Ein Interview mit einem Meister der langen Welle (Teil 1)
21.04.2010 | Clif Droke
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Clif Droke: Im Buch machen Sie deutlich, dass die aktuelle Winterphase der Langwelle höchstwahrscheinlich im Jahr 2012 enden wird. Kann es möglich sein, dass 2009 doch schon frühzeitig die Talsohle erreicht wurde oder sehen Sie den erneuten Aufschwung an den Finanzmärkten einfach nur als Produkt der staatlichen Interventionen? David Fox Barker: Fünfzehn Jahre zuvor [in der zweiten Ausgabe des Buches] prognostizierte ich die Talsohle der Langwelle für 2009. Es besteht die Möglichkeit, dass die Talsohle schon 2009 erreicht wurde, denn wir könnten uns auf einem Gebiet überschätzt haben, nämlich beim Ausmaß der Kraft, mit der uns die Neuen Märkte potentiell in die nächste Aufschwungphase der Langwelle ziehen und zur Überwindung unserer bestehenden Schuldenprobleme beitragen. Aber in Anbetracht der aktuellen Situation denke ich nicht, dass die Neuen Märkte stark genug sind, die Schuldenprobleme zu lösen. Wir brauchen schnell das Scheitern eines großen Teils dieser Schulden, welche die Überkapazität erzeugen, damit wir in die nächste zyklische Aufschwungsphase gelangen können.
In der April-Ausgabe meines Newsletters habe ich dem Chart "X Marks the Spot" hervorgehoben. Der Chart sprang mir ins Auge, der Chart hier ist vielleicht der wichtigste Chart, den ich seit 20 Jahren gesehen habe. Er zeigt, dass der US-Verbraucher, der die Last der Weltwirtschaft auf seinen Schultern trug, im Vergleich zum wachsenden Verbrauch der Neuen Märkte zusammengebrochen ist. Ich glaube nicht, dass sich diese Linien jemals wieder kreuzen werden. Die Neuen Märkte boomen. Meine optimistische Seite möchte, dass diese Neuen Märkte auch weiterhin wachsen, boomen und uns aus unserem Schuldenproblem ziehen. Aber noch kann ich das nicht erkennen. Denn wir haben Überkapazität und das Schuldenproblem ist aufgrund der staatlichen Interventionen und der Staatsschulden so ernst, dass wir eine Krise brauchen, die [mit den Schulden] abrechnet.
Ich bin ein starker Verfechter von Austerität und das ist einer der Gründe, warum ich optimistisch bin. Schauen sie nach Irland und Griechenland: Über Austerität wird die Senkung staatlicher Ausgaben erzwungen. Wir brauchen offen gestanden eine Schuldenkrise, um den Prozess staatlicher Ausgaben komplett umzurüsten, um die Ausgaben wieder mit der Realität in Einklang bringen und um diese Ausgaben schließlich zu senken. Im Grunde denke ich also, dass wir die Talsohle viel wahrscheinlicher erst im Jahr 2012 erreichen werden. Was die Neuen Märkte, die Technologie und Innovation angeht, die den nächsten Zyklus antreiben werden, so gibt es schon Anzeichen auf ein Einsetzen des Frühlings. Ich glaube nicht, dass es jetzt schon so weit ist, aber es gibt Hinweise, die Optimismus aufkommen lassen dahingehend, dass wir in einer milden Winterphase stecken. Ende des 19. Jahrhunderts, als die Langwelle ihre Talsohle erreichte, hatten wir eine milde Winterphase der Langwelle. Die Winterphase der 1930er war sicherlich viel härter. Hoffentlich wird dieser Winter ebenfalls milder ausfallen, aber das bleibt noch abzuwarten.
Clif Droke: Im Buch gehen Sie auch kurz auf Obamas Präsidentschaft ein und auf eine mögliche Rückkehr zu einem schmaleren Staat mit größerem Augenmerk auf Freimarktkapitalismus anstatt Staatskapitalismus oder Sozialismus. Haben die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Gesundheitsreform zu einer Meinungsänderung geführt?
David Fox Barker: Das ist meine eigene Version der Hoffung [lacht]. Ich denke, die Gesundheitsreform war der letzte Linksruck. Ich glaube, Obama wird keine Wahl haben. Im Grunde stellt sich nur folgende Frage: Ist Obama Ihrer Meinung nach ein Ideologe oder ein Pragmatiker? Ich habe viele Freunde, mit denen ich darüber diskutiere. Sie glauben alle, er sei ein Ideologe und ich glaube, er ist Pragmatiker. Ich glaube, wenn er könnte, würde er noch weiter nach links gehen, aber in Anbetracht der Krise, durch die wir gerade noch bis 2012 hindurchsegeln, wird er denke ich keine andere Wahl haben, als die Staatsausgaben zu senken.