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US-Rohöllagerbestände auf 19-Jahreshoch

23.04.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölpreis gab gestern leicht um 50 Cents auf 48 Dollar je Barrel nach. Während ein schwächerer US-Dollar stützte, belastete der vom US-Energieminsterium berichtete unerwartet starke Anstieg der US-Rohöllagerbestände. Diese sind in der vergangenen Woche aufgrund höherer Importe um 3,9 Mio. Barrel auf ein 19-Jahreshoch gestiegen. Auch die Vorräte an Mineralölprodukten sind überraschend deutlich gestiegen (siehe Tabelle). Einzig positiv für den Ölpreis war die Meldung, dass die Benzinnachfrage in den USA in der letzten Woche im Vergleich zur Vorwoche zugenommen hat. Schon in den letzten Wochen hatte sich hier eine Stabilisierung angedeutet. Wir bleiben bei unserer Ansicht, dass der Ölpreis kurzfristig in einer Spanne zwischen 45 and 55 US$ je Barrel verharren wird. Allerdings haben die Abwärtsrisiken deutlich zugenommen.

Nach Angaben des Tankschiffbetreibers Frontline werden derzeit bis zu 100 Mio. Barrel Rohöl in Supertankern auf hoher See gelagert. Das ist mehr als je zuvor und mehr als weltweit an einem Tag an Rohöl verbraucht wird. Dank niedriger Tankerraten und der Terminkurve im Contango ist es für größere Ölgesellschaften und Handelshäuser wieder lukrativ geworden, Öl günstig am Spotmarkt zu erwerben, zu lagern und zu höheren Preisen auf Termin zu verkaufen. Die tatsächlichen Lagerbestände könnten also noch größer sein als es die offiziellen Daten vermuten lassen. Die OPEC äußert sich ob des Angebotsüberhangs besorgt. Der libysche Ölminister ruft daher die OPEC-Mitglieder zu einer strikten Quotendisziplin auf.


Edelmetalle

Gold kann am Morgen bis auf 895 USD je Feinunze steigen. Die Abwärtsrevision der Wachstumsprognose des IWF stützt Gold ebenso wie der Rückgang der US-Aktienmärkte kurz vor Handelsschluss. Dazu scheint die physische Nachfrage derzeit anzuziehen. Laut Bombay Bullion Association könnten sich die Goldimporte Indiens im April auf 50 Tonnen im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln. Für einen Anstieg über 900 USD mangelt es derzeit aber an der Investmentnachfrage. Die Goldbestände von SPDR Gold Trust verharrten gestern bei 1.106 Tonnen. Seit Anfang des Monats gab es bereits Abflüsse von 21 Tonnen.


Palladium konnte gestern um 4% auf 233 USD je Feinunze steigen. Palladium profitiert dabei wie Platin von Hoffnungen auf eine anziehende Nachfrage der Automobilindustrie. Die chinesische Regierung hat gestern angekündigt, die Subventionen für den Kauf von Neuwagen auf 1 Mrd. CNY von zunächst geplanten 600 Mio. CNY anheben zu wollen. China dürfte die USA in diesem Jahr als weltgrößten Autoabsatzmarkt überholen. Eine stärkere Pkw-Nachfrage in China könnte somit den Nachfragerückgang in den USA und Westeuropa zumindest teilweise kompensieren. Der Nachfragerückgang nach Platin und Palladium seitens der Automobilindustrie könnte daher geringer ausfallen als erwartet. Für Palladium spricht dabei, dass im Vergleich zu Platin weiterhin preiswert ist. Platin ist derzeit fünfmal so teuer.

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Industriemetalle

Die Industriemetalle befinden sich weiter in einer Konsolidierungsphase. Mit dazu beigetragen haben dürfte der IWF, welcher seine Wachstumsprognose nochmals nach unten revidierte und nun für dieses Jahr einen Rückgang der Weltwirtschaft um 1,3% erwartet. Dazu berichtete das World Bureau of Metal Statistics von steigenden Überschüssen bei allen LME-Metallen. Bei Kupfer beläuft sich der Überschuss in den ersten beiden Monaten auf 112 Tsd. Tonnen, nach einem Defizit von 109 Tsd. Tonnen vor einem Jahr.

Noch deutlicher ist der Anstieg bei Aluminium. Hier stieg der Überschuss auf 425,7 Tsd. Tonnen von 50 Tsd. Tonnen im Vorjahr. Der Marktüberschuss bei Zink weitete sich auf 116,5 Tsd. Tonnen von 27 Tsd. Tonnen ebenfalls kräftig aus. Die Produktionskürzungen seitens der Anbieter haben somit ebensowenig zu einem Ausgleich der Marktbilanzen geführt wie die anhaltenden Reservekäufe seitens von China. Ohne die chinesischen Käufe wären die Überschüsse wahrscheinlich sogar noch deutlich höher ausgefallen. Dies unterstreicht unsere Meinung, dass der Preisanstieg bei den meisten Industriemetallen seit Jahresbeginn, insbesondere bei Kupfer, nicht nachhaltig ist und mit einer deutlichen Korrekturbewegung gerechnet werden muss, wenn die Kaufaktivitäten des Staatlichen Reservebüros Chinas nachlassen.


Agrarrohstoffe:

China wird seine staatlichen Sojabohnenkäufe bis Ende Juni fortsetzen. Dies gab der chinesische Staatsrat gestern bekannt. Ursprünglich sollten die Reservekäufe bis Ende April abgeschlossen sein. Das zuständige Reservebüro Sinograin liegt aber noch immer zwei Millionen Tonnen hinter dem angestrebten Wert von 6 Mio. Tonnen zurück. Weil Sinograin große Teile der heimischen Sojabohnenproduktion aufkauft, sind die chinesischen Sojabohnenimporte zuletzt deutlich gestiegen. Sie dürften nun zumindest bis Ende Juni auf dem derzeitigen Niveau von 4 Mio. Tonnen pro Monat verharren. Gleichzeitig werden die Ernteprognosen in Argentinien kontinuierlich nach unten revidiert. Die Sojabohnenpreise bleiben somit bis auf weiteres gut unterstützt, was auch kurzfristig orientierte Anleger anlocken dürfte.

Neben Sojabohnen importierte China zuletzt auch verstärkt Weizen. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres hat der weltgrößte Weizenkonsument der Zollbehörde zufolge 121.063 Tonnen Weizen importiert. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum lagen die Weizenimporte bei Null. Diese Zahlen wecken Zweifel an vorherigen Äußerungen chinesischer Offizieller, wonach trotz der Dürre und der damit zu erwartenden Ernteausfälle in diesem Jahr keine Weizenimporte notwendig sind. Da gleichzeitig die weltweiten Anbauflächen und damit die Weltweizenproduktion in diesem Jahr deutlich sinken werden, würden fortgesetzte chinesische Weizenimporte zu einem Rückgang der weltweiten Lagerbestände führen und eine Erholung der Weizenpreise unterstützen.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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