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Rohstoffmärkte derzeit von Angst getrieben

27.04.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis kann heute seine Gewinne vom Freitag nicht halten und rutscht wieder unter 50 USD. Nachdem letzte Woche der Preis für amerikanisches Leichtöl bedingt durch den Kontraktwechsel und eine verbesserte Stimmung an den Finanzmärkten auf über 51 USD gestiegen ist, beherrscht heute wieder die Angst die konjunktursensiblen Rohstoffmärkte. Man befürchtet, dass die Ausbreitung der Schweinegrippe in Mexiko den aufkommenden Hoffnungen auf eine Konjunkturbelebung einen herben Schlag versetzen könnte.

Wir halten die Befürchtungen für verfrüht und rechnen nach wie vor mit einer volatilen Seitwärtsbewegung zwischen 45 USD und 55 USD. Die Risiken nach unten überwiegen jedoch, da die fundamentalen Rahmenbedingungen am Ölmarkt weiterhin schwach bleiben. Gegen einen deutlichen Preisrückgang spricht, dass der Optimismus der spekulativen Anleger an der NYMEX den niedrigsten Stand seit 4½ Monaten erreicht hat. Die Netto-Short Positionen stiegen in der Woche zum 21. April um 19,6 Tsd. auf 14.605 Kontrakte. Jüngste Daten schüren jedoch Hoffnungen, dass das Tempo des Nachfragerückgangs nachlässt.

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Das US-Bundesaufsichtsamt für Autobahnen hat bekannt gegeben, dass sowohl die Anzahl der zurückgelegten Meilen als auch der Benzinverbrauch im Februar erstmals seit 15 Monaten im Monatsvergleich gestiegen sind. Wir bleiben noch skeptisch. Denn es ist saisonal üblich, dass die Benzinnachfrage von den Tiefstwerten im Winter wieder steigt. Im Vorjahresvergleich ist sie gefallen, obwohl sich der Benzinpreis im gleichen Zeitraum mehr als halbierte.


Edelmetalle

Gold kann auf 918 USD je Feinunze steigen, den höchsten Stand seit Anfang April. Der Goldpreis profitiert dabei vom erneuten Anstieg der Risikoaversion, so dass der festere US-Dollar den Preisanstieg lediglich abbremst. Der Goldpreis in Euro kann im Zuge dessen bis auf 700 EUR je Feinunze steigen.

Die Nachricht, dass China in den letzten sechs Jahren gut 450 Tonnen Gold für seine Devisenreserven akkumuliert hat, spricht langfristig für einen weiter steigenden Goldpreis. Mit 1.054 Tonnen ist China nunmehr das Land mit den fünftgrößten Goldreserven weltweit. Gemessen an den Gesamtreserven von 1,9 Billionen USD liegt der Goldanteil mit lediglich 1,5% aber noch immer sehr niedrig. Durchschnittlich beträgt der Goldanteil an den Devisenreserven pro Land gemäß World Gold Council 10%. Dazu müsste China seine Goldreserven auf 6,5 Tsd. Tonnen aufstocken. Chinas eigene Goldproduktion beträgt derzeit knapp 300 Tonnen pro Jahr. Selbst wenn China die Goldreserven eher gemächlich aufstockt wie in den letzten Jahren, dürfte daher kaum chinesisches Gold auf den Markt kommen.

In Zeiten eines nachlassenden Vertrauens in die Papierwährungen ist es nicht auszuschließen, dass China seine Goldkäufe sogar beschleunigt. Andere Zentralbanken dürften zwar Gold verkaufen. Die laut Goldabkommen pro Jahr maximal erlaubten 500 Tonnen wurden zuletzt aber bei weitem nicht ausgeschöpft.


Industriemetalle

Der Wochenausklang verlief zwar für alle Industriemetalle mit Ausnahme von Blei positiv, aber am heutigen Morgen werden diese Gewinne wieder abgegeben. Kupfer notiert im Dreimonats-Kontrakt fast 10% niedriger als im Zwischenhoch Mitte April, obwohl sich der Lagerabbau in der letzten Wochen fortsetzte: immerhin 40 Tsd. Tonnen bzw. 9% der Vorräte wurden allein in der letzten Woche den LME-Lagern entnommen. Während der Abbau u.E. auf die Aufstockung der strategischen Vorräte in China zurückzuführen ist und damit einen Sonderfaktor darstellt, bestätigen die jüngsten Zahlen aus Japan die schwache Nachfrage: Die Verschiffungen von Kupferdrähten und –kabeln sind auf den niedrigsten Stand seit 33 Jahren gefallen. Im März lagen diese mit 53,4 Tsd. Tonnen 25% unter dem Vorjahresmonat.

Auch die Spekulanten bleiben auf der vorsichtigen Seite: die Netto-Short Positionen sind in der Woche zum 21.4. trotz steigender Preise überraschend leicht gestiegen. Angesichts des hohen Niveaus an Netto-Short Positionen besteht damit weiterhin die Gefahr von Short-Eindeckungen, welche die von uns erwartete Preiskorrektur am Kupfermarkt verzögern könnten.

Nickel hat in den letzten sieben Tagen sogar über 12% nachgegeben. Noch immer besteht Unklarheit hinsichtlich einer Wende: während einige Händler von einer Erholung bei einigen Endabnehmern berichten (z. B. von Nickelflachprodukten) und auch die LME-Vorräte tendenziell nicht mehr weiter gestiegen sind, hat der finnische Edelstahlproduzent Outokumpu berichtet, dass die Lieferungen im ersten Quartal 45% unter Vorjahr lagen. Wir rechnen mit einer nachhaltigen Preiserholung bei Nickel erst in der zweiten Jahreshälfte.


Agrarrohstoffe:

Die meisten Agrarrohstoffe stehen zum Wochenauftakt unter Druck. Neben fallenden Aktienmärkten und einem festeren US-Dollar belasten vor allem die Sorgen über die Folgen der Schweinegrippe auf die Nachfrage nach Fleisch und nach Futtermitteln.

Somit überrascht es nicht, dass heute vor allem die Preise für Sojabohnen und Mais nachgeben. Der Preis für Sojabohnen fällt um knapp 5% auf 9,85 USD je Scheffel, Mais gibt um 3,5% auf 3,62 USD je Scheffel nach. Wir halten diese Sorgen für übertrieben. Bei Sojabohnen dürfte es sich auch um Gewinnmitnahmen nach dem kräftigen Preisanstieg in den vergangenen Wochen handeln. Seit Ende März war der Sojabohnenpreis um 20% auf ein 6 ½ Monatshoch von 10,70 USD je Scheffel gestiegen.

Der übertriebene Optimismus macht sich auch in der Marktpositionierung bemerkbar. Die Netto-Long Positionen der spekulativen Anleger stiegen in der Woche zum 21. April um weitere 13,3 Tsd. auf 90.325 Kontrakte, den höchsten Stand seit neun Monaten. Damals hatte der Sojabohnenpreis kurz zuvor sein Allzeithoch von mehr als 16 USD je Scheffel markiert. Bei Mais sanken die Netto-Long Positionen um 38 Tsd. auf 65.283 Kontrakte, was den Preisrückgang um 5% in der entsprechenden Woche erklärt.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen nicht-kommerzieller Anleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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