Der Rohstoff Megatrend
10.05.2012 | Stephan Bogner
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Nachfrage-Treiber #1: DEMOGRAPHIEIm Schnitt kommen heutzutage jede Sekunde 3 Menschen auf die Welt. Bis 2020 sollen rund 500 Mio. Menschen geboren werden, wobei 75% davon in Asien auf die Welt kommen. Die UN hat berechnet, dass die Weltbevölkerung von aktuell 7 auf 9 Mrd. bis 2050 ansteigen wird. Das sind 2 Mrd. neue Menschen bzw. 30% mehr als heute, was bedeutet, dass während den nächsten 38 Jahren durchschnittlich rund 1 Mio. Menschen pro Woche das Licht der Welt erblicken.
Darüberhinaus gibt es noch einen weiteren Trend zu verzeichnen, und zwar der sog. Urbanisierungstrend, d.h. die Menschen ziehen zunehmend von ländlichen und unterentwickelten Gegenden in Städte. In Städten ist der Pro-Kopf-Verbrauch von Rohstoffen wesentlich grösser als auf dem Land. Berechnungen prophezeien, dass im Jahr 2050 insgesamt 6,5 Mrd. Menschen in Städten (“cities”) leben werden - heute sind es gerade mal 3,5 Mrd. Das sind 3 Mrd. neue Menschen bzw. 86% mehr als heute, was bedeutet, dass während den nächsten 38 Jahren durchschnittlich rund 1,5 Mio. Menschen mehr pro Woche in Städten leben.
Im Jahr 2007 hatten von den weltweit 600 BIP-stärksten Städten 380 einen Anteil von 60% am weltweiten Wirtschaftswachstum. McKinsey Global Institute (MGI)hat herausgefunden, dass bis 2025 rund 600 Städte einen Anteil von 61% am BIP-Wachstum haben, obwohl dort nur 24% der Weltbevölkerung leben werden. In den nächsten 13 Jahren sollen mindestens 136 neue Städte in den Top-600 auftauchen, wobei alle aus Entwicklungsländern kommen sollen (z.B. 100 Städte aus China, 13 Städte aus Indien, 8 Städte aus Latein-Amerika). Die flächenmäßige Vergrösserung aller Städte weltweit soll bis 2050 Ausmaße erreichen, die der Fläche von Deutschland, Frankreich und Spanien entspricht.
Die von Jim O’Neil (Chefvolkswirt bei Goldman Sachs) geprägte Abkürzung BRIC steht für die Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China, wobei auch gerne ein “S” für Süd-Afrika angehängt wird (“offizielles Mitglied” seit 23.12.2010). Diese Länder verfügen seit Jahren über besonders starkes Wirtschaftswachstum im Bereich von 5-10% pro Jahr. Rund 40% der Weltbevölkerung (2,8 Mrd. Menschen) leben in den 4 BRIC-Staaten, wobei ihr Anteil am weltweiten BIP im Jahr 2008 nur 22% betrug - Tendenz stark steigend.
Die wirtschaftliche Stagnation in den Industrienationen ist ein gern genommenes Verkaufsargument, um den Fokus vieler Investoren auf die BRIC-Länder zu lenken, wobei diese neue Nachfrage in unzählige neu emittierte Finanzprodukte umgemünzt wurde (nicht nur aus dem Hause Goldman Sachs). Gerne wird auch die Abkürzung BRIICS für die Länder Brasilien, Russland, Indien, Indonesien, China und Süd-Afrika verwendet, oder BRICK mit Korea (obwohl Süd-Korea bereits eine entwickelte Industrienation darstellt, da dennoch kontinuierlich überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten erzielt werden) oder Kasachstan (nicht nur, weil ebenfalls hohe Wachstumsraten zu verzeichnen sind und ihre Rolle als Energielieferant stetig steigt, sondern v.a. auch weil Kasachstan zwischen den klassischen BRIC-Staaten geographisch günstig in Hinsicht auf eine eurasisch-pazifische Aussicht zu bewerten ist).
Im Falle von Russland sind sich die Experten allerdings noch unschlüssig, da Autoren wie Peter Scholl-Latour die Russische Föderation eher negativ bewerten (aufgrund der sinkenden Bevölkerungszahl, der obsoleten Industrien und Infrastruktur, sowie der komplexen sozialen Konflikte). Eine weitere Variante ist BRICSAM (Brasilien, Russland, Indien, Süd-Afrika, ASEAN und Mexiko).
Nachfrage-Treiber #2: WOHLSTAND
Der Rohstoffbedarf steigt nicht nur durch eine quantitativ anwachsende Weltbevölkerung, sondern auch qualitativ, denn mit höherem Wohlstand/Einkommen wird der Konsum rohstoffintensiver. Wer heute läuft, kauft sich morgen ein Fahhrad - wer heute radelt, sattelt morgen auf das Auto um. Je mehr Menschen weltweit über ein Einkommen verfügen und je mehr diese Einkommen ansteigen, desto grösser ist auch die Nachfrage nach Rohstoffen. Die Weltbank schätzt, dass das Pro-Kopf-Einkommen in Schwellenländern doppelt so stark zunehmen wird wie in den OECD-Staaten. Tatsächlichwuchs das real verfügbare Pro-Kopf-Einkommen in Asien um 90% in den Jahren 1999-2009.
Allein der Rohstoffhunger Chinas sorgt für eine unaufhörlich starke Nachfrage, wobei - erstaunlicherweise - diese schon jetzt “riesig” erscheint: Der chinesische Pro-Kopf-Verbrauch von Kupfer, Aluminium und Stahl hat sich während den letzten 13 Jahren mehr als verdreifacht. Das bevölkerungsreichste Land der Welt zählt schon jetzt bei vielen Rohstoffen zu den grössten Verbrauchern, wie z.B. bei Kupfer, Aluminium, Stahl und Eisenerz. Wissen Sie, wieviel Kupfer Sie im Jahr verkonsumieren? Ein Deutscher durchschnittlich 16 kg. Ein Chinese allerdings nur 3 kg. Oder Stahl: Ein Deutscher verbraucht jährlich im Schnitt 465 kg, während ein Chinese nur 271 kg benötigt. Derartige Differenzen sind (noch) riesig; denn wieviel “riesiger” soll denn die (absolute) Nachfrage erst erscheinen, wenn sich die (relative) Schere während den nächsten Jahren zunehmend schliesst?