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Die (lang erwartete) Preiskorrektur läuft an

17.08.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Rohstoffpreise sind seit Freitag nach der Veröffentlichung eines enttäuschenden US-Verbrauchervertrauens und im Zuge fallender Aktienmärkte teilweise deutlich unter Druck geraten. Der WTI-Rohölpreis hat knapp 6% auf 67 USD je Barrel verloren und steht am Morgen weiter unter Druck. Brentöl wird aktuell mit einem Preisaufschlag von mehr als vier US-Dollar gehandelt.

Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass der Ölpreisanstieg der vergangenen Wochen und Monate finanzmarktgetrieben war und nicht auf einer Verbesserung der Fundamentaldaten beruhte. Entsprechend groß ist das Risiko eines Preisrückschlags, sobald die Unterstützung seitens der Finanzmärkte nachlässt. Die Korrektur könnte sich daher fortsetzen. Der Optimismus der kurzfristig orientierten Marktteilnehmer ist in der vergangenen Woche etwas zurückgegangen. Die spekulativen Netto-Long Positionen bei Rohöl sanken in der Woche zum 11. August um 7 Tsd. auf 27 Tsd. Kontrakte.

Laut dem iranischen OPEC Gouverneur Khatibi steht eine Erhöhung der Ölproduktion aufgrund der hohen weltweiten Lagerbestände nicht auf der Agenda des nächsten OPEC-Treffens am 9. September. Die Produktion wieder auszuweiten, würde das Risiko eines deutlichen Preisrückgangs noch verstärken. Zudem steigt auch das Ölangebot in den Nicht-OPEC-Ländern. So berichtet Norwegen von einem Anstieg der Ölproduktion im Juli um 230 Tsd. auf 2,01 Mio. Barrel pro Tag.

Die norwegische Gasproduktion soll im vergangenen Monat sogar um 1,1 Mrd. auf 8,1 Mrd. Kubikmeter gestiegen sein, was das derzeitige Überangebot an den internationalen Gasmärkten weiter verstärken dürfte. Der US-Erdgaspreis nähert sich mittlerweile einem 7-Jahrestief. Die spekulativen Netto-Short Positionen bei Erdgas wurden in der vergangenen Woche zwar etwas zurückgeführt, befinden sich aber immer noch auf einem extrem hohen Niveau.


Edelmetalle

Die Korrektur an den Rohstoffmärkten und der festere US-Dollar sind nicht spurlos am Goldpreis vorübergegangen. Mit einem Rückgang um 10 US-Dollar auf 945 USD je Feinunze ist der Preisabschlag jedoch verhältnismäßig moderat. Ein weiterer Preisrückgang in Richtung 930 USD ist wahrscheinlich. Die Netto-Long Positionen der spekulativen Anleger fielen in der Woche um 11. August zwar um 3,4 Tsd. auf 190.086 Kontrakte. Sie liegen damit aber weiter nahe eines 13-Monatshochs. Der hohe Optimismus stellt weiterhin einen Risikofaktor für den Goldpreis dar, falls es zu Positionsglattstellungen kommt. Auch als Inflationsschutz ist Gold derzeit nicht gefragt.

Die US-Verbraucherpreise sind im Juli um 2,1% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen und damit so stark wie zuletzt im Jahr 1950. In den kommenden Monaten dürfte die Inflationsrate aber wieder steigen, womit die Belastung für den Goldpreis von dieser Warte zumindest nachlassen dürfte.


Industriemetalle

Es hat lange gedauert bis die Metallpreise auf die negativen Vorzeichen reagiert haben. Dafür fällt die Korrerktur relativ deutlich, wobei der Kupferpreis heute um knapp 200 USD und der Nickelpreis um über 1000 USD je Tonne fallen. Angeführt wird die Trendwende zwar vor allem durch den stärkeren US-Dollar und die fallenden Aktienmärkte. Dennoch sehen wir die ungünstigen fundamentalen Rahmenbedingungen und den überzogenen Preisanstieg der letzten Wochen, wobei der LME Industriemetallindex in nur einem Monats um 30% anzog, als ausschlaggebend. Heute fällt der chinesische Aktienmarkt stark um 6%, was durchaus Implikationen für Metalle haben kann (Grafik des Tages).

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Bei den Eisenerzverhandlungen in China zeigen sich interessante Entwicklungen. Nachdem sich der größte chinesische Stahlproduzent, Baosteel, mit Fortescue, einem neuen großen Eisenerzproduzenten aus Australien, über einen Preisnachlass von 35% ggü. Vorjahr geeinigt hat, verlangen die chinesischen Stahlproduzenten die gleichen Bedingungen von den "großen drei" Rio, Vale und BHP. Dies ist zwar deutlich weniger als 40-50%, um die man zuvor gebeten hat. Rio hat sich bereits dazu geäußerst und hält den Fortescue Vertrag nicht für relevant. Offensichtlich haben sich die Fronten nach der Verhaftung der Rio-Mitarbeiter stark verhartet.


Agrarrohstoffe

Der Sojabohnenpreis ist binnen zwei Tagen um 18% eingebrochen und liegt nur knapp über der Marke von 10 USD je Scheffel. Dabei dürfte es sich um Gewinnmitnahmen handeln, nachdem die spekulativen Netto-Long Positionen in der Woche zum 11. August um 9 Tsd. auf 90.747 Kontrakte ausgeweitet wurden, den höchsten Stand seit Anfang Juli. Die Sojabohnenverarbeiter in den USA haben im Juli deutlich weniger Sojabohnen gemahlen als erwartet, was vom Markt als Indiz für eine schwächere Nachfrage interpretiert wurde. Allerdings kann man diese Entwicklung auch auf die starke Nachfrage aus China zurückführen. Heute veröffentlicht das US-Landwirtschaftsministerium seinen wöchentlichen Erntefortschrittsbericht. Die Aussicht auf eine Rekordernte in den USA könnte den Sojabohnenpreis weiter belasten.

Langsam kommen die Weltzuckerpreise in die Regionen, wo es auch für europäische Zuckermarktteilnehmer relevant wird. Denn nach der EU-Zuckermarktreform vom Jahr 2006 wurden die Interventionspreise für Roh- und raffinerten Zucker in mehreren Schritten drastisch um 36% gesenkt. Für das Jahr 2009/10 und darüber hinaus beträgt der EU-Garantieabnahmepreis für raffinierten Zucker 404,4 Euro pro Tonne, wobei an der LIFFE für eine Tonne Weißzucker mittlerweile 560 USD bzw. umgerechnet 396 Euro pro Tonne bezahlt wird. Der Rohzuckerpreis an der NYBOT in New York liegt bei 22 US-Cents pro Pfund bzw. 343 Euro pro Tonne und damit sogar bereits über dem EU-Preis von 335,2 Euro pro Tonne.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen nicht-kommerzieller Anleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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