Ende nicht auf dem hohen Niveau bleiben, bis heute Nachmittag fiel es wieder auf ein Niveau knapp über der 800er-Marke zurück. Der Rückfall des US-Dollars von seinem Acht-Wochenhoch bei etwas über 1,34 und der Rückgang des Ölpreises, der kurzzeitig auf über 49 $ geklettert war, haben dabei ihren Einfluss geltend macht.
Für relativ großen Wirbel sorgten in Deutschland in dieser Woche Presseberichte, nach denen Gold angeblich zum ersten Mal in eine "Backwardation" gerutscht sei, d.h. dass die Terminpreise tiefer liegen als die Kassapreise. Daraus wurde von Kommentatoren geschlossen, dass bei einem Andauern der Situation dies ein Beleg für eine starke physische Knappheit des Goldes sein könnte. Wir halten diese Diskussion zumindest im Moment für einen Sturm im Wasserglas: Terminkurse für Gold sind ausschließlich eine Folge des Zinsunterschieds zwischen den Goldzinsen (die in jüngster Zeit angestiegen sind, weil Zentralbanken und Investoren insgesamt weniger bzw. nur mit höheren Kreditmargen verleihen) und den Dollarzinsen (die vergleichsweise niedrig sind, nachdem die US-Notenbank mehrfach die Leitzinsen gesenkt hat).
Die gestiegenen Kreditmargen sind dabei keinesfalls eine spezielle Erscheinung nur auf dem Goldmarkt, sondern eine natürliche Folge einer entsprechenden Entwicklung auf den (Geld-)Kreditmärkten. Deshalb sind wir auch nicht der Meinung, dass sich aus den gestiegenen Zinsen ein irgendwie speziell bei Goldleihen erhöhtes Ausfallrisiko ablesen ließe. Goldleihen dienen, wenn überhaupt, heute nur zum kleinsten Teil zur Finanzierung spekulativer Minuspositionen. Der allergrößte Teil der Goldleihen von Zentralbanken an Banken wird indirekt verwendet zur Finanzierung von Beständen bei Weiterverarbeitern, bei industriellen Endkunden und in der Schmuckindustrie. Auch für die Finanzierung der verbliebenen Termingeschäfte von Minen, die in den letzten Jahren allerdings massiv verringert wurden, wurde und wird noch Leihegold eingesetzt. In beiden Anwendungsbereichen dienen Goldleihen zu dem Zweck, Preisrisiken zu vermeiden und erhöhen sie nicht. Das Gold ist auch in beiden Fällen nicht verschwunden, sondern immer noch vorhanden, in erstere m im Produktionsprozess der Unternehmen, die Leihenehmer sind, im zweiten bei den Minen in der Erde in Form noch nicht abgebauten Erzreserven.
Übrigens gab es die aktuelle Konstellation beim Gold bisher zwar sehr selten, aber sie kam, insbesondere, was kurzfristige Laufzeiten von Termingeschäften angeht, in den letzten Tagen keineswegs zum ersten Mal vor. Darüber hinaus ist eine Backwardation bei den 10 bzw. 100mal selteneren Metallen Platin und Rhodium lange Zeit gang und gäbe gewesen und auch beim Silber kam eine solche Marktsituation des Öfteren und auch für längere Zeiträume vor, ohne dass man heute bei einem dieser Metallen von einer nachhaltigen physischen Knappheit reden kann.
Allerdings - und das soll nicht verschwiegen werden - sind theoretisch(!?) durchaus Szenarien denkbar, in den Gold auch wirklich einmal knapp werden könnte. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn sich weltweit oder auch nur in Deutschland tatsächlich eine Mehrheit der Anleger entscheiden würde, ohne Rücksicht auf den Preis Gold als Beimischung ins Depot zu nehmen. Bei einem Geldvermögen alleine in Deutschland von rund drei Billionen Euro (ohne Anlagen in Versicherungen) würden die oft genannten 5% Anlagesumme in Gold rund 7.500 Tonnen des gelben Metalls ausmachen.
Einer etwas älteren Studie zufolge haben die Deutschen in ihren Tresoren bereits rund 3.000 Tonnen, aber die "fehlende" Menge würde noch immer fast zwei Weltjahresproduktionen ausmachen. Bei einem solchen Ansturm auf das Gold würden die normalen Korrekturmuster des Goldmarktes, z. B. nach dem Motto "Hohe Preise -> Weniger Schmuckabsatz, höhere Produktion, mehr Recyclingaufkommen -> Niedrigere Preise“ sicher nicht mehr funktionieren.
