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Schwacher US-Dollar gibt Öl und Gold Auftrieb

22.05.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis handelt knapp unterhalb eines 6-Monatshochs, welches am Mittwoch nach der Bekanntgabe eines unerwartet deutlichen Rückgangs der US-Rohöllagerbestände bei 62,25 USD je Barrel verzeichnet wurde. Die US-Rohöllagerbestände fielen in der vergangenen Woche um 2,1 Mio. Barrel. Dies war der zweite Rückgang in Folge. Die Benzinvorräte gingen sogar um 4,3 Mio. Barrel zurück. Sie liegen damit unter dem zu dieser Jahreszeit üblichen Niveau.

Durch die Stimmungseintrübung an den Finanzmärkten kam es gestern zu leichten Gewinnmitnahmen bei Rohöl bis auf 61 USD. Diese wurden durch eine Abwärtsrevision der US-Konjunkturprognose durch die Fed, enttäuschende US-Konjunkturdaten und die Warnung vor dem Verlust des AAA-Ratings Großbritanniens seitens von S&P ausgelöst. Solange aber der US-Dollar zur Schwäche neigt, dürfte das Rückschlagspotenzial für den Ölpreis begrenzt bleiben, selbst wenn die derzeitigen Fundamentaldaten ein Preisniveau von mehr als 60 USD nur bedingt rechtfertigen.

Ganz anders sieht dagegen die Situation bei Erdgas aus. Hier stiegen die US-Lagerbestände in der vergangenen Woche um 103 Mrd. Kubikfuß und damit deutlich stärker als erwartet. Die schwache industrielle Nachfrage sorgt dafür, dass der Lageraufbau stärker ausfällt als saisonal üblich. Der Erdgaspreis der Sorte Henry Hub verlor nach der Veröffentlichung 9% bis auf 3,60 USD je mmBtu. Bereits am Dienstag hatte der Gaspreis aufgrund der schwachen Nachfrage 5% an Wert verloren. Damit sind bereits zwei Drittel des vorherigen Preisanstiegs um 40% bis Mitte Mai wieder aufgezehrt. Zwar ist Erdgas vergleichsweise billig und besitzt mittel-bis langfristig deutliches Anstiegspotenzial. Ein erneuter Test des Ende April verzeichneten 6 ½ Jahrestiefs von 3,16 USD ist kurzfristig aber nicht auszuschließen.


Edelmetalle

Der Goldpreis ist gestern auf 956 USD je Feinunze gestiegen, den höchsten Stand seit zwei Monaten. Gold profitiert dabei vor allem von der deutlichen Abwertung des US-Dollar um 7,5% im vergangenen Monat. Dass der Goldpreis derzeit in erster Linie von der Schwäche des US-Dollar getrieben wird, verdeutlicht ein Blick auf die Preisentwicklung in anderen Währungen. In Euro gerechnet hat sich der Goldpreis kaum verändert, sondern schwankt seit Anfang April in einer Spanne zwischen 650 und 700 Euro je Feinunze. Solange der US-Dollar zur Schwäche neigt, dürfte Gold weiter steigen.

Allerdings erachten unsere FX-Strategen die Abwertung des US-Dollar als überzogen und rechnen mit einer baldigen Erholung der US-Währung. Dies bedeutet Rückschlagsrisiken für den Goldpreis, denn von anderer Seite erfährt Gold derzeit keine nennenswerte Unterstützung. Die Risikoaversion ist zuletzt deutlich gesunken, die Schmucknachfrage ist schwach und die Investmentnachfrage stagniert weitgehend. Die Goldbestände von SPDR Gold Trust verharren seit einem Monat bei 1.105 Tonnen. Lediglich keinere Gold-ETFs verzeichnen derzeit noch Zuflüsse. Der US-Senat hat gestern dem geplanten Verkauf von 403 Tonnen Gold durch den IWF zugestimmt.


Industriemetalle

Die Verhandlungen über die Kontraktpreise für Eisenerz sollten bereits in den nächsten Tagen enden. Nippon Steel, der zweitgrößte Stahlhersteller der Welt, soll angeblich einen Abschlag von 30-35% zu den Vorjahrespreisen erhalten. Dagegen berichtet das China Securities Journal, dass der Eisenerz- und Stahlverband Chinas CISA mit einem Abschlag von 40-45% rechnet. Dass sich die Verhandlungen dem Ende nähern, haben auch die koreanischen Stahlhersteller bestätigt.

Aus unserer Sicht ist ein Abschlag von über 40% ggü. Vorjahr gerechtfertigt. Schliesslich ist die Stahlproduktion im April in Japan um 44% und in Deutschland sogar um 53% ggü. Vorjahr gefallen. Auch die Sonderstellung von China ist nachvollziehbar, weil dort die Produktionsvolumina und somit auch das Absatzvolumen für Eisenerz den geringsten Rückgang weltweit verzeichnen werden. Dennoch wird der Eisenerzmarkt von nur drei Herstellern dominiert, die über drei Viertel des Marktes kontrollieren. Daher erscheint uns die einheitliche Senkung um 30-35% realistisch. Zwischen den Preisen für Erz aus Brasilien und Australien dürfte es diesmal keine große Differenzierung geben, weil die Transportpreise wegen der Wirtschaftskrise eingebrochen sind.


Agrarrohstoffe:

Der Preis für Arabica-Kaffee ist im letzten Monat um 21% gestiegen und notiert mit 136 US-Cents je Pfund mittlerweile auf dem höchsten Stand seit acht Monaten. Im selben Zeitraum verteuerte sich Robusta lediglich um 1% auf 1.512 USD je Tonne. Er liegt damit noch immer 30% unter dem Preisniveau von Ende September.

Was sind die Gründe für diese unterschiedliche Preisentwicklung? Die Kaffeeproduktion in wichtigen Produzentenländern für Arabica-Kaffee wie Kolumbien, Costa Rica und Honduras dürften in diesem Jahr aufgrund von ungünstigen Witterungsbedingungen und der hohen Kosten für Düngemittel niedriger ausfallen. Dies erhöht die Abhängigkeit von Brasilien, dem mit Abstand größten Produzenten weltweit. Berichte über mögliche Frostperioden in den brasilianischen Kaffeeanbaugebieten finden dadurch umso mehr Gehör. Preistreibend ist auch, dass der US-Dollar gegenüber dem brasilianischen Real deutlich an Wert verloren hat.

Robusta-Kaffee wird dagegen in erster Linie in Vietnam angebaut. Der Weltmarkt ist derzeit mit Robusta-Kaffee reichlich versorgt, nachdem die vietnamesischen Kaffeeexporte in den sieben Monaten bis April um 20% gegenüber dem Vorjahr auf 12,92 Mio. Sack anstiegen. Bei einer geschätzten Ernte von 19,5 Mio. Sack stehen noch immer 6 Mio. Sack zum Verkauf. Infolge dessen liegen die vietnamesischen Robusta-Preise derzeit über den Weltmarktpreisen. Aufgrund des Überangebots wird der Kaffee mit einem Preisabschlag am Londoner Terminmarkt verkauft, wo Robusta-Kaffee gehandelt wird. Die Finanzanleger scheinen derzeit auf eine weitere Ausweitung der Preisrelation zu setzen. Diese liegt trotz des Anstiegs zuletzt auf dem langjährigen Durchschnitt, so dass die Preisentwicklung der vergangenen Monate lediglich eine Normalisierung darstellt.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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