Der Rohstoff Megatrend
10.05.2012 | Stephan Bogner
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Derartiges Denken und Handeln spiegelt sich auch in den Explorationsausgaben für neue Lagerstätten wieder (Minengesellschaften reduzierten gar ihre Ausgaben Ende der 1990ern). Selbstverständlich stiegen die Investitionen mit dem aktuellen Rohstoffboom wieder an - das frappierende bis schockierende Ergebnis allerdings ist, dass trotz neuester Technologien, modernster Methoden und unbegrenzt verfügbaren Geldmitteln praktisch keine grossen Lagerstätten weltweit entdeckt wurden, weswegen auch 3 von 4 Dollars in die Exploration und Entwicklung von bereits bekannten Lagerstätten gesteckt wird (2008: 73%). Die allgemeine Wahrnehmung eines im Überfluss vorhandenen Rohstoffangebots scheint sich während dem vergangenen Jahrzehnt erst angefangen zu haben, zu ändern. Auch wenn Rohstoffe im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 kurzzeitig einen Preisverfall von bis zu 70% miterleiden mussten, so stiegen sie meist genauso schnell wieder an wie sie gefallen waren. Die realen Preisniveaus der 1970er und 1980er Jahre wurden jedoch meist noch nicht mal annäherungsweise erreicht. Im Vergleich mit der Vergangenheit sollte allerdings zumindest eines stets vor Augen gehalten werden: der heutige Trend steigender Rohstoffpreise hat wesentlich an Qualität gewonnen, denn während den letzten Bullenmärkten Rohstoffe meist im Überfluss vorhanden waren und Preisanstiege typischerweise nur durch (kurzfristige)externe Schocks ausgelöst wurden (wie v.a. die sog. “Ölkrisen” von 1973 und 1979, oder der sog. “Golfkrieg”von 1990), so ist es heute (mehr denn je) die dynamische Nachfrage - allen voranaus Schwellenländern - welche die Preise auf unbestimmte Zeit steigen lässt.
Daneben kann das Angebot nicht mehr mit dem Tempo der globalen Nachfrageentwicklung Schritt halten. Die Folge ist unausweichlich und allgegenwärtig: Das Angebot ist zum Engpass geworden - und Rohstoffe insgesamt zu einem immer knapper werdenden Gut bzw. echten Wert. Wenn die Nachfrage heute grösser als das Angebot ist, dann steigt der Preis morgen. Da das Angebot derart knapp ist, müsste die Nachfrage nur durch viel höhere Preise gebremst werden können, wobei das Interessante hierbei ist, dass obwohl sich die Rohstoffpreise während den letzten 13 Jahren stark vervielfältigten, die Nachfrage scheinbar unbeeindruckt ihren Weg weiter geht. Was sich wirklich derzeit abzeichnen könnte ist ein wahrlich (preis-) eskalierendes Phänomen, nämlich dass die Nachfrage preisunelastisch reagiert bzw. dass der Nachfrage höhere Preise egal sind und diese in Kauf nimmt, da der Wille nach Entwicklung und Verbesserung der Lebensstandards weitaus grösser ist. Andererseits stehen ja auch gehörige Dollar-“Reserven” in Exportländern wie China im Überfluss zur Verfügung.
Der CRB-Index wurde 1957 ins Leben gerufen und ist der älteste Rohstoffindex, auf den Finanzprodukte emittiert werden. 1957 enthielt dieser noch 28 Rohstoffe, zuletzt nur noch 17 (seit Launchierung fanden insgesamt 10 Revisionen statt). Wie am folgenden Chart ersichtlich, gab es seit Ende der 1940er Jahre 2 starke Preisanstiege (sog. “Thrusts”), die nach 20-jährigen Seitwärtskonsolidierungen innerhalb (rot-grünen) Dreiecken begannen. Während der 1. Thrust Anfang der 1970er Jahre bei 100 Punkten startete und nach weniger als 10 Jahren bei knapp 350 Punkten sein Hoch fand (Anstieg um den Faktor 3,5), so begann der 2. Thrust Anfang der 2000er Jahre bei 200 Punkten und erreichte nach ebenfalls rund 10 Jahren in der Spitze knapp 700 Punkte (Anstieg ebenfalls um den Faktor 3,5). Somit kann schnell zu dem Eindruck verleitet werden, dass der Rohstoffboom bereits zu Ende sei.
Jedoch gibt der obige CRB-Chart lediglich die nominale Entwicklung wieder. Soll beispielsweise herausgefunden werden, wo in etwa das Hoch des 1970er Bullenmarktes heute stehen würde bzw. mit heutigen Dollar gerechnet (inflationsbereinigt), so sollte der untere Chart vor Augen geführt werden. Dieser zeigt, dass das reale Hoch des letzten Bullenmarktes bereits Mitte der 1970er Jahre erreicht wurde (und nicht gegen Ende) - und dass dieses Hoch bei knapp 1.200 Punkten lag. Um allein das Hoch des letzten Bullenzyklus real zu erreichen, müsste der CRB heute doppelt so hoch stehen. Auffällig ist ebenfalls, dass der CRB ein noch höheres Hoch in den 1950er Jahre erklomm (1.400 Punkte) und dass sich die Rohstoffpreise während den vergangenen 65 Jahren tatsächlich (real) verbilligt haben.
Technisch gesehen löst sich ein nächstes bedeutendes Kaufsignal für Rohstoffe aus, sobald der oberste (violette) Abwärtstrendkanal bei aktuell etwa 700 Punkten überstiegen wurde und unterstützend wirkt, da alsdann ein neuer, langfristiger und starker Aufwärtstrend typisch ist. Noch wichtiger zu erkennen ist allerdings, dass der Anstieg der Rohstoffpreise seit dem neuen Jahrtausend das Resultat bzw. der “Thrust” aus dem vorherigen (rot-grünen) Dreieck ist, wobei das definierte Ziel eines solchen Thrusts es ist, das Hoch des Dreiecks (ca. 1.200 Punkte) zu übersteigen und in eine Unterstützung umzuwandeln - damit alsdann ein neuer Aufwärtstrend beginnen kann.