Aber noch ist es nicht soweit und die realen Nachrichten dieser Woche vom Goldmarkt sprechen denn auch eine andere, weniger euphorische Sprache: Die türkischen Goldimporte sind im November auf 15 Kilo(!) "zusammengebrochen", den niedrigsten jemals an der Goldbörse in Istanbul verzeichneten Wert. Dieses ist im Vergleich zum Vorjahr ein 99,9%iges Minus. Auch im Oktober hatte das mit der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Exportmärkten begründete Minus schon 98,5% betragen. Einer der wichtigen Märkte für Goldschmuck, Abu Dhabi, berichtete denn in dieser Woche auch über einen 20%igen Rückgang des Absatzes für November. Einen gewissen Ausgleich zu dem sinkenden Absatz schafft die gleichzeitig fallende Neuproduktion in etlichen Ländern, allen voran in Südafrika, wo im Oktober ein erneuter Rückgang der Ausbringung um 14,4% im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet wurde. Weiter nordwestlich, in Ghana gab es dagegen ein leichtes Plus: Für die ersten neun Monate wurde eine Steigerung in Höhe von 2% auf 1,9 Millionen Unzen berichtet. Damit steht Ghana allerdings weiter nicht einmal unter den 10 größten Goldförderern auf der Welt, auf die Gesamtbilanz des Goldmarktes (und damit den Preis) sollte der minimale Zuwachs deshalb keinen Einfluss haben.
Bei den Investmentbarren gab es in der letzten Woche keine größeren Veränderungen, die Nachfrage dauerte auf etwas niedrigerem Niveau weiter an, angesichts der mit Hochtouren laufenden Produktion konnten die Wartezeiten zumindest bei den größeren, gegossenen Barren aber weiter im Zaum gehalten werden. Allerdings kommt bei den Barrenproduzenten nun erst einmal die verdiente Weihnachtspause, so dass sich im Januar je nach Nachfrageentwicklung der Rückstau erst noch einmal wieder vergrößern dürfte.
Relativ ruhig war es bei den Zentralbanken. Die EZB berichtete für die letzte Woche von Goldverkäufen in Höhe von etwas über zwei Tonnen durch zwei ihrer Mitgliedszentralbanken
- Silber
Als Reaktion auf die anfänglich sehr positive Entwicklung des Goldpreises konnte in den letzten Tagen auch der Silberpreis zeitweise deutlich zulegen. Er stieg von 9,10 $, auf dieses Niveau war er noch am Nachmittag des vergangenen Freitags zurückgefallen, auf zeitweise bis zu 10,50 $ je Unze an. Damit scheiterte das Metall genau an einem wichtigen charttechnischen Widerstand, der sich seit Anfang November herausgebildet hatte.
Im zweistelligen Bereich konnte sich der Silberpreis dann aber trotz des jüngsten Preisrückgangs beim Gold noch halten. Aktuell liegt er bei immerhin knapp 10,10 $ je Unze. Die Handelsspanne für die nächsten Tage dürfte zwischen 9,40 $ und 10,50 $ liegen, erst ein Ausbruch auf einer der beiden Seiten wird dann wohl einen konkreteren Hinweis auf die weitere mittelfristige Tendenz geben.
Angesichts dessen, dass Silber, von den massiven ETF-Käufen der letzten beiden Jahre einmal abgesehen, ein überwiegend industriell genutztes Metall ist, scheint es uns aber auch weiterhin in einer im Vergleich zum Gold tendenziell eher etwas schlechteren Ausgangslage zu sein.
Beim Silber dauert die Nachfrage nach Investmentbarren trotzdem weiter an, auch wenn sie nicht mehr so hoch ausfällt, wie noch vor einigen Wochen. Insbesondere die 1kg-Barren sind aktuell aber noch immer relativ kurzfristig verfügbar, längere Wartezeiten (von der Weihnachtspause abgesehen) gehören hier vorerst der Vergangenheit an.
- Platin
In den letzten Tagen blieb der Platinpreis ein Spielball der Meldungen von den internationalen Automärkten. Nach anfänglichen Verlusten, sie brachten am letzten Freitag kurzzeitig einen Tiefstkurs von 775 $ je Unze, stieg die Notierung am Montag dann steil an und erreichte in der Spitze 840 $ je Unze.
Eine Hauptursache für den Anstieg war die Hoffnung von Spekulanten und Investoren, dass sich der Autoabsatz und damit der Platinmetallverbrauch nach der Einigung auf ein Rettungspaket für die US-Autoindustrie wieder stabilisieren könnte. Positiv wirkte sich für das Platin aber auch die Stärke des Yen aus, der gegenüber dem Dollar zulegte und so Platinkäufe für japanische Adressen günstiger machte.
Schon am Dienstag setzte sich aber die Erkenntnis durch, dass auch die Verabschiedung eines Rettungspakets für die Autoindustrie keine rasche Linderung bringen, sondern höchstens das Schlimmste verhindern würde. Aus diesem Grund und auch weil das Metall charttechnisch an seine Grenzen geriet, kamen neue Verkäufe auf, die das Metall sogar wieder unter die Marke von 800 $ drückten. Die positive Abstimmung im US-Repräsentantenhaus bezüglich des Hilfspakets brachte dann noch einmal Auftrieb. Allerdings reichte dieser nicht aus, zu verhindern, dass, was den Preis angeht, das Platin erstmals seit 1996 vom Gold eingeholt, und dann heute sogar überholt wurde. Das weiße Metall stieg davor zwar noch einmal auf 840 $ an, als dann aber in der vergangenen Nacht der US-Senat den Rettungsplan für die lokale Autoindustrie ablehnte, ging es erneut steil nach unten und aktuell notiert das Metall nur noch bei knapp über 800 $ je Unze.
