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Schweinegrippe hat Rohstoffmärkte im Griff

28.04.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Preis für WTI zeigte sich gestern sehr volatil. Nachdem er zu Beginn des Handelstages bei 51,55 USD je Barrel notierte, fiel er auf ein Tagestief von 48,00 USD je Barrel, um zu Handelsschluss letztlich 50 USD je Barrel zu erreichen. Der Ausbruch der Schweinegrippe in Mexiko dominierte die Nachrichten. Insbesondere wird befürchtet, dass die Flugtätigkeit nachlässt, was sich in einer geringeren Nachfrage nach Flugbenzin niederschlagen würde. Der Ölpreis dürfte zunächst weiter um 50 USD schwanken, wobei kurzfristig Abwärtsrisiken bestehen.

Was uns längerfristig skeptischer für den Ölpreis stimmt, ist die Tatsache, dass die OPEC die freien Kapazitäten immer weiter ausbaut. Lybien gab bekannt, dass man die Ölproduktion im Laufe dieses Jahres auf 2 Mio. und bis zum Jahr 2012 auf bis zu 3 Mio. Barrel täglich ausweiten will. Nach den Kürzungen in den letzten Monaten beträgt die lybische Ölproduktion etwas über 1,5 Mio. Barrel.

Noch weitaus größer dürften die freien Produktionskapazitäten in Saudi Arabien sein, das auf dem besten Wege ist, bereits in diesem Jahr die Produktionskapazitäten wie im Vorjahr angekündigt auf 12,5 Mio. Barrel täglich auszuweiten. Derzeit fördert Saudi Arabien "lediglich" 7,8 Mio. Barrel Rohöl pro Tag. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Ölpreis bald wieder dreistellig wird, schätzen wir daher als ziemlich gering ein. Die niedrigen Ölpreise sprechen dafür, dass die OPEC ihre Produktion knapp hält oder möglicherweise sogar Ende Mai weitere Kürzungen beschließt. Dies unterstützt unsere Prognose für Rohöl von 70 USD zum Jahresende.


Edelmetalle

Gold ist wieder unter die Marke von 900 USD je Feinunze gefallen, was unsere kurzfristig skeptische Haltung zu Gold bestätigt. Der festere US-Dollar überwog letztlich den Rückgang der Aktienmärkte und den Anstieg der Risikoaversion. Die Investmentnachfrage konnte nicht vom Anstieg der Risikoaversion profitieren. Die Goldbestände von SPDR Gold Trust verharrten bei 1.104,5 Tonnen. Kurzfristig dürfte der Goldpreis unter Druck bleiben. Nach dem gestrigen Feiertag Akshaya Tritiya in Indien dürfte ein wichtiger Faktor für die physische Goldnachfrage nunmehr entfallen, welcher im April wieder zu deutlich höheren Goldimporten beitrug und den Goldpreis in den vergangenen Wochen somit unterstützt hat. Außerhalb Indiens war die Schmucknachfrage weiterhin schwach.

Der Abatz der Goldjuweliere in Dubai lag um 40-60% niedriger als im Vorquartal. Dubai hat dennoch im ersten Quartal 140 Tonnen Gold importiert und damit 15% mehr als vor einem Jahr. Die Goldexporte Dubais lagen mit 116 Tonnen deutlich unter den Importen. Im größten Goldverbrauchsland Indien lagen die Goldimporte im ersten Quartal dagegen bei lediglich knapp 3 Tonnen. Entsprechend dürften die Lagerbestände in den vergangenen Monaten stark abgebaut worden sein, was einem deutlichen Preisrückgang bei Gold entgegenstehen sollte.


Industriemetalle

Alle an der LME notierten Industriemetalle wiesen gestern deutliche Verluste auf. Der LME Index fiel um 2,4% auf 2056,3 Punkte zurück. Zum einen belastete die Aussage des Wirtschaftsberaters der US-Regierung, Lawrence Summers, der eine fortgesetzte Schrumpfung der US Wirtschaft erwartet. Zum anderen schürte die Angst vor einer durch die Schweinegrippe ausgelösten Pandemie Konjunktursorgen.

Die indonesische Zinnproduktion könnte in diesem Jahr nach Angaben der Regierung weniger als 90 Tsd. Tonnen betragen. Bislang ging der weltgrößte Zinnproduzent von einem Produktionsvolumen von 105 Tsd. Tonnen aus. Aufgrund der schwachen Nachfrage müsste die Produktion angepasst werden. Der weltgrößte Zinnproduzent PT Timah aus Indonesien hat bereits eine Produktionskürzung um bis zu 8% angekündigt. Die Produktionseinschränkungen dürften höhere Zinnpreise in den kommenden Wochen und Monaten unterstützen.

Weniger verheißungsvoll sind die Aussichten für Nickel. Die International Nickel Study Group (INSG) erwartet für dieses Jahr einen Überschuss am Nickelmarkt in Höhe von 80 Tsd. Tonnen. Die bisherigen Produktionskürzungen waren somit noch nicht ausreichend, den Nachfragerückgang auszugleichen. Sowohl Angebot als auch Nachfrage sollen in diesem Jahr um 9% fallen. Die INSG rechnet frühestens mit einer Erholung der Nickelnachfrage und der Edelstahlproduktion im zweiten Halbjahr.


Agrarrohstoffe:

Der Ausbruch der Schweinegrippe hat zu ersten Beschränkungen im Handel mit Agrarprodukten geführt. Mehrere Länder, darunter Russland und China, haben gestern die Einfuhr von Schweinen bzw. Schweinefleisch aus den von der Seuche betroffenen Gebieten gestoppt. Der Preis für an der CME gehandelte US-Magerschweine fiel daraufhin um die pro Tag maximal möglichen drei US-Cents oder mehr als 4% auf 66 US-Cents je Pfund. Auch wenn die Weltgesundheitsorganisation WHO betont, dass beim Verzehr von Schweinefleisch keine Gefahr besteht, dürfte die Nachfrage nach Schweinefleisch zumindest kurzfristig belastet sein. Entsprechend dürften die Preise für US-Magerschweine unter Druck bleiben.

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Nutznießer dieser Entwicklung könnten die Rinderpreise sein, weil die Verbraucher zumindest kurzfristig auf Rindfleisch umsteigen dürften. Die Rindermast ist allerdings wesentlich fütterungsintensiver als die Schweinemast. Daher könnten die zur Tierfütterung eingesetzten Agrarrohstoffe wie Mais und Sojabohnen ihre Verluste schneller wieder wettmachen. Bereits gestern war im Handelsverlauf zu beobachten, dass der Preis für Lebendrinder nur geringfügig fiel und Mais und Sojabohnen sich deutlich von den Tagestiefstkursen lösen konnten. Zudem dürfte der chinesische Importbedarf an Futtermitteln eher zunehmen, wenn man in China infolge der Seuche verstärkt auf die heimische Tierproduktion setzt.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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