Der Bericht des Senats
02.07.2009 | Theodore Butler
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Positionsobergrenzen Was Positionsobergrenze bedeutet, steckt schon im Begriff, nämlich: Die Beschränkung der Kontraktmenge, die ein einzelner Spekulant long oder short halten darf. Der Zweck ist einfach beschrieben: Es soll verhindert werden, dass ein Spekulant, oder eine Anzahl von Spekulanten, einen Rohstoff in solchen Mengen kaufen oder leerverkaufen kann, dass dies Auswirkungen auf den Preis hat. Dies ist ein altehrwürdiger und integraler Bestandteil der Vorschriften für den Rohstoffsektor, der bis ins Jahr 1936 zurückgeht. Was soll also das Ganze? Wenn Positionsobergrenzen sakrosankt sind, weshalb kritisiert der Senat dann die CFTC so heftig wegen der Begrenzung von Positionen, und warum kritisiere ich sie überhaupt beim Silber?
Beim Weizen wurden den Index-Fonds für ihre Aktivitäten Ausnahmenregelungen hinsichtlich der bestehenden Positionsobergrenzen eingeräumt. Die Index-Fonds haben sich nicht im Schutze der Nacht in die Futures-Märkte geschlichen. Sie hatten im Voraus beantragt, größere Positionen halten zu dürfen, als sie laut geltender Bestimmungen für Positionsobergrenzen erlaubt waren. Diese Anträge wurden von der CFTC angenommen. Der Bericht des Senats kommt zu dem Schluss, dass die CFTC damit einen Fehler begangen hatte, und er fordert, dass diese Ausnahmeregelungen zurückgenommen werden. Er fordert auch, dass sich alle Long-Händler an die bestehenden Positionsobergrenzen zu halten haben oder dass diese Grenzen sogar noch gesenkt werden sollten.
Worum es nicht im Bericht geht, ist die Tatsache, dass es beim Weizen wie auch in allen anderen Märkten große Short-Händler gibt (sie werden als Commercials klassifiziert), die spekulative Short-Positionen halten und ebenfalls größere Kontraktmengen handeln, als nach bestehenden Positionsobergrenzen erlaubt ist. Und das ist das kleine, schmutzige Geheimnis der Rohstoffmärkte; und das ermöglicht den Großen Shorts beim Silber (und Gold) auch, diese Märkte zu manipulieren. So wie die CFTC den Index-Fonds nachlässigerweise Sondererlasse bezüglich der Positionsobergrenzen beim Weizen auf der Long-Seite zugesteht (laut Bericht), so werden den Commercial-Shorts immer wieder Ausnahmeregelungen für Positionsobergrenzen auf der Short-Seite zugestanden - auch wenn sie dort nur spekulieren und kein Hedging betreiben. Es scheint, als wäre die CFTC durchweg nachgiebig, wenn es um die gesetzlichen Vorschriften für den Rohstoffsektor geht.
Die Schlüsselfrage bezüglich einer Positionsobergrenze bleibt jedoch nach wie vor, wie hoch denn das richtige Niveau zu liegen hat. Im Bericht des Senates kommt man zu dem Schluss, dass die Grenze beim Weizen nicht über der (schon existierenden) Grenze von 6.500 Kontrakten liegen sollte aber vielleicht sogar bei 5.000 Kontrakten. Wie ist man im Bericht zu diesem Ergebnis gekommen? Dem Inhalt des Berichts zufolge legte der Autor dabei Wert auf den Umfang der realen Weizenernte, national wie auch global. Das ist logisch, denn Positionsobergrenzen müssen zu irgendetwas in Beziehung gesetzt werden. Da es sich bei Futures um Derivatkontrakte handelt, müssen diese im Verhältnis zum eigentlichen Markt bemessen werden, von dem sie abgeleitet wurden. Beim Weizen leiten sich die Futures-Papierkontrakte vom physischen Weizenmarkt ab, und nicht anders herum. Daher sollten die Begrenzungen bei Weizen-Futures auch relativ zum physischen Weizenmarkt bemessen werden. Aus dem Bericht des Senats geht Folgendes hervor:
Der Positionsobergrenze von 6.500 Kontrakten beim Weizen entsprechen 32,5 Millionen Bushel (5.000 Bushel pro Kontrakt). Pro Jahr beläuft sich die gesamte Weizenernte auf 2 Milliarden Bushel. Weltweit beträgt die Weizenernte das Zehnfache dessen, also um die 20 Milliarden Bushel. Einer Positionsobergrenze von 6.500 Futures-Kontrakten entsprechen daher 1,6% der gesamten US-Weizenernte (32,5 Millionen Bushel vs. 2 Milliarden Bushel). Gemessen an der weltweiten Weizenernte liegt das Äquivalent einer auf 6.500 Kontrakten begrenzten Position bei 0,16% der Gesamternte in Höhe von 20 Milliarden Bushel. Dieses Verhältnis der Obergrenzen für Weizenpositionen vs. eigentliche Produktionsmenge ähnelt Großen und Ganzen den Verhältnissen bei andern wichtigen Rohstoffen wie Mais und Sojabohnen. Und man muss auch bedenken, dass der Bericht des Senats sogar zu einer Senkung der Positionsobergrenze für Weizen auf 5.000 Bushel tendiert. Was ist aber mit Silber?
Beim Silber sind keine festen Positionsobergrenzen in Kraft. Das ist einmal so gewesen, aber die CFTC erlaubte der COMEX vor vielen Jahren, die feste Begrenzung von Positionen außer Kraft zu setzen. Stattdessen gibt es nun eine Obergrenze von 6.000 Kontrakten, deren Überschreitung eine Rechenschaftspflicht nach sich zieht ("Accountability Limit"). Diese Obergrenze wird von den großen Silber-Shorts regelmäßig überschritten - aber nur selten von den Longs. Da ein COMEX-Kontrakt 5.000 Unzen umfasst, liegt das Accountability Limit somit bei 30 Millionen Unzen. Während die Positionsobergrenze für Weizen bei 1,6% der US-Ernte liegt, ist das Accountability Limit beim COMEX-Silber fast 52-mal höher; es liegt bei mehr als 83% der gesamten jährlichen US-Bergbauproduktion (die von der USGS auf ca. 36 Millionen Unzen geschätzt wird). Während die Positionsobergrenze beim Weizen bei 0,16% der globalen Weizenernte lag, liegt das Accountability Limit beim 28-fachen - bei 4,5% des weltweit im Bergbau geförderten Silbers (660 Millionen Unzen laut dem US Geological Survey). Nur um bei den Zahlen zu bleiben: Die USA sind der viertgrößte Weizenproduzent der Welt und der siebtgrößte Silberproduzent.
Das zeigt, dass es beim COMEX-Silber keine wirksamen Positionsobergrenzen gibt. Die Grenzen wurden derart hoch angesetzt, so dass sie keine Wirkung haben. Genauso könnte man auch die Höchstgeschwindigkeit in einem Schulgebiet auf 160 km/h begrenzen. Noch schlimmer ist, dass die absurd hohen Obergrenzen beim Silber noch nicht einmal eingehalten werden. Genauer gesagt: Die Longs halten die Obergrenzen ein, bloß die Shorts nicht. Die Angaben der CFTC zeigen, dass die vier größten Shorts derzeit eine durchschnittliche Position von jeweils fast 12.500 Kontrakten halten, wohingegen die vier größten Longs jeweils nur etwas über 3.500 Kontrakte halten.