Die weiteren Aussichten sehen nach wie vor wenig positiv aus. Bestenfalls wird es für das Platin angesichts eines rückläufigen Verbrauchs und einer gleichzeitig sinkenden Produktion zu einer Seitwärtsbewegung reichen, die den Preis irgendwo zwischen 740 $ und 880 $ verharren lassen wird. Erst bei einem deutlichen Anspringen der Autoverkaufszahlen sind dann auch wieder einmal deutlich höhere Preise zu erwarten.
Von den Minen gab es in dieser Woche nur wenige Nachrichten: Bei Lonmin sehen die Gewerkschaften noch deutlichen Gesprächsbedarf über die Pläne der Firma zur Reduzierung von Belegschaft und Produktion. Und Aquarius Platinum musste ihre Everest-Mine vorübergehend wegen "geotechnischer" Probleme schließen. Dadurch fällt jetzt erst einmal eine Platinmetallproduktion von 2.500 Unzen pro Woche flach, sicherlich ist das aber Metall, auf welches im Moment niemand wirklich wartet.
- Palladium
Das, was aktuell den Platinpreis umtreibt, gilt überwiegend auch für das deutlich günstigere Schwestermetall Palladium. Dieses startete in den letzten Freitag bei 172 $ und fiel dann getrieben durch das schwächere Platin, auf nur noch 160 $ zurück. Damit erreichte das Metall erneut jenen Tiefstkurs vom Oktober, der davor zum letzten Mal 2003 verzeichnet worden war. Zahlreiche Charts u. a. im Internet zeigen übrigens an, dass der Palladiumpreis in der vergangenen Woche noch leicht unter dem Oktoberniveau gelegen habe, hierbei handelt es sich allerdings unserer Meinung nach aber lediglich um eine etwas ungenaue Darstellung.
Angesichts des trotzdem niedrigen Preises gab es dann aber den einen oder anderen Schnäppchenjäger, der sich das Metall zulegte und dabei auch geleitet war von der Hoffnung auf ein tragfähiges Rettungspaket für die US-Autoindustrie. Bis gestern stieg die Notierung deshalb wieder auf 182 $ je Unze, mit der Abstimmungsniederlage im noch republikanisch bestimmten US-Senat zerstoben allerdings in der vergangenen Nacht die Hoffnungen wieder rasch. Das Metall fiel deshalb bis heute Mittag wieder auf 170 $ zurück.
Fundamental wird sich auf absehbare Zeit nichts an der insgesamt prekären Preissituation ändern. Die rückläufigen Produktions- und Recyclingzahlen, sowie die Aussichten auf ein Ende der Verkäufe aus staatlichen russischen Quellen sollten einen sehr viel weitergehenden Absturz gleichwohl verhindern. Wir sehen das Rückschlagspotential unterhalb der Marke von 160 $ deshalb als begrenzt an und wenn der Preis wider Erwarten deutlich darunter fallen sollte, könnten sich Industrieunternehmen in der Hoffnung auf einen Aufschwung im nächsten oder übernächsten Jahr hier zumindest schon einmal relativ günstig eindecken.
- Rhodium, Ruthenium, Iridium
Relativ stabil, aber ebenfalls ohne Aussichten auf eine weitergehende Erholung des Preise präsentierte sich in den letzten Tagen das letzte Edelmetall mit vierstelligen Preisen, das Rhodium. Nachdem die Nachfrage schon in der letzten Woche bei Preisen zwischen 1.300 $ und 1.500 $ weitgehend zum Erliegen kam und sich dieser Trend auch in dieser Woche fortsetzte, fiel die Notierung in den letzten Tagen wieder auf 1.100 $ - 1.275 $ je Unze zurück. Auch auf diesem Niveau blieb eine Trendumkehr aus. Angesichts dessen, dass viele Autohersteller in den nächsten Tagen ihre Werke für gleich mehrere Wochen schließen werden, ist eine Änderung bei diesem überwiegend vom physischen Markt getriebenen Metall nicht zu erwarten.
Wir würden deshalb nicht ausschließen, dass wir in absehbarer Zeit auch wieder dreistellige Preise sehen werden.
Das Ruthenium konnte von dem kurzlebigen Anstieg der Nachfrage letzte Woche nicht profitieren und liegt jetzt, ohne dass es größeres Kaufinteresse gäbe, noch einmal deutlich tiefer bei 80 $ - 160 $, Iridium liegt unverändert bei 380 $ - 430 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.