Edelmetalle Aktuell
08.05.2009 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
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- Platin
Der Platinpreis konnte in den letzten Tagen wieder deutlich zulegen. Nach einem nur kurzen Zwischentief am 1. Mai mit Kursen von 1.070 $ stieg er die ganze Woche über kontinuierlich an und erreichte gestern Mittag zeitweise 1.171 $ je Unze. Dies war der höchste Preis der letzten beiden Wochen. Neben den fundamental begründeten Käufen, auf die wir weiter unten eingehen, dürfte der letzte Schub bei den Kursgewinnen auch durch die Tatsache verursacht worden sein, dass das Metall bei 1.125 $ einen wichtigen Chartpunkt durchbrach, der auch spekulativ orientierte Marktteilnehmer zu Käufen verleitete. Mit diesem Durchbruch beendete das Metall endgültig den Abwärtstrend, in dem es seit Anfang April gefangen war.
Alleine mit spekulativer Nachfrage lässt sich der (unter erheblichen Tagesschwankungen) erreichte Preisanstieg von 100 $ in den letzten Tagen und per saldo immerhin fast 300 $ seit Januar aber nicht erklären. Vielmehr sieht es so aus, als würde es im Hintergrund zusätzlich auch Unterstützung von der fundamentalen Seite geben, wobei sich viele Marktbeobachter (und wir gehören dazu) derzeit schwer tun, die genaue Ursache zu identifizieren.
Die außer in Deutschland und in China weltweit miserablen Autoverkaufszahlen scheinen z.B. kaum geeignet zu sein, den aktuell so hohen Platinpreis zu erklären. Und auch die im Vergleich zu 2008 in diesem Jahr bisher (nur) um einen mittleren einstelligen Prozentsatz gesunkene Neuproduktion in den Minen dürfte kaum als Erklärung standhalten.
Was also ist dann der Grund für die Preissteigerungen? Sicher fließt im Zusammenhang mit der Flucht vieler langfristig orientierter Anleger in die Edelmetalle auch ein gewisser Anteil an Platin in die weltweiten Investmentpostfolios. So hatte sich z.B. seit Oktober die in ETFs gebundene Platinmenge auf mehr als 15 Tonnen verdoppelt. Allerdings haben gerade in der letzten Woche mit ihren Preissteigerungen die Bestände in diesem Bereich wieder leicht abgenommen.
Auch die z.B. in Deutschland und auch in benachbarten Ländern immer wieder aufflackernde Nachfrage nach Investmentbarren aus Platin und Palladium dürfte für sich genommen ebenfalls kein hinreichender Grund für die aktuelle Hausse sein, dazu sind die Mengen am Ende dann doch zu gering.
Am Ende hilft deshalb wahrscheinlich nur ein genauerer Blick nach China, um den Platinpreisanstieg zu erklären. Alleine im April lagen die Importe über die Shanghai Gold Exchange in das Reich der Mitte bei 3,5 Tonnen. Höhere Autoverkaufszahlen, verschärfte Abgasvorschriften für Kleinmotoren und eine wieder steigende Schmucknachfrage helfen da, aber sie reichen aber wohl eher nicht aus, um solche Importmengen zu erklären. Möglicherweise beantwortet China die in unserem letzten Bericht im Zusammenhang mit den chinesischen Goldkäufen gestellte Frage, ob sich das Land evt. auch eine staa(t)tliche Reserve in anderen Rohstoffen zulegen könnte, bereits jetzt durch entsprechende Aktionen am Markt. Bisher ist dies aber reine Spekulation, weder gibt es für ein solches Vorgehen belastbare Beweise, und erst recht keine offiziellen Verlautbarungen.
Was das weiter oben erwähnte Thema Neuproduktion angeht, gab AngloPlatinum in dieser Woche bekannt, dass man im ersten Quartal 404.000 Unzen Platin und damit 5,8 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres produziert habe. Verantwortlich für den Rückgang seien u. a. geplante Wartungsarbeiten an verschiedenen Schmelzöfen des Unternehmens gewesen, was die Weiterverarbeitung des Erzes behindert habe. Für das Gesamtjahr erwartet Anglo aber noch immer eine im Vergleich zu 2008 unveränderte Ausbringung in Höhe von 2,4 Mio. Unzen.
Was die weitere Entwicklung angeht, gibt es noch immer zahlreiche Unwägbarkeiten. Zu allererst sind hier die globalen Autoverkäufe zu nennen. Es ist nicht auszuschließen, dass in den beiden Leuchtturm-Absatzmärkten China und Deutschland die Nachfrage schon wieder nachlässt, bevor sie in anderen Ländern wirklich zunimmt. Zumindest aus Deutschland wurde berichtet, dass die Anzahl der täglich eingehenden Anträge auf Zahlung der Abwrackprämie gegenüber dem Höchststand vor einigen Wochen um bis zu 80% gefallen sei.
Möglicherweise wird der Platinpreis jetzt noch einmal die 1.200er $-Marke testen, dass er groß darüber hinaus steigt, halten wir angesichts der Ausgangslage aber für unwahrscheinlich. Nach unten gibt es jetzt Unterstützung bei 1.120 $ und dann vor allem bei 1.080 $ je Unze. Industrielle Marktteilnehmer sollten einen eventuellen Rückschlag auf dieses Niveau für Eindeckungen von Teilen ihres zukünftigen Verbrauchs nutzen.